Hass im Netz – 15.10.20

Wichtiger Schritt für mehr Kinder- und Jugendschutz

Die tatsächliche Nutzung des neuen Rechtsschutzes bleibt für Kinder und Jugendliche schwierig - unsere Stellungnahme zur geplanten Gesetzesänderung!

Heute endet die Begutachtungsfrist für das Gesetzespaket der Regierung zur Bekämpfung von Hass im Netz. Als SOS-Kinderdorf begrüßen wir den Gesetzesentwurf und das Bekenntnis der Regierung, bei der Bekämpfung von Hass im Netz nachzuschärfen. Als Kinderrechtsorganisation weisen wir jedoch darauf hin, dass Gesetze nur dann Schutz bieten, wenn sie auch in Anspruch genommen werden können. Aus der Erfahrung wissen wir, dass es gerade für Kinder und Jugendliche, die mit Hass und Gewalt im Netz konfrontiert werden, schwer ist, ihre Rechte auch in der Praxis wahrzunehmen und durchzusetzen.

SOS-Kinderdorf weist daher in einer parlamentarischen Stellungnahme darauf hin, dass das Gesetzespaket unbedingt von einer groß angelegten Informationsoffensive begleitet werden muss. "Bereits 2018 hat eine von SOS-Kinderdorf beauftragte Studie gezeigt, dass fast 30 Prozent aller Kinder und Jugendlichen von sexueller Gewalt im Internet betroffen sind. Häufig wissen Kinder und Jugendliche aber gar nicht, welches Verhalten strafbar ist. Und nur 8 % der Betroffenen von sexueller Belästigung und Gewalt im Netz erstatten Anzeige", sagt Christian Moser, Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf. 

Eine Auswertung von 600 anonymen Protokollen der Notrufnummer Rat auf Draht zeigte zudem, dass Kinder und Jugendliche auf zahlreiche Hürden stoßen, wenn sie sich gegen sexuelle Belästigung und Gewalt im Netz wehren möchten. Wir sehen große Wissenslücken im Umfeld der Betroffenen, das eigentlich unterstützen sollte – etwa Eltern oder Polizei: Nicht selten wird Opfern suggeriert, sie seien selbst schuld an ihrer Situation. Viel zu oft wird ihnen geraten, sich von der jeweiligen sozialen Online-Plattform zurückzuziehen, statt Anzeige zu erstatten.

Begleitende Kommunikationsoffensive notwendig

In unserer Stellungnahme empfehlen wir die Sicherstellung eines kostenfreien Verfahrens sowie verpflichtender und kostenloser Prozessbegleitung für minderjährige Opfer von Hass und Gewalt im Netz. Außerdem soll eine Reihe von begleitenden Maßnahmen dabei helfen, die ambitionierten Ziele des Gesetzespakets zu erreichen:

  • Breite Kommunikation der neuen Möglichkeiten, sich gegen Gewalt und Hass im Netz zu wehren, um Bewusstsein in der Bevölkerung zu schaffen. Dabei ist besonders auf eine für Kinder und Jugendliche verständliche Aufbereitung der Informationen zu achten.
  • Verpflichtende und kostenlose, altersgerechte Beratung für minderjährige Opfer über ihre rechtlichen Möglichkeiten, notwendige Schritte, Chancen und Risiken, notwendige Beweismittel etc. Auch sollte eine verpflichtende Beratung für minderjährige Täter*innen angedacht werden, um insbesondere in Fällen von Cybermobbing im sozialen Umfeld eine für alle Beteiligten tragbare Konfliktlösung zu erreichen.
  • Niederschwellige und kindgerechte Meldeverfahren / Formulare bei Plattform-Betreibern
  • Aus- und Weiterbildungsoffensive für Polizei, Staatsanwaltschaften und Richter*innen
  • Sicherstellung ausreichender Ressourcen und Planstellen bei den Strafverfolgungsbehörden, Gerichten, im Bereich der Prozessbegleitung und bei Beratungsstellen

 

Die Stellungnahme zum Download

 

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