Tipps für Eltern

Sexuelle Belästigung und Übergriffe, die online passieren, werden von Jugendlichen als „normal“ bewertet. Auch deshalb wenden sich junge Menschen häufig nicht an Vertrauenspersonen - ein alarmierender Zustand. Hier erfahren Sie, wie Sie Ihre Kinder unterstützen und Ihnen im Notfall helfen können. 

Cyber Grooming


Immer öfter beginnen Freundschaften im Internet. Für junge Menschen ist das eine tolle Möglichkeit, allerdings braucht es zu Beginn etwas mehr Vorsicht als im „Offline-Leben“. Denn kriminelle Erwachsene versuchen im Internet gezielt Kontakt zu Kindern und Jugendlichen zu bekommen, um sexuelle Kontakte anzubahnen.

Häufig geben sich Erwachsene in diesen Fällen als Jugendliche oder junge Erwachsene aus und versuchen, sich das Vertrauen zu erschleichen. Oft verschleiern sie ihr Alter aber auch nicht, wenn sie die Kinder und Jugendliche kontaktieren. Ihre Absicht dahinter ist in vielen Fällen eine sexuelle Belästigung. Diese gezielten Anbahnungen bezeichnet man als Cyber-Grooming
 
Sie können Ihr Kind davor schützen – mit drei einfachen Praxistipps von Elke Prochazka, Beraterin bei Rat auf Draht.

Tipp #1

Erlauben Sie Online-Freundschaften!
Auch mit Personen, die aus dem offline Leben nicht bekannt sind. Nur so werden Sie für Ihr Kind zu einer Ansprechperson. Gerade bei Online-Spielen ist für Kinder und Jugendliche der direkte Kontakt zu Personen, die sie nicht aus dem "echten" Leben kennen, sehr wichtig. Sie sind oft Voraussetzung dafür, dass die Spiele spielbar sind. Deshalb ist gerade hier ein generelles Kontakt-Verbot nicht sinnvoll.

 

Tipp #2

Fordern Sie Ihr Kind auf, die Identität des Online-Freundes bzw. der Online-Freundin zu überprüfen!
Das geht ganz einfach: Ihr Kind soll das Gegenüber dazu auffordern, ein Selfie mit einem eindeutigen Identifizierungs-Merkmal schicken. Dieses Merkmal kann etwa ein Zettel mit einer Botschaft sein, die sich Ihr Kind aussucht – zum Beispiel „ich bin’s wirklich“. Wenn das Gegenüber binnen kurzer Zeit ein Selfie mit der entsprechenden Botschaft schickt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass Ihr Kind tatsächlich mit einem Online-Freund und keinem kriminellen Erwachsenen spricht.

 

Tipp #3

Unterstützen Sie Treffen mit Online-Freunden!
Nichts gibt ihrem Kind mehr Sicherheit über die Identität eines Online-Freundes als ein Treffen. Unterstützen Sie ihr Kind dabei, indem sie die Treffen erlauben und unauffällig begleiten.

Sextortion


Erpressungen per Video-Chat werden Sextortion genannt. Dabei werden Nutzer/innen zu Sex-Chats überredet und anschließend mit dem intimen Bildmaterial erpresst.
 
Jugendliche werden in den meisten Fällen zunächst in einem Sozialen Netzwerk oder Online-Spiel von scheinbar attraktiven Frauen angesprochen. Dabei signalisieren die Bekanntschaften sexuelles Interesse. Nach einer Kennenlernphase erfolgt die Aufforderung an das Opfer, in einen Videochat wie z.B. Skype zu wechseln und sich dort nackt zu zeigen. In der Regel drohen die Erpresser/innen, die delikaten Videos oder Nacktfotos in Sozialen Netzwerken zu veröffentlichen oder direkt an die Freund/innen der Betroffenen zu schicken. Sie nutzen dabei die Angst und Scham der Opfer als Druckmittel.
 
Sie können Ihr Kind davor schützen – mit drei einfachen Praxistipps von Elke Prochazka, Beraterin bei Rat auf Draht.

Tipp #1

Unterstützen statt strafen!
Unsere Studie zeichnet ein alarmierendes Bild: Sexuelle Belästigung und Übergriffe, die online passieren, werden von Jugendlichen als „normal“ bewertet. Oft wenden sie sich nicht an Vertrauenspersonen, weil sie es als sinnlos erachten. Die Kinder und Jugendlichen geben häufig nicht den TäterInnen die Schuld, sondern sehen sich selbst mitverantwortlich, wenn sie online sexuell belästigt werden. Gerade deshalb gilt für Sie als Eltern: wenn Jugendliche in eine Falle tappen, sind sie auf Ihre Unterstützung angewiesen. Ihre Kinder sind Opfer einer Betrugsmasche, der auch viele Erwachsene in die Falle gehen.   

 

Tipp #2

Warnen Sie vor Fallen, aber bleiben Sie authentisch! Wenn Sie mit Jugendlichen über sexuelle Gewalt im Internet reden wollen, müssen Sie sich auch vorher mit Ihrem Kind über das Internet und seine Tücken austauschen. Nur so sind sie im konkreten Anlassfall ein authentischer Gesprächspartner für Ihr Kind. In unserer Studie haben die befragten Kinder und Jugendlichen klar den Wunsch geäußert, früh Informationen über sexuelle Gewalt im Internet von der Schule und den Eltern bekommen zu wollen.
 

Tipp #3

Über Sexualität sprechen! Sie können als erwachsene Bezugsperson diese Betrugsmaschen nur dann glaubwürdig mit Ihren Kindern besprechen, wenn sie mit ihnen generell über Sexualität sprechen. Aufklärung vom Kindesalter an ist ein wesentlicher Schutzfaktor.

Aktiv werden gegen sexuelle Gewalt


Im digitalen Zeitalter geht uns sexuelle Gewalt im Internet alle an. Jeder und jede Einzelne kann einen wesentlichen Betrag zur allgemeinen Verbesserung der Situation leisten.
 
Werden Sie gemeinsam mit Ihrem Kind aktiv gegen sexuelle Gewalt im Internet – mit drei einfachen Praxistipps von Elke Prochazka, Beraterin bei Rat auf Draht.

Tipp #1

Zivilcourage fördern!
Ermutigen Sie ihr Kind, sich auch online für Andere einzusetzen. Zeigen Sie ihnen zum Beispiel, wie man Personen und Inhalte melden kann. In Sozialen Netzwerken geht das oft sehr unkompliziert: in den Beitragsoptionen (meist mit drei Punkten *** gekennzeichnet) die Option „Beitrag melden“ suchen. 

Ganz wichtig: sagen Sie ihren Kindern, dass die gemeldete Person nicht erfährt, wer sie bzw. ihren Beitrag gemeldet hat. Hier ist Anonymität gewährleistet!  

 

Tipp #2

Empathie üben!
Regen Sie Ihr Kind dazu an, sich einzufühlen. Was würde sich Ihr Kind wünschen, wenn ein bloßstellendes Foto von ihm oder ihr in Umlauf gerät? Sollte das Foto weitergeleitet werden? Das Weitergeben von solchen Gedanken ermöglich es, dass sich Kinder und Jugendliche wieder mehr gegenseitig unterstützen. 

 

Tipp #3

Verbreitung stoppen!
Ermutigen Sie ihr Kind dazu, bloßstellende Inhalte nicht weiterzuleiten. Jedes nicht weitergeleitete Foto oder Video trägt dazu bei, dass das Opfer nicht weiter bloßgestellt wird.

Wann sollte man zur Polizei gehen? Was ist strafbar?

In vielen Situationen verstoßen die TäterInnen auch gegen das Gesetz. Wird Anzeige erstattet, kann die Polizei aktiv werden und auch anderen Opfern helfen. Anzeige kann bei jeder Polizeiinspektion erstattet werden.

Hilfreich ist es, wenn man Beweise, wie z.B. Chatprotokolle mitnimmt und sich auch das Gesetz notiert, das zutreffen könnte. Wichtig: Betroffene sollten die Personen auch direkt blockieren und bei den Seitenbetreibern melden. Das verhindert, dass weitere Personen in Fallen gelockt werden.

Wir haben Beispiele gesammelt, in welchen Fällen Anzeige bei der Polizei erstattet werden kann. Es ist hilfreich, der Polizei diese Beispiele und das Gesetz bzw. den Paragraphen zu nennen.

  • Jemand droht Ihrem Kind damit, ihm oder anderen weh zu tun oder Nacktfotos oder -videos weiterzuschicken. Das ist als Gefährliche Drohung strafbar (§ 107 StGB, StGB steht für Strafgesetzbuch).
     
  • Jemand drängt Ihr Kind durch eine solche Drohung oder mit Gewalt dazu, Nacktaufnahmen von sich zu schicken oder zu anderen sexuellen Handlungen (per Webcam oder im realen Leben). Das ist (schwere oder geschlechtliche) Nötigung (§§ 105, 106, 202 StGB).
     
  • Jemand erpresst Ihr Kind: Zum Beispiel damit, ihm oder anderen weh zutun oder Nacktaufnahmen des Kindes zu veröffentlichen, wenn kein Geld bezahlt wird, weitere Aufnahmen geschickt werden oder das Kind sich nicht mit der Person trifft. Das nennt sich „Sextortion“. Wird Geld gefordert, ist das Erpressung (§ 144 StGB). Werden Nacktaufnahmen oder ein Treffen gefordert, ist das Nötigung (siehe oben).
     
  • Jemand stalkt Ihr Kind online über längere Zeit (§ 107a StGB „Stalking“).
     
  • Jemand mobbt Ihr Kind online über längere Zeit vor vielen Menschen (z.B. in einem sozialen Netzwerk oder einer Klassen-WhatsApp-Gruppe), durch Beleidigen, Bloßstellen oder das Veröffentlichen von Nacktaufnahmen (§ 107c StGB „Cyber-Mobbing“).
     
  • Ihr Kind ist unter 14 Jahre alt und jemand will es, um es sexuell zu belästigen, zu einem Treffen überreden oder dazu, pornographische Aufnahmen von sich zu schicken. Das heißt Cyber-Grooming und ist nach § 208a StGB strafbar.
     
  • Ihr Kind ist unter 14 Jahre alt und jemand verleitet es dazu, sich vor der Webcam selbst zu befriedigen. Das ist sexueller Missbrauch (§ 206 StGB oder § 207 StGB). Auch wenn Ihr Kind zwar über 14 Jahre alt ist, aber es jemand so einschüchtert, nötigt (siehe oben)oder eine Zwangslage ausnützt, sodass sich das Kind vor der Webcam selbst befriedigt, ist das strafbar (§§ 202, 205, 205a StGB).
     
  • Jemand schickt Ihrem Kind pornographische Aufnahmen. Auch das kann je nach Alter und Umständen strafbar sein (§§ 208, 218 StGB; §§ 1 und 2 Pornographiegesetz).
     
  • Ihr Kind ist unter 18 Jahre alt und jemand macht oder besitzt ohne sein Einverständnis pornographische Aufnahmen von ihm oder jemand veröffentlicht oder schickt solche Aufnahmen mit oder ohne sein Einverständnis weiter: Das gilt als Kinderpornographie und ist nach § 207a StGB strafbar.
     
  • Ihr Kind ist unter 14 Jahre alt und jemand macht, besitzt, veröffentlicht oder schickt pornographische Aufnahmen von ihm weiter. Das ist immer als Kinderpornographie strafbar, egal ob das Kind zugestimmt hat oder nicht (§ 207a StGB).
Gefährliche Drohung, Nötigung, Erpressung, Stalking, Cyber-Mobbing sowie bestimmte Sexualdelikte (z.B. §§ 202, 205, 205a, 218 StGB) sind unabhängig vom Alter des Opfers strafbar. Anzeige kann daher auch von einem erwachsenen Opfer erstattet werden.

Weitere Tipps für Eltern finden Sie auf der Website von Rat auf Draht:
Kinder und Jugendliche können sich bei Rat auf Draht wertvolle Tipps zum Thema Handy & Internet abholen:

Folder mit Tipps

Die Infobroschüre mit Tipps und Tricks können Sie hier online downloaden oder unter 147@rataufdraht.at bestellen.

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Forderungen
an die Politik

Um Kinder und Jugendliche vor sexuelle Belästigung und Gewalt im Netz zu schützen, stellen SOS-Kinderdorf und Rat auf Draht 4 Forderungen an die Politik.

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Ergebnisse
der Studie

Studie zu sexueller Belästigung und Gewalt bei Kindern und Jugendlichen im Internet mit einer repräsentativen Befragung unter 400 Kindern (11 bis 18 Jahren).

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