Gaza – 25.03.25

Gaza: Wie geht es den Kindern und Familien aktuell?

Das israelische Militär hat die Angriffe im Gazastreifen wieder aufgenommen und damit die am 18. März verkündete Waffenruhe beendet. Die israelische Luftwaffe hat einige Luftangriffe in mehreren Gebieten des Gazastreifens durchgeführt. Allein bei den Angriffen am 18. März kamen in Gaza Hunderte von Menschen ums Leben, darunter mehr als 130 Kinder, was eine der höchsten Kindersterblichkeitsraten an einem Tag im vergangenen Jahr darstellt.

Die humanitäre Lage ist sehr besorgniserregend. Seit 18 Tagen in Folge dürfen keine Hilfsgütertransporte mehr in den Gazastreifen fahren. Medizinische Evakuierungen wurden gestoppt, und neue Evakuierungsanordnungen für Menschen in ausgewiesenen humanitären Zonen erlassen.

Die Luftangriffe in der Region haben zugenommen, wobei eine Explosion nur 800 Meter vom Lager des SOS-Kinderdorf in Khan Younis entfernt stattfand. Die israelischen Verteidigungsstreitkräfte (IDF) verteilten Warn- und Evakuierungsanweisungen für den Westen von Gaza-Stadt und Khan Younis, die zuvor als humanitäre Arbeitsgebiete ausgewiesen worden waren. Einige Mitarbeiter*innen von SOS-Kinderdorf sitzen weiterhin im nördlichen Gazastreifen fest.

 

Im folgenden Interview berichtet die Leiterin des SOS-Kinderdorf in Gaza über die aktuellen Herausforderungen in Gaza:

 

Wie ist die humanitäre Lage in Gaza? Was sind die größten Herausforderungen für Kinder und Familien?

Die humanitäre Lage in Gaza ist nach wie vor äußerst kritisch. Trotz anfänglicher Hoffnungen auf einen Rückgang der Gewalt hat das jüngste Scheitern des Waffenstillstands die Feindseligkeiten wieder aufflammen lassen und das Leid der Kinder und Familien weiter verstärkt. Die anhaltende Gewalt hat zu weit verbreiteten Vertreibungen, zur Zerstörung von Häusern und zu schweren Schäden an der lebenswichtigen Infrastruktur geführt. Die Hilfsgüterblockade hat die Krise noch verschärft und den Zugang zu lebenswichtigen Gütern wie Nahrungsmitteln, sauberem Wasser, medizinischer Versorgung und Gesundheitsdiensten eingeschränkt. Der fehlende Zugang zur Grundversorgung in Verbindung mit der anhaltenden Ressourcenknappheit macht es für Familien immer schwieriger, ihre Grundbedürfnisse zu befriedigen.

Kinder sind besonders gefährdet und tragen die Hauptlast dieser anhaltenden Krise. Die Blockade hat ihren Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung und einem Gefühl der Normalität behindert. Viele Kinder sind durch die ständige Angst vor Gewalt, Vertreibung und Verlust traumatisiert, während die Familien mit den emotionalen und physischen Folgen der Situation zu kämpfen haben. Die anhaltende Unterbrechung der Schule bzw. des Unterrichts ist eine der größten Herausforderungen, mit denen Kinder und Familien in Gaza heute konfrontiert sind.

 

Wie geht es den Familien vor Ort, vor allem jetzt, da es Hoffnung gab und die Angriffe wieder beginnen?

Die Situation ist äußerst schwierig. Es gab einen kurzen Moment der Hoffnung, als die Gewalt zurückging, aber mit der Rückkehr der Anschläge wurde das psychische Wohlbefinden der Menschen wieder stark beeinträchtigt. Das plötzliche Wiederaufflammen der Gewalt und die ständige Angst vor einer Eskalation haben bei vielen, insbesondere bei Kindern, Angstzustände, Depressionen und Traumata ausgelöst. Menschen, die begonnen hatten, ihr Leben wieder aufzubauen, sind nun mit der harten Realität einer weiteren Welle der Gewalt konfrontiert, was zu Gefühlen der Hoffnungslosigkeit, Stress und emotionaler Erschöpfung führt.

 

Wie ist die Situation der Kinder im SOS-Kinderdorf-Lager? Wie ist ihr Gesundheitszustand, ihre Stimmung und wie sind die Bedingungen im Lager im Moment?

Die Kinder im SOS-Kinderdorf werden mit großer Aufmerksamkeit und Mühe betreut. Die schwierigen Umstände in Gaza erschweren es jedoch, optimale Lebensbedingungen aufrechtzuerhalten. Viele Kinder leiden an Unterernährung, Stress und Traumata. Ihre Stimmung ist durch die anhaltende Gewalt stark beeinträchtigt, und sie sind oft verängstigt oder deprimiert. Die Bedingungen im Lager sind schwierig, und der Zugang zu Nahrungsmitteln ist aufgrund der anhaltenden Blockade sehr begrenzt. Diese Knappheit ist sowohl für die Kinder als auch für ihre Betreuer*innen eine zusätzliche emotionale Belastung.

 

Was sind Ihre größten Sorgen?

Meine größte Sorge gilt in erster Linie der Sicherheit und dem Wohlergehen der Kinder, insbesondere ihrer psychischen Situation. Die anhaltende Gewalt, die mangelnde Sicherheit und der eingeschränkte Zugang zu Nahrungsmitteln, Bildung und Gesundheitsversorgung sind kritische Faktoren. Außerdem wächst die Angst, in Gebiete mit sehr begrenzten Ressourcen umgesiedelt zu werden, was die ohnehin schon schwierige Situation noch weiter verschlechtern würde. Diese Ungewissheit und die drohende Umsiedlung führen zu weiteren Ängsten und Traumata, insbesondere bei gefährdeten Kindern und Familien, die ohnehin schon mit großen Problemen zu kämpfen haben.

 

Was möchten Sie der Welt mitteilen?

Ich möchte vermitteln, dass die Kinder und Familien in Gaza mit einer unvorstellbaren Krise konfrontiert sind. Sie sind resilient, aber sie können dieses Ausmaß an Gewalt nicht allein ertragen. Wir brauchen Frieden, und die internationale Gemeinschaft muss zusammenkommen, um sicherzustellen, dass Kinder und Familien ohne Angst leben können, dass ihre Grundrechte geachtet werden und sie eine Chance auf eine bessere Zukunft bekommen.