Tag der Gesundheit – 04.04.23

Zu wenig Kassenplätze

Es herrscht eine dramatische Mangelversorgung in der Kinder- und Jugendmedizin! Vor allem bei der psychosozialen Versorgung spitzt sich die Situation besonders zu.

Christian Moser

Wir haben es aktuell mit einer dramatischen Lage zu tun, in der es viel zu wenige Kassenplätze gibt und die vorhandenen oft lange Zeit unbesetzt bleiben. Vor allem bei der psychosozialen Versorgung spitzt sich die Situation besonders zu!

Christian Moser

 

Junge Menschen werden aktuell in Österreich mit ihren gesundheitlichen und dabei vor allem ihren psychischen Problemen unendlich lange in Stich gelassen. Das führt für jedes einzelne betroffene Kind zu einer Verschlechterung der Lebens- und Gesundheitssituation. Diese dramatische Situation von Kindern und Jugendlichen braucht dringend mehr Aufmerksamkeit, Innovation und budgetäre Mittel von allen Seiten.

 

Leider keine schnelle Feuerwehr: Die Versorgungslage für Kinder und Jugendliche mit psychischen Belastungen und Erkrankungen ist besonders prekär. Dabei wäre gerade hier schnelle Hilfe besonders wichtig.


 

Zu wenige Kassenplätze führen zu Zwei-Klassen-Medizin

Aktuell gibt es in Österreich rund 300 Kassenfachärzt*innen für Kinder- und Jugendmedizin. Gleichzeitig gibt es mit 327 Wahlärzt*innen in diesem Bereich mehr privat zu finanzierende Gesundheitsleistungen. Das kassenfinanzierte Angebot bleibt zurück und ist bei Weitem nicht ausreichend, da von den vorhandenen Kassenplätzen auch immer wieder welche für längere Zeit nicht besetzt werden können.

Wir haben es hier mit einer Zwei-Klassen-Medizin zu tun. Eltern, die schneller zu Terminen für ihre Kinder kommen möchten, müssen dafür in die eigene Tasche greifen. Wer sich das nicht leisten kann, muss mit den Auswirkungen leben. In ländlichen Regionen führt der Mangel an Fachärzt*innen oft dazu, dass Kinder von Allgemeinmediziner*innen mitbetreut werden. Diese Situation können und wollen wir bei SOS-Kinderdorf nicht akzeptieren.
 

Mentale Belastungen besonders hoch

Besonders prekär ist die Versorgungslage für Kinder und Jugendliche mit psychischen Belastungen und Erkrankungen.

Die Corona-Pandemie hat für junge Menschen jahrelange Strapazen bedeutet. Der Bedarf an psychiatrischer und psychotherapeutischer Versorgung ist so hoch wie nie. Das merken wir auch bei unserem Kinder- und Jugendnotruf Rat auf Draht. Im vergangenen Jahr haben wir rund 2.200 Beratungen zum Thema psychische Erkrankungen und rund 1.300 Beratungen zum Thema Suizidgedanken geführt.

Man sieht, dass das Thema zwar zunehmend in den Fokus gesundheitspolitischer Debatten rückt, wirkliche Fortschritte bei den angebotenen Leistungen für die Betroffenen gibt es aber nicht. Auch das vielzitierte Vorzeige-Regierungsprojekt "Gesund aus der Krise" konnte daran nichts ändern.


Es ist eine unzumutbare Situation, wenn Jugendliche nach einer Akutsituation fünf bis neun Monate auf eine stationäre Behandlung warten müssen. Das ist für junge Menschen, deren Entwicklung nicht still steht, eine halbe Ewigkeit und kann zu dramatischen Auswirkungen und lebensgefährlichen Situationen führen.

Christian Moser

 

Auch wenn es nicht um akut lebensbedrohliche Situationen geht, sind bedenkliche Entwicklungen zu beobachten. Die Beratungen bei Rat auf Draht drehen sich in letzter Zeit vermehrt darum, dass Jugendliche Hilfe bei dubiosen Online-Angeboten suchen, die mit kurzen Tests Diagnosen beispielweise zu ADHS oder Autismus versprechen. Jeder junge Mensch hat das Recht auf eine angemessene Behandlung ohne sich der Gefahr solcher Fake-Diagnosen aussetzen zu müssen.

Um dies zu ermöglichen müssen nun endlich markante Schritte gesetzt werden. Wir fordern, dass der Gesundheitsminister, als auch die Länder, die Sozialversicherungsträger und die Ärztekammern rasch ins Handeln kommen müssen! Es braucht mehr Anreize für Absolvent*innen von Medizinstudien, sich im Bereich der Kinder- und Jugendheilkunde zu spezialisieren. Dazu zählt auch, umfangreiche Unterstützung für den Aufbau von Praxen zu bieten, sowie eine Verbesserung der Honorare in diesem Fachbereich.


Wir müssen uns als Gesellschaft die Frage stellen, wie viel Geld uns unsere Kinder und Jugendlichen bzw. ihre Gesundheit wert sind. Bei SOS-Kinderdort ist uns klar, dass sie das Recht auf eine angemessene Versorgung haben und darauf nicht mehr länger warten können!

Christian Moser

 

 

 

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