Die Perspektive von Care Leavern in der Praxisforschung


Forschung, die die Perspektive von Care Leavern einbezieht, hat in der Forschungsabteilung von SOS-Kinderdorf einen hohen Stellenwert. Ihre Ausführungen geben wichtige Hinweise zu Ressourcen und Belastungen in der Betreuung durch SOS-Kinderdorf, zu Wirkungen pädagogischer Interventionen und zu unbeabsichtigten Nebenwirkungen. Daraus werden Ableitungen für günstige und problematische Betreuungsverläufe gewonnen, die SOS-Kinderdorf und seine Fachkräfte zur Weiterentwicklung nutzen.

Als Care Leaver werden im Fachdiskurs meist junge Menschen bezeichnet, die einen Teil ihres Lebens in Fremdunterbringungseinrichtungen verbracht haben. Sie befinden sich im Übergang in ein Leben ohne Unterstützungsmaßnahmen der Kinder- und Jugendhilfe oder führen bereits ein eigenständiges Leben. Leaving Care beschreibt aber nicht nur den Übergang von jungen Erwachsenen in eine von der Kinder- und Jugendhilfe unabhängige Lebensform, sondern auch Prozesse von Kindern und Jugendlichen, die aus der Fremdunterbringung in ihr Familiensystem zurückkehren.

Die Juni-Ausgabe der Fachzeitschrift Sozialarbeit in Österreich befasst sich mit dem Thema „Von Care Leavern lernen". Darin veröffentlichen Christina Lienhart und Bettina Hofer ihre Erfahrungen und Erkenntnisse aus Forschungsarbeiten bei SOS-Kinderdorf, die zentral die Perspektive von Care Leavern einbeziehen.
 

Lienhart/Hofer: „Dass sie das weiterhin so machen. Aber sie könnten´s ein wenig verbessern, tät i schon sagen." Die Perspektive von Care Leavern als zentraler Zugang von Praxisforschung und -entwicklung; in: SIO-Sozialarbeit in Österreich, 2/2016, S. 24 - 28. Download

 

  • Vorgestellt werden zwei Studien zur Lebenssituation von jungen Erwachsenen (Hofer/Putzhuber 2005; Spannring/Steden 2008), die in einer SOS-Kinderdorf-Familie oder einer SOS-Jugendwohngemeinschaft gelebt haben.
  • Die im Beitrag ausgeführte Evaluationsforschung (Lienhart 2011) mit der sozialpädagogisch-therapeutischen Wohngemeinschaft „Schülerwohnen Graz“ von SOS-Kinderdorf Steiermark befasst sich mit Ressourcen und Belastungen einer familienstärkenden Fremdunterbringung aus der Sicht von Jugendlichen und Eltern.
  • Zudem wird ein aktuelles Praxisforschungsprojekt von SOS-Kinderdorf und der Universität Graz (Lienhart/Hofer/Kittl-Satran 2016-2017) skizziert, das sich Familiensituationen nach der Rückkehr aus der Fremdunterbringung ins Herkunftssystem widmet.

Bislang verdeutlichen alle Care Leaver die Bedeutung von Beziehung und Beteiligung. Sie fordern das, was in der Fachsprache „individuelles Fallverstehen“ genannt wird. Care Leaver verweisen auf die unerlässliche Begleitung beim Übergang in eine autonome Lebensführung und auf die Notwendigkeit von Nachbetreuungsmöglichkeiten für Kinder, Jugendliche, junge Erwachsene und Familien.