Kinder auf der Flucht
– 15.04.25
Flüchtlingseinrichtung Clearing-house muss schließen
Nach über 20 Jahren erfolgreicher Arbeit mit geflüchteten Kindern und Jugendlichen muss SOS-Kinderdorf die Betreuungseinrichtung Clearing-house in Salzburg schließen.
“Das Clearing-house war 24 Jahre lang ein Ort des Ankommens für Kinder und Jugendliche, die ohne ihre Eltern nach Österreich fliehen mussten”, sagt Christian Rudisch, Geschäftsleiter SOS-Kinderdorf. “Wir sind stolz auf die wichtige Integrationsarbeit, die in unserem Haus geleistet wurde und auf die vielen Erfolgsgeschichten junger Menschen, die dank des Clearing-houses in Österreich Fuß fassen konnten. Wir bedanken uns bei allen Unterstützer*innen, die diese wertvolle Arbeit über die Jahre möglich gemacht haben”.
Doch eine kindgerechte, den Kinderrechten und speziellen Bedürfnissen von jungen Geflüchteten entsprechende Betreuung könne langfristig nur mit dem notwendigen politischen und finanziellen Rahmen gelingen. Und der Wille dazu sei aktuell nicht zu erkennen: “Kinder und Jugendliche, die ohne ihre Eltern nach Österreich geflüchtet sind, haben das in den Kinderrechten verankerte Anrecht auf eine angemessene Betreuung, genau wie alle anderen Kinder in Österreich. Aufgrund ihrer Fluchterfahrung sind sie besonders gefährdet und brauchen daher auch besondere Unterstützung: Sicherheit, Stabilität und Hilfe bei der Verarbeitung traumatischer Erfahrungen. Doch viel zu oft werden geflüchtete Kinder in Österreich massiv benachteiligt und wichtige Rechte werden ihnen verwehrt, so auch aktuell in Salzburg”, erläutert Rudisch.
Geflüchtete Kinder und Jugendliche sind aufgrund ihrer Fluchterfahrung besonders gefährdet und brauchen daher auch besondere Unterstützung!
“Als letzte Grundversorgungseinrichtung für geflüchtete Jugendliche in Salzburg muss nun auch SOS-Kinderdorf die Betreuung im Clearing-house bis zum Sommer einstellen. Wir müssen zur Kenntnis nehmen, dass es aktuell am entsprechenden politischen Willen fehlt, junge Geflüchtete in Salzburg kinderrechtlich angemessen zu betreuen”, so Rudisch. SOS-Kinderdorf stellt klar, jederzeit bereit zu sein, jungen Menschen auf der Flucht ein Zuhause oder einen sicheren Ort in einem anderen Setting zu bieten, wenn sich die Situation ändert.
Zu wenig Unterstützung durch das Land
Dem Entschluss gehen lange Verhandlungen mit dem Land voraus. Ziel von SOS-Kinderdorf war es, das Betreuungskonzept des Clearing-house an die Bedürfnisse der jungen Geflüchteten, aber auch ihrer Betreuer*innen im arbeitsrechtlichen Kontext anzupassen. Dazu hätte es vor allem kleinere Gruppengrößen und eine Gleichstellung mit Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe gebraucht. Die Verhandlungen führten jedoch zu keinem akzeptablen Ergebnis. Mit Enttäuschung muss SOS-Kinderdorf feststellen, dass es keine Übereinstimmung mit dem Team rund um den zuständigen Landesrat Christian Pewny darüber gibt, was unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen an Unterstützung zusteht.
Suche nach geeigneten Betreuungsplätzen für Jugendliche hat höchste Priorität
Für die aktuell im Clearing-house Salzburg betreuten Jugendlichen werden nun individuelle Lösungen zur Weiterbetreuung erarbeitet. Auch für die betroffenen Mitarbeiter*innen, werden Optionen geprüft. Wo möglich, sollen sie in anderen Angeboten von SOS-Kinderdorf in Salzburg tätig werden. Das erfolgreiche Bildungsangebot Minerva wird bis auf Weiteres am Standort fortgeführt. Für das Gebäude werden aktuell Nutzungsideen entwickelt.
Über das Clearing-house
Das Clearing-house des SOS-Kinderdorfs in Salzburg war in den vergangenen 24 Jahren für mehr als 1.000 Kinder und Jugendliche ein sicherer Hafen. Im Clearing-house wurden ausschließlich unbegleitete minderjährige Flüchtlinge betreut, die sich nach ihrer Flucht vor Krieg und Terror ohne ihre Eltern in Österreich aufgehalten haben. Sie erhielten die notwendige Grundversorgung, sozialpädagogische und medizinische Betreuung sowie psychologische Hilfe und juristischen Beistand. Die meist stark traumatisierten Jugendlichen lernten Deutsch und wurden in der Alltagsbewältigung unterstützt und gefördert. Zuletzt bot das Clearing-house 24 Plätze, die aktuell mit 7 Jugendlichen in der Wohngruppe belegt sind, plus 4 Jugendlichen in Trainingswohnungen. Zusätzlich gab es 11 Plätze im Betreuten Wohnen, die aktuell mit 10 Jugendlichen belegt sind.