Zukunftsplanung in unsicheren Zeiten

Das Semesterzeugnis ist für viele Jugendliche ein wichtiger Meilenstein für die berufliche Orientierung. Aber wie soll man planen, wenn nichts planbar ist? Die SOS-Familientipps machen Mut.

Was will ich mit meinem Leben anfangen? Welchen Weg soll ich gehen? So gewichtigen Fragen sind immer eine enorme Herausforderung für junge Menschen. "Im aktuellen Schuljahr, in dem wir uns von Lockdown zu Lockdown hangeln, sind existenzielle Entscheidungen noch belastender. Die Pandemie, Homeschooling und fehlende soziale Kontakte verunsichern Jugendliche. Vielen fällt es schwer, gerade jetzt Weichen für die eigene Zukunft zu stellen", sagt unsere Kollegin Marianne Römer, Pädagogische Leiterin im SOS-Kinderdorf Wien.

Die Unsicherheit ist groß: Wie soll ich das Versäumte des letzten Schuljahres je wieder aufholen? Finde ich in so unsicheren Zeiten einen Job? Und kann ich überhaupt hoffen, in meinem Traumberuf Fuß zu fassen? Die Expertin hat Tipps, wie Eltern ihren Nachwuchs in dieser schwierigen Zeit stärken können.
 

#1 Druck raus nehmen

Ihr Kind leistet gerade sehr viel, denn die aktuelle Situation ist anstrengend. Machen Sie dem Nachwuchs und auch sich selbst mit der Zukunftsplanung nicht zu viel Druck. Bieten Sie Ihrem Kind Unterstützung an und seien Sie da, wenn es jemanden zum Reden braucht. Überfordern Sie den Nachwuchs dabei nicht mit zu konkreten Vorstellungen, sondern hören Sie sich offen an, welche Ängste oder Sorgen der Sohn oder die Tochter hat.

 

#2 Was will ich einmal werden?

Einen Beruf lernen, ein Gymnasium besuchen oder eine höhere Schule mit bestimmter Spezialisierung – je größer die Auswahl, desto schwerer fällt die Entscheidung. Überlegen Sie gemeinsam mit Ihrem Kind, was ihm Spaß macht. Wo liegen die Stärken und Interessen? Vertieft es sich gerne in knifflige Rätsel, ist es handwerklich geschickt oder kann es sich gut in andere Leute hineinversetzen? Oft liefern Alltagssituationen und Hobbies gute Anhaltspunkte dafür, wo die eigenen Stärken liegen. Auch das Jugend-AMS, Jugendcoachings oder Online-Tools können helfen, je nach Interessen und Fähigkeiten passende Berufsfelder zu finden.

 

#3 Träumen erlaubt!

Auch in Zeiten der Pandemie kann man nach den Sternen greifen und seine (beruflichen) Träume verwirklichen. Von schwierigen Startbedingungen sollte man sich dabei nicht entmutigen lassen. Vielleicht muss durch die aktuelle Situation ein Schuljahr wiederholt oder ein Überbrückungsjahr vor dem Ausbildungsstart eingeschoben werden. Davon geht die Welt nicht unter! Die Hauptsache ist, Ihr Kind behält die Freude am Lernen. Vermitteln sie Ihrem Kind den Glauben an sich selbst. Sätze wie "Du bist gut so, wie du bist!" hören Jugendliche meist viel zu selten. Dabei brauchen junge Menschen genau diesen Rückenwind, um ein gesundes Selbstbewusstsein aufzubauen und ihren Weg motiviert zu gehen.

 

#4 Verschiedene Wege führen ans Ziel

Nichts im Leben ist in Stein gemeißelt. Auch nicht die Ausbildungs- oder Berufswahl. Machen Sie Ihrem Kind bewusst, dass jeder eingeschlagene Weg veränderbar ist. Die gewählte Lehre oder höhere Schule fühlt sich nach ein paar Monaten doch nicht richtig an? Dann kann man die Situation neu bewerten und andere Möglichkeiten suchen. Vergewissern Sie Ihrem Kind, dass Sie hinter ihm stehen, auch wenn es den Weg verändern möchte. Das Wissen, auch einmal umdrehen zu können, entlastet.

 

#5 Offen für Neues

Egal welchen Weg Ihr Kind einschlägt, es wird ihn motivierter beschreiten, wenn es die eigene Vision von einer zufriedenstellenden Zukunft ist. Dazu muss Ihr Kind nicht unbedingt in Ihre Fußstapfen treten. Kinder und Jugendliche haben ganz eigene Vorstellungen. Nehmen sie die Ideen Ihres Kindes ernst und gehen sie darauf ein. Gleichen Sie die Vorschläge behutsam mit der Realität ab, aber schmettern sie nichts von Vornherein ab. Wenn Sie Offenheit von Ihrem Kind wünschen, dann sollten Sie auch ohne Einwände zuhören. Vielleicht überrascht Sie Ihr Kind mit tollen Zukunftsvorstellungen.

 

#6 Durchhaltevermögen

Als Eltern wünschen wir uns für unsere Kinder das Beste und wollen an ihrem Leben teilhaben. Gerade in der Pubertät können sich Jugendliche aber manchmal anderen Bezugspersonen und Freudinnen oder Freunden eher anvertrauen als den eigenen Eltern. Das ist ganz normal und gehört zum Erwachsenwerden dazu. Eltern müssen darum manchmal aushalten, im Hintergrund zu bleiben. Machen Sie Ihrem Kind keinen Vorwurf, wenn es nicht mit Ihnen sprechen will und geben Sie das klare Signal: „Ich bin für dich da, auch wenn was schief geht.“

 

#7 Du bist nicht allein!

Ihr Teenager ist nicht der einzige in dieser schwierigen Situation. Den meisten, die derzeit vor großen Übergängen stehen, geht es ähnlich. Wenn Ihr Kind zweifelt, wie es den Einstieg in eine neue Schule oder eine Lehre nach diesem vermurksten Schuljahr gut schaffen soll, rufen Sie ihm in Erinnerung: Es geht allen gleich. Auch die anderen haben ein schwieriges Jahr hinter sich und müssen sicher einiges aufholen. Scheuen Sie sich auch nicht davor, Ihre Sorgen mit anderen Eltern zu teilen. Sie werden sicher auf offene Ohren stoßen und ein Entlastungsgespräch von Zeit zu Zeit kann einfach gut tun.