Psychische Gesundheit – 09.10.24

Neue Freiräume statt Rezepte von gestern

Künftige Regierung braucht innovative Lösungen, um junge Menschen zu entlasten und zu unterstützen.

Zum Tag der psychischen Gesundheit am 10.10. macht SOS-Kinderdorf einmal mehr auf die dramatische Situation von Kindern und Jugendlichen in Österreich aufmerksam: Schlaf- und Essstörungen, Angstzustände, Panikattacken und Suizidgedanken, aber auch Einsamkeit seien mittlerweile Teil des Lebens von fast der Hälfte der jungen Menschen in Österreich, warnt SOS-Kinderdorf Geschäftsführer Christian Moser. „Wir wissen aus zahlreichen Studien, dass junge Menschen von den Krisen unserer Zeit, der Pandemie und ihren Folgen, Kriegen in nahen Ländern, aber auch der Teuerung sehr stark psychisch betroffen sind. Gleichzeitig können sie das Erlebte nicht altersadäquat mit Gleichaltrigen verarbeiten. Dafür fehlt ihnen der Freiraum. So stauen sich die Belastungen immer weiter auf und das wird früher oder später zum gesundheitlichen Problem,“ sagt Moser.

 

Ohne mutige Schritte nicht lösbar

Der Ausbau der therapeutischen und psychiatrischen Versorgung sei laut Moser notwendig, allerdings nur ein Tropfen auf den heißen Stein. Was es dringend benötigen würde, seien vielmehr neue, mutige und kreative Lösungen, die schon sehr viel früher ansetzen. „Wir als Gesellschaft, aber vor allem auch die Politik müssen dort hinschauen, wo der Druck entsteht, bevor er sich als Krankheitsbild manifestiert. Wir müssen auf die Psyche der jungen Menschen genauso achten, wie auf Zahnhygiene oder gesunde Ernährung. Das betrifft das familiäre Leben, aber auch alle Systeme, in denen sich Kinder und Jugendliche bewegen. Dazu zählen etwa Schulen, das Gesundheitssystem oder öffentliche Räume wie Parks oder Freizeiteinrichtungen.“

 

„Raum geben“ sowohl physisch als auch mental

Der zentrale Hebel für ein Umdenken in diese Richtung sei die Beteiligung junger Menschen an Entscheidungsprozessen, die ihr Leben, ihr Umfeld und ihre Zukunft betreffen, ist Moser überzeugt. „Wenn wir über die psychische Gesundheit und den Alltag von Kindern und Jugendlichen sprechen, müssen wir ihnen dafür ausreichend „Raum geben“. Das bezieht sich auf den realen Raum, also Grünflächen, Sportstätten, Jugendzentren, kindgerecht gestaltete Schulen oder Krankenhäuser. Doch es geht auch um den Raum sich zu äußern und unsere Gesellschaft mitzugestalten. Dieses Recht auf Mitsprache und Mitgestaltung ist nicht nur in unserer Verfassung festgeschrieben, sondern ist ein zentrales Element, um Selbstwirksamkeit zu erleben.

Veränderungen brauchen Kreativität und Mut.

Christian Moser
Geschäftsführer SOS-Kinderdorf

 

Aus diesem Grund setze sich SOS-Kinderdorf seit Jahren für eine verstärkte, verbindliche Beteiligung und Mitsprache von Kindern und Jugendlichen bei der Gestaltung des Bildungs- und Gesundheitssystems ein, sagt Moser. An die neue Regierung appelliert er, nicht weiter uralte Rezepte auf die Herausforderungen von heute anzuwenden. „Das Leben der heutigen jungen Menschen in Österreich unterscheidet sich grundlegend von dem ihrer Eltern und Großeltern. Deshalb helfen die Logiken dieser Generationen auch auch nicht, wenn es um die Stärkung ihrer psychischen Gesundheit geht. Veränderungen brauchen Kreativität und Mut. Beides wünsche ich mir von der neuen Regierung, die sich auch dabei auch viel von Kindern und Jugendlichen abschauen kann“, so Moser.

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