Werte & Haltungen – 04.11.25

Professionelle pädagogische Arbeit in herausfordernden Zeiten!

Die Berichterstattung der letzten Wochen zu Vorfällen in SOS-Kinderdörfern haben bei vielen Menschen – auch unseren Mitarbeiter*innen – Betroffenheit ausgelöst. Es wurden Fehler gemacht, die großes Leid verursacht haben. Wir übernehmen Verantwortung, arbeiten auf und ziehen Konsequenzen. Eine unabhängige Reformkommission prüft bereits alles Geschehene und entwickelt Empfehlungen für tiefgreifende Veränderungen.

Eines hat unsere Kolleg*innen in den letzten Wochen aber besonders beschäftigt: der Generalverdacht gegen die Arbeit von SOS-Kinderdorf und seiner Mitarbeiter*innen. 

Viele von ihnen begleiten Kinder und Jugendliche seit Jahren mit großem Engagement und hoher Professionalität. Sie leisten tagtäglich verantwortungsvolle Arbeit, um junge Menschen in eine selbstbestimmte Zukunft zu begleiten.

Begleiten heißt dabei auch: hinschauen, aus Fehlern lernen und sich laufend weiterentwickeln.

 

Dieses Verständnis von professioneller sozialpädagogischer Arbeit vertreten etwa auch Laura und Martina - sie erzählen, was Professionalität für sie bedeutet und wie sie diese im Altag leben:

 

Laura, Sozialpädagogin in Wien 

Laura hat Bildungswissenschaften mit Schwerpunkt Sozialpädagogik studiert und arbeitet in einer Wohngruppe von SOS-Kinderdorf in Wien. Für sie benötigt ein*e Sozialpädagog*in: „ganz viel Geduld, Verlässlichkeit und gute Organisationsfähigkeit, weil Multitasking an der Tagesordnung steht“. Auch Authentizität streicht sie als wichtige Eigenschaft heraus.  

„Authentizität bedeutet für mich eine Vorbildfunktion für die Kinder und Jugendlichen zu haben“, erklärt Laura. Weiters führt sie aus: „Ich versuche ihnen ein Vorbild in allen Lebenslagen zu sein, beispielsweise was meine Sprache angeht, dass ich nicht schimpfe, aber auch, dass ich verlässlich und pünktlich bin. Ich achte darauf, dass mein Kleidungsstil ordentlich ist und auch, dass ich ihnen einen gesunden und aktiven Lebensstil vorlebe. Wir putzen uns zum Beispiel gemeinsam die Zähne oder kochen gesund“. Sie versucht den Kindern und Jugendlichen jene Eigenschaften und Verhaltensweisen vorzuleben, die ihrem Wertesystem entsprechen. 

Für die professionelle und authentische Arbeit in der Sozialpädagogik ist es also unerlässlich sich selbst und seine Werte und Haltungen zu kennen und diese ins tägliche Tun einzubringen. Gleichzeitig ist es notwendig sich gut abzugrenzen und eine klare Grenze zum Privatleben zu ziehen. „Wenn ich privat ein Thema habe, dann lasse ich das zuhause und gleichzeitig versuche ich keine Themen aus der Arbeit mit heim zu nehmen“, meint Laura. Sie ergänzt: „Für die Abgrenzung nutze ich viele Rituale, das sind oft kleine Dinge. Ich habe zum Beispiel für die Arbeit einen getrennten Schlüsselbund und einen anderen Rucksack. Außerdem achte ich auf eine gute Übergabe mit meinen Kolleg*innen und reflektiere den Tag auf dem Weg nach Hause“. 

 

Martina, Familienberaterin in der Steiermark  

Martina hat Erziehungs- und Bildungswissenschaften studiert und sich im Master auf Sozial- und Integrationspädagogik spezialisiert. Aktuell arbeitet sie als Familienberaterin in der Familienintensivbegleitung von SOS-Kinderdorf in der Steiermark. Zuvor war sie einige Jahre als Sozialpädagogin bei SOS-mobil tätig. Auch für sie sind eine authentische Haltung und die Repräsentation der eigenen Werte ein zentraler Teil von Professionalität. Professionalität definiert sie wie folgt: „Professionalität ist für mich eine Haltungssache, ich muss den Menschen auf Augenhöhe begegnen und sie dort abholen, wo sie sind. Außerdem muss ich mir eingestehen, dass ich niemanden ‚heilen‘ kann. Diese Analogie zur Medizin hilft Martina in ihrer Erwartungshaltung: „Ich kann ein Pflaster aufkleben und Linderung verschaffen, aber ich kann niemanden heilen“.  

Auch für Martina ist es sehr wichtig, auf die Psychohygiene zu achten: „Wann immer möglich mache ich während der Arbeit kurze Atempausen und achte auf einen guten Ausgleich in meiner Freizeit, etwa durch Sport und kreative Aktivitäten“.  

Für Martina ist ihr Team ein „wichtiger Anker“. Sie beschreibt die Bedeutung ihres Teams folgendermaßen: „Wir können uns gegenseitig unterstützen und aus belastenden Situationen herausnehmen, wir wissen, dass wir nicht auf uns allein gestellt sind. Teamaustausch ist unglaublich wichtig, um gemeinsam zu reflektieren und an einem Strang zu ziehen. Ich bin bei uns im Team die jüngste und bringe den Humor und die Energie mit. Ich versuche auch gerne mal um die Ecke zu denken, das schätzen meine Kolleg*innen.“ 

 

Wir bedanken uns bei Laura und Martina für die Einblicke in ihre professionelle Identität als Sozialpädagoginnen.  

 

Hinweis: Der ganze Text und damit noch weitere Einblicke in die professionelle Identität von Sozialpädagog*innen bei SOS-Kinderdorf, ist in der Ausgabe 01/2025 der Fachzeitschrift „Sozialpädagogische Impulse“ erschienen.  

 

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