Lebenswege

Über das Mutigsein

Susanne und ihr Mann Erich leben gemeinsam mit ihren drei Kindern auf einem Bio-Bauernhof in der Steiermark. Als zwei schwere Schicksalsschläge die Familie treffen, gerät das Familiengefüge ins Wanken. Es ist Mama Susanne, die sich ein Herz fasst und um Hilfe bittet.

Aufgeregtes Hühnergegacker, freudiges Hundegebell, sanfte Kuhglocken und dazwischen: schallendes Kinderlachen. So gestaltet sich die Geräuschkulisse am Bio-Bauernhof der Familie B. in Oberwölz. Susanne, Ehemann Erich und ihre Kinder Clemens, Maximilian und Konstantin leben hier gemeinsam mit vielen Tieren in einer wunderschönen Hügellandschaft in der westlichen Steiermark. Man merkt sogleich, wie liebevoll hier miteinander umgegangen wird. Kaum zu glauben, dass die Familie vor wenigen Jahren kurz vor dem Zusammenbruch stand.

Heute kann die Familie wieder herzlich lachen und die gemeinsame Zeit am Hof genießen. 

Es muss sich etwas ändern

„Ich habe mir gedacht: Schluss! Ich hole mir jetzt Hilfe, weil ich meine Kinder nicht verlieren will, indem ich sie von mir wegstoße“, fasst Susanne den Moment zusammen, in dem sie den mutigen Entschluss fasst und sich bei der Kinder- und Jugendhilfe meldet. Zuvor hatte sich die Situation in der Familie immer weiter zugespitzt. Ein Todesfall in der Familie und ein schwerer Unfall hatten die Familie schwer belastet. Neben ihrem Job als diplomierte Krankenpflegerin und der Arbeit am Bauernhof wird Susanne alles zu viel. Die Frustrationsgrenze sinkt: „Wir standen kurz vor der Eskalation, selbst Gewalt gegen die Kinder war nicht mehr auszuschließen.“ Susanne weiß, sie muss handeln, auch wenn ihr Mann zunächst skeptisch ist.

„Ich hatte Angst, man könnte uns die Kinder wegnehmen. Heute bin ich froh, dass wir die notwendige Unterstützung bekommen haben“, sagt Erich heute. „Von außen wird man ja sofort bewertet. Und meistens wird man ja schlechtgemacht, nicht gutgemacht. Das war zumindest meine Sorge zu Beginn.“

Unterstützung kommt

Diese Sorge stellt sich jedoch schnell als unbegründet heraus. Nach einem ersten Telefonat und Treffen mit einer Sozialarbeiterin der Kinder- und Jugendhilfe des Bezirks, wird der Familie vorgeschlagen, Unterstützung in Form einer mobilen Familienarbeit in Anspruch zu nehmen. Zwei Mitarbeiterinnen von SOS-Kinderdorf kommen von da an regelmäßig auf den Hof der Familie B. und schaffen endlich die notwendige Entlastung. „Wir haben uns zunächst mal zusammengesetzt und einen Plan erstellt“, erinnert sich Susanne. „Wo brauchen wir Hilfe? Was können sie uns anbieten? Zum Glück war die gegenseitige Sympathie von Anfang an gegeben.“

Susanne und Erich im Gespräch mit Familienberaterin Marina: "Die Unterstützung war eine enorme Entlastung."

Zur Ruhe kommen

Die beiden Familienberaterinnen von SOS-Kinderdorf Marina und Christina werden von der Familie mit offenen Armen empfangen. Sie beraten die Eltern in Erziehungsfragen, bleiben bei den Kindern, um Susanne und Erich Zeit zu zweit freizuspielen, oder nehmen die Kinder mit auf Ausflüge und Unternehmungen. „In meiner damaligen Situation wäre ich psychisch gar nicht in der Lage gewesen, meinen Kindern so etwas zu bieten. Das war eine enorme Entlastung für mich“, sagt Susanne. Und auch Erich ist froh, als seine Frau wieder zu sich findet. „Meine Frau wollte halt immer viele Dinge gleichzeitig machen. Das hat sie durch die Unterstützung gelernt, dass man nicht immer alles sofort schaffen kann. Und dass man in sich selbst Ruhe finden muss, um Ruhe in die Familie zu bringen.“

"Ich bin jetzt entspannter", sagt Sohn Clemens, 13 Jahre. Hier bei der Kalbsbeschau mit Familienberaterin Marina. 

Für ungefähr ein Jahr wird Familie B. von SOS-Kinderdorf betreut. Eine Zeit in der sich vieles für die Familie zum Positiven verändert. „Ich bin entspannter geworden“, sagt etwa der 13-jährige Clemens. Und Susanne meint: „Wir haben einen anderen Blickwinkel auf unsere Probleme entwickelt und können nun besser damit umgehen. Für mich war es besonders wichtig zu lernen, dass ich auch mal sagen kann: So, mir geht es gerade nicht gut, ich brauche eine Verschnaufpause. Und die nehme ich mir dann auch“.

Traut euch! 

Probleme in Familien sind immer noch ein Tabu-Thema und werden nicht gerne in der Öffentlichkeit besprochen. Dabei können sie uns alle sehr unvermittelt treffen. Susanne ist heute sehr stolz darauf, dass sie den Mut hatte, ihre Probleme anzusprechen und sich Hilfe zu holen. Anderen Menschen möchte sie deshalb mitgeben: „In jeder Familie gibt es mal Probleme. Aber bevor es eskaliert und von außen eingegriffen werden muss, würde ich jedem raten: Holt euch Hilfe! Traut euch!“

Susanne ist froh, dass sie es gewagt hat, HIlfe anzunehmen und möchte anderen Familien Mut machen. 

Präventionsarbeit bei SOS-Kinderdorf

SOS-Kinderdorf kommt nicht erst ins Spiel, wenn Kinder nicht mehr bei ihren Eltern leben können. Wir unterstützen auch Familien, damit sie gar nicht erst auseinanderbrechen. Nicht immer, wenn Familien in schwierige Lebenslagen geraten, müssen Kinder von ihren Eltern getrennt werden. Wir sind überzeugt, in vielen Fällen ist es möglich, dass Familien zusammenbleiben, wenn sie rechtzeitig die passende, individuelle Unterstützung bekommen. Wenn keine akute Gefahr für das Kind besteht (beispielsweise durch Gewalt), gibt es vielfältige Möglichkeiten in Form von familienstärkenden Programmen zu unterstützen. Mit diesen unterstützen und stärken wir Familien in schwierigen Lebenslagen, damit sie sich stabilisieren, sodass Eltern auch weiterhin gut für ihre Kinder sorgen können.

Welche Art der Unterstützung für Familien am besten geeignet ist, kann sehr unterschiedlich sein und ist von den individuellen Bedürfnissen und Möglichkeiten der Familien abhängig. Alle gemeinsam haben sie den dringenden Bedarf einer professionellen Unterstützung von außen, damit sie ihr Leben so meistern können, dass ein sicheres Aufwachsen der Kinder im Familenverband möglich ist. Unterstützungsangebote von SOS-Kinderdorf dafür sind:

Weiterführende Information

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