Lebenswege

Platz für Neues – Ein Kinderdorf im Wandel

Nicht nur baulich tut sich was im SOS-Kinderdorf Altmünster. Seit den Gründungstagen haben sich die pädagogischen Konzepte um ein Vielfaches erweitert und vor allem einer neuen Zielgruppe wird heute viel mehr Aufmerksamkeit geschenkt: den Eltern.

So soll das SOS-Kinderdorf Altmünster nach dem Bauprojekt aussehen: nachhaltig, grün und mit viel Platz für die Bedürfnisse der Kinder.

Im SOS-Kinderdorf Altmünster herrscht gerade reger Baustellenbetrieb. Absperrzaun, Baugruben, Bagger… "Ja, die Dinge verändern sich", sagt Gerhard Pohl und blickt über die Baustelle "aber ich bin froh, dass so viel Neues entsteht", fügt er hinzu. Kaum jemand könnte den Wandel im SOS-Kinderdorf besser beschreiben als er. Fast 60 Jahre dauert seine Verbindung zu diesem Ort bereits an. Denn als acht Wochen altes Baby kam Gerhard selbst in die Obhut einer SOS-Kinderdorf-Familie in Altmünster. "Das ich so lange im Kinderdorf bleibe, damit hat aber niemand gerechnet", lacht Gerhard. Denn heute ist er als Kinderdorfleiter immer noch in Altmünster tätig.

Gerhard Pohl als Kleinkind mit seiner SOS-Kinderdorf-Mutter und als erwachsener SOS-Kinderdorf-Leiter.

"Als ich in den 60er und 70er Jahren hier aufgewachsen bin, gab es die Betreuungsform der Kinderdorffamilie mit einer Kinderdorfmutter und bis zu 10 Kindern. Sonst nichts", erklärt Gerhard. "Heute haben wir hier Wohngruppen mit ganz unterschiedlichen Größen und Schwerpunkten, aber zum Beispiel auch die Möglichkeit, ganze Familien eine Zeit lang bei uns aufzunehmen. Das bietet uns ganz neue Möglichkeiten flexibel und individuell darauf einzugehen, was für das jeweilige Kind gerade am Besten ist. Und dafür braucht es natürlich auch die entsprechenden räumlichen Möglichkeiten", so Gerhard.

Eine der größten Veränderungen seit seiner eigenen Kindheit im SOS-Kinderdorf betrifft dabei sicher die Zusammenarbeit mit den Eltern der Kinder. "Früher war das ja von den Behörden nicht gewollt. Da wurden Kinder zum Teil extra von Vorarlberg nach Wien geschickt, damit sie dem 'schlechten Einfluss' der Eltern entkommen. Zum Glück hat sich das ab den 90er Jahren aber sehr gewandelt und man hat erkannt, dass auch die Eltern Hilfe brauchen".

 

Das ganze Gespräch mit Gerhard Pohl hier im Podcast nachzuhören: 

Das große Aha-Erlebnis

Überforderung, finanzielle Notlagen, Suchterkrankungen… es gibt viele Gründe, warum Eltern (vorübergehend) nicht gut für ihre Kinder sorgen können und diese deshalb in eine Betreuungseinrichtung wie dem SOS-Kinderdorf kommen. Doch Eltern bleiben Eltern und spielen im Leben der Kinder weiterhin eine wichtige Rolle. Daher gibt es heute eigene Mitarbeiter*innen, die speziell dafür da sind, die Eltern gut zu begleiten und zu unterstützen.

Christina Kern unterstützt und begleitet in ihrer Arbeit Eltern, deren Kinder bei SOS-Kinderdorf leben.

"Es glauben ja immer noch viele Menschen, dass bei uns hauptsächlich Waisenkinder leben", erzählt Christina Kern, Elternarbeiterin im SOS-Kinderdorf Altmünster. "Da gibt es ein richtiges Aha-Erlebnis, wenn sie erfahren, dass es meine Aufgabe ist, mit den Eltern zu arbeiten". Christina begleitet Eltern bei Besuchen aber arbeitet auch individuell an den jeweiligen Problemstellungen der Familie. Ziel ist es im Allgemeinen, die Eltern soweit zu stärken, dass sie wieder selbst für ihre Kinder sorgen können. Doch bis dahin gibt es oft einen langen Weg zu bestreiten.

"Es erfordert viel Kraft und Mut von den Eltern zu uns zu kommen und mit uns zu arbeiten, schließlich haben sie auch eine Verletzung erfahren, weil die Kinder von ihnen weggekommen sind. Ich verstehe die Eltern da oft sehr gut". Also heißt es Vertrauen aufbauen, Scham nehmen, lernen, über Probleme zu sprechen. "Wichtig ist, zu vermitteln, dass wir ja ein gemeinsames Ziel verfolgen, nämlich, dass die Familie wieder zusammenleben kann", sagt Christina.

Zum Guten verändern

Doch auch unabhängig von einer möglichen Rückführung zu den Eltern, ist es für die Kinder eine enorme Entlastung zu wissen, es gibt da jemanden, der sich um Mama und Papa kümmert. Und allein dafür, hat sich der Wandel schon ausgezahlt.

Viel Holz, viel Grün und keine Autos

Das SOS-Kinderdorf Altmünster wird neu gebaut

 

67 Jahre Familienleben mit 1.150 Kindern ist die bisherige erfolgreiche Bilanz. Jetzt ist es Zeit zu renovieren. Die Häuser im SOS-Kinderdorf Altmünster entsprechen nicht mehr den aktuellen pädagogischen und ökologischen Standards. Um auch kommenden Kindergenerationen ein liebevolles Zuhause ermöglichen zu können, müssen die meisten Gebäude in der dreijährigen Bauzeit erneuert werden.

1. Bauphase: Juni 2022 bis August 2023

  • 3 neue Doppelhäuser für 6 SOS-Kinderdorf Familien (30 Kinder)
  • 1 Haus für eine sozialpädagogische Wohngruppe (8-9 Kinder und Jugendliche)
  • 3 Gebäude für Eltern-Kind-Wohnen

2. Bauphase: September 2023 bis August 2024

  • 1 Neubau für Schüler*innen-Wohnen (12 Kinder)
  • 1 Neubau für ein Therapie- und Freizeithaus
  • 1 Neubau mit Platz für traumapädagogische Individualbetreuung
  • 1 FamilienRAThaus für Verwaltung, Beratung, Supervision, Bewegungsraum, zentrales Heizungsnetz: Photovoltaikanlage und Pelletsheizung für das gesamte Dorf

Im neuen SOS-Kinderdorf Altmünster können bis zu 100 Kinder, Jugendliche und ihre Eltern begleitet werden.

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