SOS-Kinderdörfer in Tansania
In der Vereinigten Republik Tansania ("Jamhuri ya Muungano wa Tanzania") gibt es derzeit vier SOS-Kinderdörfer. Die Arbeit der Organisation in Tansania begann im Jahr 1984, als der frühere Präsident der Insel Sansibar Ali Hassan Mwinyi sich mit der Bitte an Hermann Gmeiner wandte, in seinem Land ein SOS-Kinderdorf zu errichten. Im Jahr 1991 konnten die ersten Kinder zu den neuen Familien ziehen.
Die meisten Menschen leben von der Landwirtschaft
Die Vereinigte Republik Tansania liegt in Ostafrika. Die 26 Regionen Tansanias umfassen auch die Gebiete der Autonomen Region Sansibar. Im späten 19. Jahrhundert wurde Tansania durch das deutsche Kaiserreich erobert. Gemeinsam mit Ruanda und Burundi zählte es zum damaligen Deutsch-Ostafrika.
Der Tourismus spielt im heutigen Tansania eine zunehmend bedeutende Rolle. Dennoch basiert die Wirtschaft des Landes hauptsächlich auf dem Agrarsektor, in dem über 80 Prozent der Erwerbstätigen beschäftigt sind. Die Bevölkerung des Landes umfasst 49 Millionen Menschen, die Hauptstadt ist Dodoma. Die offizielle und am weitesten verbreitete Sprache ist Suaheli.
Weit verbreite Armut stellt anhaltendes Problem dar
Der UN-Development Report zeigt, dass Tansania erste Schritte zur Verbesserung der menschlichen Entwicklung erzielt hat; das Land liegt derzeit auf Platz 152 von 187 Ländern auf dem Human Development Index. Dennoch gehört Tansania nach wie von zu den ärmsten Ländern der Welt. Über 28 Prozent der Bevölkerung des Landes lebt in Armut. Obwohl das Wirtschaftswachstum eine der höchsten Raten in Schwarzafrika aufweist, fristen Millionen von Tansaniern ein Dasein auf den untersten Stufen der sozioökonomischen Leiter.
Nur ein kleiner Teil der Bevölkerung konnte bisher vom jüngsten Aufschwung des Landes profitieren. Das Wachstum ist weder ausreichend noch gleichmäßig genug verteilt, um das hohe Armutsniveau in Tansania effektiv zu bekämpfen. Vor allem in den ländlichen Gebieten ist die Armut ein weit verbreitetes und akutes Problem. Familien in den ariden oder semi-ariden Regionen sind jeden Tag unvorstellbar harten Bedingungen ausgesetzt. 35 Prozent der Menschen sind chronisch unterernährt. In den ländlichen Gebieten ist diese Zahl sogar noch höher. Tausende von Menschen leben in Lehmhütten, in denen ein geregelter Zugang zu sauberem Trinkwasser eine reine Wunschvorstellung ist.
In Afrika lebt nur ein Zehntel der Weltbevölkerung, aber 90 Prozent aller neuen HIV-Infektionen werden auf diesem Kontinent registriert. Tansania hat eine vergleichsweise hohe HIV-Prävalenzrate von 5,6 Prozent. Circa 1 400 000 Tansanier sind mit HIV/AIDS infiziert, darunter sind 250 000 Kinder unter 14 Jahren. Die HIV/AIDS-Pandemie stellt somit eins der größten Probleme der öffentlichen Gesundheit dar und bremst in hohem Maße die sozioökonomische Entwicklung des Landes.
Durch die Krankheit ist die Ernährungssicherheit Tausender von Familien, vor allem in den ländlichen Gebieten, gefährdet. Wenn das Familienoberhaupt erkrankt, müssen die anderen Familienmitglieder – häufig kleine Kinder – arbeiten, um zum Überleben ihrer Familie beizutragen. Die Analphabetenquote ist vor allem in den ländlichen Regionen, in denen es häufig gar keine oder nur wenige Schulen gibt, insgesamt hoch und bei Frauen noch höher als bei Männern. Insgesamt können fast 30 Prozent der Tansanier weder lesen noch schreiben.
Kinder brauchen Schutz
Mit 38 pro 1.000 Lebendgeburten ist die Kindersterblichkeitsrate in Tansania relative hoch. Die meisten Kinder sterben an HIV/AIDS, Malaria, Durchfallerkrankungen, Lungenentzündung, Unterernährung oder den Folgen eines zu niedrigen Geburtsgewichts. Nur etwa die Hälfte aller Geburten werden durch ausgebildetes medizinisches Personal betreut. In Tansania leben schätzungsweise 1 300 000 Aidswaise, die ein oder beide Elternteile an HIV/AIDS verloren haben. Aufgrund von AIDS ist die Zahl der kindergeführten Haushalte in den letzten Jahren deutlich gestiegen.
Das Aufwachsen ohne Eltern oder in einer zerrütteten familiären Umgebung hat oft gravierende Auswirkungen auf die geistige und körperliche Entwicklung eines Kindes. Viele Waisenkinder leiden an Vernachlässigung und Diskriminierung. Kinder, die ohne elterliche Fürsorge aufwachsen, besuchen nur selten eine Schule.
Die Einschulungsquote ist in Tansania in den letzten Jahren leicht gestiegen. Dennoch sind die staatlichen Finanzmittel für Grund- und Sekundarbildung im Vergleich zu vielen anderen Ländern der Region recht gering.
Da die Bildung häufig als Schlüsselfaktor für die spätere wirtschaftliche Unabhängigkeit eines Kindes erachtet wird, hat die tansanische Regierung die Erhöhung der Einschulungsquote und der Schulbesuchsrate zu einer nationalen Priorität erklärt. Aufgrund von finanziellen Notlagen sind die Schulabbrecherquoten häufig sehr hoch. Viele Kinder müssen parallel zum Schulbesuch arbeiten, um zum Haushaltseinkommen ihrer Familien beizutragen.
SOS-Kinderdorf in Tansania
Derzeit gibt es in Tansania vier SOS-Kinderdorfprogramme mit SOS-Jugendeinrichtungen, eine Reihe von SOS-Kindergärten, SOS-Hermann-Gmeiner-Schulen, SOS-Sozialzentren und SOS-medizinische Zentren. In Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden betreibt unsere Organisation auch Familienstärkungsprogramme, um Familien in die Lage zu versetzen, effektiv für ihre Kinder zu sorgen. Die Art unserer Unterstützung richtet sich nach den lokalen Bedürfnissen und umfasst Nahrungsmittelpakete, eine berufliche Grundausbildung, Projekte zur Einkommensförderung sowie Rechtbeistand und Rechtshilfe. Wenn Kinder nicht länger bei ihren Familien bleiben können, werden sie von SOS-Müttern in einer der SOS-Familien betreut.