Als ich 16 Jahre alt war, habe ich angefangen, Poetry-Slam zu machen. Ich bin zu offenen Bühnen gegangen, habe dort meine Texte vorgetragen, und es gab tatsächlich ein Publikum, das mir zugehört hat. Die Poetry-Slam-Szene in Österreich war damals noch überschaubar und so wurde man schnell auch in andere Funktionen gebracht. So kam es also, dass ich schon zu meiner Schulzeit angefangen habe, in andere Schulen zu gehen und dort Workshops zum Schreiben zu geben. Dazu musste ich manchmal selbst Schule schwänzen – das fand ich immer ironisch.
Was ich in all diesen Jahren gelernt habe, ist natürlich, dass ich das Golden Ticket gezogen habe, wenn ich an Schulen gehe und dort kreatives Schreiben näherbringe. Ich kann niemanden benoten. Wenn jemand in Rechtschreibung nicht so gut ist, ist es mir völlig egal. Weil die Texte ja für den Vortrag bestimmt sind und ich daher keinen „das-dass“-Fehler sehen kann. Und außerdem lerne ich von den Schüler*innen extrem viel.
Was ich auch gelernt habe: Manches Lehrpersonal ist wirklich anstrengend. Und manchmal bitte ich sie dann auch, beim Workshop nicht dabei zu sein. Ich reagiere nämlich allergisch darauf, wenn mir im Vorfeld Lehrende erklären, dass es Leute in der Klasse gibt, die nicht gut in der Schule sind, die Radau machen oder die „leider sehr uninteressiert sind“. Da wird so eine komische Vorverurteilung gemacht, die mich nicht interessiert, da mach’ ich mir lieber selbst einen Eindruck.
Und dann sind es meistens die Jugendlichen, die am Anfang sagen, sie könnten nicht schreiben, wüssten nicht, was sie erzählen wollen, die dann als Erste vortragen wollen.
Warum das so ist? Dafür habe ich keine Erklärung, aber eine Vermutung. Ich bemühe mich immer, allen Menschen gleich respektvoll zu begegnen. Da sind mir dann das Alter, die Herkunft, die Sprache auch komplett egal. Und ich glaube, dass gerade die Schüler*innen, die sonst immer so behandelt werden, als könnten sie nur wenig, merken, dass sie doch etwas können. Weil ich ihnen allen sage: Ihr könnt das. Und es ärgert mich zu sehen, dass manche Lehrer*innen nicht checken, wie viel sie in ihren Schüler*innen auslösen, wenn sie mal einen schlechten Tag haben, irgendetwas in den falschen Hals bekommen und dann diese Schüler*innen vorverurteilen.
Ja, kann sein, ich habe auch mal einen Fünfer in Deutsch geschrieben, und heute bin ich Autorin. Wegen einer schlechten Note, wegen einer Phase, in der man nicht so gut aufpasst im Unterricht, wegen eines Fachs, in dem man nicht so gut ist, sollte man nicht komplett verurteilt werden. Menschen verändern sich immer, und gerade in der Schulzeit gilt das noch mal doppelt.