Das Magazin von SOS-Kinderdorf

Zeitreise zu
unbeschwerten Momenten

Machen Sie ein kurzes Experiment, bevor Sie weiterlesen: Schließen Sie die Augen und denken Sie an die schönsten, aufregendsten, unbeschwertesten Momente Ihrer Kindheit. Wo waren Sie und mit wem? Welche Erinnerungen aus den ersten Lebensjahren haben sich besonders eingeprägt?



SALTO hat prominente Menschen aus Kultur, Sport und Gesellschaft gebeten, ihre Fotoalben zu öffnen und uns einen Einblick in ihre Kindheitserinnerungen zu gewähren. Die Antworten sind überraschend, lustig und berührend.

# Mari Lang, 39, Sportmoderatorin

"Im Paradies kann es nicht schöner sein"
Nachdem meine Eltern beide berufstätig waren, habe ich die Sommermonate meistens bei meinen Großeltern in Ungarn verbracht – in einem kleinen Ferienhaus mit riesigem Garten. Zwischen Apfel- und Marillenbäumen, Haselnusssträuchern und Weinreben habe ich verstecken gespielt und in der Erde nach Würmern gesucht. Ich bin auf Bäume geklettert und habe, wenn es regnete, auf der unbefestigten Straße vor dem Haus Dämme gebaut. Das waren definitiv die unbeschwertesten Momente meiner Kindheit, und ich denke, im Paradies kann es nicht schöner sein! (Foto: Martina Lang)

# Alexander van der Bellen, 75, Bundespräsident

"Mein Meer war damals der Bach, der durch das Dorf geflossen ist"
Das Dorf im Kaunertal war in den frühen Jahren meiner Kindheit meine Welt. Genau genommen war sogar nur ein Teil des Dorfes meine Welt. Die Armut damals ist mir erst aus der Distanz und als Erwachsener bewusst geworden: Die unbeheizbaren Steinhäuser, Kühe, die den Pflug ziehen. Für mich überwiegen immer die schönen Erinnerungen. Heute machen viele Kinder Urlaub am Meer. Mein Meer war damals der Bach, der noch unreguliert durch das Dorf geflossen ist. An einem Nebenarm konnten wir im Sand spielen und haben Straßen und Burgen gebaut. Am späteren Nachmittag aber verschwanden unsere prachtvollen Bauwerke wieder. Das mit der Sonne ansteigende Gletscherwasser spülte sie weg. Das waren unsere Gezeiten, unsere Ebbe und unsere Flut. Meine Eltern waren ins Kaunertal nach Tirol geflüchtet. Der Bub einer Flüchtlingsfamilie zu sein, war kein Stigma. Wir waren einfach da, wir haben mit den anderen gelebt, wir Kinder haben mit den anderen Kindern gespielt. Und es war gut so. (Foto: Peter Lechner)

# David Schalko, 46, Regisseur und Autor

"Das Auto roch nach Filterkaffee und Zigaretten"
In den unbeschwerten Momenten meiner Kindheit spielte ich im Garten meiner Großeltern zwischen den Wäschestangen Fußball oder brockte Ribiseln. Auf dem Bauernhof meiner anderen Großeltern gab es Katzen, Schäferhunde, Kühe und Truthähne, die irgendwann begriffen, dass sie größer waren als ich – und so verfolgte nicht ich sie, sondern sie mich. Die Strickerei meines Großvaters hatte am Wochenende geschlossen. Da ver wandelte sie sich in eine große Raumstation. Die Gegend um unser Wohnhaus wurde montags von der Bensdorp-Fabrik in eine Schokoladegeruchswolke gehüllt. Und wenn wir einmal jährlich nach Italien aufbrachen, roch das Auto nach Filterkaffee und Zigaretten. (Foto: Ingo Pertramer)

# Monika Helfer, 71, Schriftstellerin

"Hauptsache Mama"
Es war, als unsere kranke Mama tagelang im Bett lag, und meine Schwester und ich zu ihr unter die warme Decke kriechen durften, wir uns an sie schmiegten und sie uns aus ihrem Buch vorlas. Das war eine Geschichte von Selma Lagerlöf, die wir nicht verstanden, aber darum ging es nicht. Hauptsache: Mama. Sie liebte den Geruch von verbrannten Tannennadeln und manchmal brachte ich ihr ein Zweiglein. Wir trockneten es und dann zündeten wir es in einem Kochgeschirr an. Als die Flamme verloschen war, sagte die Mama: „Das ist der beste Geruch, den es auf der ganzen Welt gibt. Den nehme ich mit.“ Wieder wussten wir nicht, was sie meinte. Bald darauf war sie tot. (Foto: Monika Helfer)

# Johannes Gutmann, 53, Gründer von "Sonnentor"

"Schnell war mir klar: Ich möchte auch ein 'Budelhupfer' werden"
Als Kind waren meine liebsten Orte im Dorf die Häuser meiner Spielkameraden und der Greißler. Fast jeden Tag schaute ich nach der Schule vorbei. Für ein paar Groschen deckte ich mich mit Süßigkeiten ein. Der Greißler war nicht fad, er wusste zu allem und jedem eine Geschichte. Ich lauschte stets gespannt. Schnell war mir klar: Ich möchte auch ein „Budelhupfer“ (Verkäufer) werden. Bis heute wurde aus mir zwar kein Greißler – aber jedes unserer Geschäfte ziert eine echte "Budel". (Foto: Sonnentor)

# Ali Mahlodji, 37, Unternehmer

"Solange bedingungslose Liebe da war, war alles gut"
Denke ich an meine Kindheit und in welchen Augenblicken ich mit der Welt eins war, dann waren das die Augenblicke, in denen meine Eltern und ich uns eine gemeinsame Traumwelt bastelten. Sei es mit meinem Vater, mit dem ich Lego spielte, oder mit meiner Mutter, wenn sie mir Geschichten aus dem Iran erzählte. Meine Kindheit hatte viele unbeschwerte Momente, auch wenn die Verzweiflung meiner Eltern über unsere Zukunft im Raum schwebte. Solange bedingungslose Liebe da war, war alles gut. (Foto: Christoph Steinbauer)

# Maurice Ernst, 30, Sänger von "Bilderbuch"

"Am helllichten Tag in der finsteren, leeren Disco hinter das DJ-Pult klettern"
Kindheit waren die, in denen ich am helllichten Tag in der finsteren, leeren Disco meiner Eltern hinter das DJ-Pult kletterte. Dort habe ich stundenlang laut Musik gespielt, am Lichtpult gedreht und mir dabei vorgestellt, die Tanzfläche sei brechend voll und ich müsste die Menge entertainen. Leute mit Musik und Licht zu bewegen, hat mich fasziniert. Wahrscheinlich ist mir dieses Gefühl bis heute geblieben, wenn ich Musik höre oder spiele. (Foto: Hendrik Schneider)

# Lotte Tobisch, 93, Schauspielerin und Autorin

"Man konnte sich auch über jede Kleinigkeit freuen"
Meine Kindheit war alles andere als unbeschwert. Damals war Krieg und wir waren eine bekannte Anti-Nazi-Familie. Wir hatten also ständig Angst, dass etwas passiert. Man war der Willkür ausgesetzt und den Bomben. Man konnte sich aber auch über jede Kleinigkeit freuen. Das ist vielleicht der größte Unterschied zur heutigen Zeit. Wir Kinder haben uns über jeden Schmarrn gefreut, über jede kleine Gabe, über jedes liebe Wort, über jede Anerkennung. Dankbarkeit und Freude sind Dinge, die heute völlig in den Hintergrund geraten sind. Es geht ja nur noch ums Spaß haben – und das ist etwas ganz anderes. Freude ist etwas, das glücklich macht, Spaß vertreibt die Zeit. (Foto: Michael Fritthum)

# Madeleine Daria Alizadeh ("dariadaria"), 29, Influencerin

"Die schönen Momente waren die Ausflüge ins Zuckerlgeschäft oder ins Kino"
Denke ich an meine Kindheit und in welchen Augenblicken ich mit der Welt eins war, dann waren das die Augenblicke, in denen meine Eltern und ich uns eine gemeinsame Traumwelt bastelten. Sei es mit meinem Vater, mit dem ich Lego spielte, oder mit meiner Mutter, wenn sie mir Geschichten aus dem Iran erzählte. Meine Kindheit hatte viele unbeschwerte Momente, auch wenn die Verzweiflung meiner Eltern über unsere Zukunft im Raum schwebte. Solange bedingungslose Liebe da war, war alles gut. (Foto: Maximilian Salzer)

# Manuel Rubey, 40, Schauspieler

"Entweder war ich verkleidet oder angemalt"
Es gibt kaum ein Foto aus meiner Kindheit, auf dem ich nicht entweder verkleidet oder angemalt bin. Ich liebte das. Wahrscheinlich wurde hier auch schon der Berufswunsch zementiert. Im Wohnzimmer stand eine große, alte Kiste, die bis oben hin befüllt war mit Tüchern, Hüten und diversen Umhängen. Wenn es eine Unbeschwertheit gab, dann jene, dass ich mich ganz lange nicht entscheiden musste, wer ich sein will. Dafür bin ich meinen Eltern dankbar. (Foto: Manfred Baumann)

# Thomas Geierspichler, 43, Sportler

"Wir waren keine Asphaltkinder"
Ich musste viel am Bauernhof meiner Eltern mithelfen, deshalb war meine Kindheit nur bedingt unbeschwert. So etwas wie Sommerferien kannten wir nicht, wir hatten jeden Tag viel zu tun: Kühe füttern, Stall ausmisten, Heu vom Heuboden herunterräumen. Es war gleichzeitig ein Privileg, am Land aufzuwachsen. Wir waren keine Asphaltkinder, wir waren jede freie Minute in der Natur. Ich erinnere mich an das Gefühl, barfuß herumzulaufen, das haben wir schon im April gemacht. Und ich erinnere mich daran, kalte Milch aus einer großen Milchkanne zu schöpfen. (Foto: Petra Dissertori)

# Elisabeth Oberzaucher, 45, Verhaltensbiologin und "Science Buster"

"Gemeinsam Abenteuer erleben"
An meiner Kindheit habe ich besonders die Freiheit genossen – Spielen im Garten und im Wald, Schifahren mit den Nachbarskindern, ganz ohne dass wir an der kurzen Leine gewesen wären. Natürlich hatte immer jemand ein Auge auf uns, aber wir haben es nicht gemerkt. Wir waren eine bunte Truppe, Buben und Mädchen unterschiedlichen Alters, die gemeinsam Abenteuer erlebt haben. Die Nähe zur Natur war auch eine tolle Stimulation meines Interesses an der Biologie, das ich dann vertieft habe. (Foto: Klaus Pichler)

# Robert Steiner, 50, Moderator & Unternehmer

"Wenn es heiß war, sind wir einfach in den See gesprungen"
wunderschönen Attersee in Oberösterreich aufgewachsen. Mit den befreundeten Nachbarskindern bin ich am liebsten durch die Felder gestreunt. Wir haben Scheunen für uns entdeckt, und wenn es heiß war, sind wir einfach in den See gesprungen. (Foto: Steiner Familyentertainmen)

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