Hermann Gmeiner

SOS-Kinderdorf-Gründer Hermann Gmeiner hätte am 23. Juni 2019 seinen 100. Geburtstag gefeiert. Als Sohn einer Bergbauernfamilie in Alberschwende im Bregenzerwald geboren, wurde Hermann Gmeiner durch sein Lebenswerk zu einem der bekanntesten Vorarlberger und Österreicher in der Welt.

Das Bild Hermann Gmeiners wird in der aktuellen Aufarbeitung kritisch neu eingeordnet!

SOS-Kinderdorf stellt sich bewusst gegen eine idealisierte Gründungserzählung. Maßstab ist der Kinderschutz – nicht die Legende. Zwischen 2013 und 2023 wurden im Rahmen des unabhängigen Opferschutzverfahrens acht Meldungen eingereicht, die im Zusammenhang mit Hermann Gmeiner und der frühen Aufbauzeit von SOS-Kinderdorf stehen. Die geschilderten Vorfälle betreffen vier Bundesländer in Österreich und reichen in die 1950er- bis 1980er-Jahre zurück.

Das Opferschutzverfahren dient der Anerkennung des erlittenen Leids ehemaliger Betreuter – es ist kein strafrechtliches Verfahren und kein Beweis im juristischen Sinn, sondern ein Verfahren, das auf Glaubwürdigkeit und Plausibilität der Schilderungen beruht. Alle Unterlagen wurden der unabhängigen Reformkommission zur weiteren Prüfung übergeben.

In der Aufarbeitung wird Hermann Gmeiners Rolle und Verantwortung umfassend beleuchtet – mit dem Ziel, seine Person und sein Wirken vollständig und im historischen Kontext zu betrachten. Das ist die Grundlage für eine glaubwürdige Kinderschutzorganisation von heute. Die Idee SOS-Kinderdorf, Kindern, Jugendlichen und Familien weltweit ein sicheres Zuhause zu geben, bleibt bedeutend – sie entbindet aber niemanden von Verantwortung.

Mehr zur Reform und den nächsten Schritten

Biographie

Hermann Gmeiner wurde am 23. Juni 1919 als fünftes von neun Kindern einer Bauernfamilie geboren. Seine Mutter starb, als er fünf war. Von da an sorgte seine älteste Schwester Elsa für die Kinder und lebte ihm vor, was später zum Kern seiner SOS-Kinderdorf-Idee wurde: die SOS-Kinderdorf-Mutter als eines der vier ursprünglichen SOS-Kinderdorf-Prinzipien ("Mutter, Geschwister, Haus, Dorf"). Kinder, die nicht bei den Eltern aufwachsen konnten, sollten im SOS-Kinderdorf ein neues Zuhause bekommen, wo sie mit einer Mutter und Geschwistern in einer Familie und im Schutz der Dorfgemeinschaft aufwuchsen.

Der Beginn: ein starkes Team

Die ersten Ideen und Visionen, etwas gegen die Not vieler Kinder im Nachkriegstirol zu tun, wälzte eine Gruppe junger Frauen und Männer rund um den Medizinstudenten Hermann Gmeiner bereits 1946/47. Gmeiner steht als Leitfigur und Gründer bis heute im Mittelpunkt, umsetzen konnte er die Idee aber nur mit Unterstützung eines starken Teams: Es waren die Studienkollegen Josef Jestl, Ludwig Kögl, Herbert Pfanner und Franz Müller sowie Maria Hofer, Herta Troger, Hedwig Weingartner und Helene Didl, die als Aktivistinnen und starke Frauen maßgeblich an der Gründung und Entwicklung mitgewirkt hatten. (Mehr zu den Pionierinnen)

Von der Vision zur Tat

Nach vielen langen, leidenschaftlichen Diskussionen und dem Schmieden von Plänen folgte am 25. April 1949 die Gründungsversammlung des Vereins Societas Socialis in Innsbruck, "um der drohenden Gefahr, die in der Schutzlosigkeit vieler Kinder liegt, mit einer konkreten Tat entgegenzutreten". Aus den anfangs breit angelegten Zielen des Vereins entstand bald die Idee für das erste SOS-Kinderdorf. Imst war die einzige von zehn Gemeinden, die auf ein Schreiben reagierte und ein Grundstück günstig zur Verfügung stellte. Für den Start hatte Gmeiner selbst nur 600 Schilling zur Verfügung. Die wirkliche Basis stellte Maria Hofer mit dem Erlös eines Erbgrundstückes im Wert von rund 40.000 Schilling. Damit konnte Gmeiner den Grund kaufen und erste Spendenaufrufe und Werbeaktivitäten planen und finanzieren.

"Gutes tun ist leicht, wenn viele helfen!"

Weil er von der öffentlichen Hand keine Mittel erhielt, wandte sich Gmeiner direkt an die Bevölkerung und bat die Menschen um einen Schilling im Monat. Mit seiner Persönlichkeit und Fähigkeit, Menschen zu begeistern, war er sehr erfolgreich. In vielen persönlichen Gesprächen, mit Flugblättern, Infobroschüren und ersten größeren Spendenaufrufen brachten die SOS-Kinderdorf-Pioniere/innen ihre Botschaft unter die Leute und erhielten die Mittel zum Bau des ersten SOS-Kinderdorfes in Imst.

Innerhalb weniger Monate stand der Rohbau für das erste Haus ("Frieden"), am 2. Dezember 1949 fand die Firstfeier statt, und noch am selben Tag erfolgte der Spatenstich für den Bau von vier weiteren Häusern. Am 28. Mai 1950 wurde die "Societas Socialis" bei der Generalversammlung in den Verein "SOS-Kinderdorf" übergeführt und 1951 die ersten 40 Kriegswaisen im ersten SOS-Kinderdorf aufgenommen. 1952 betreuten sieben SOS-Kinderdorf-Mütter knapp 70 Kinder. Zwei Jahre später waren es mit 130 fast doppelt so viele.

Und heute, 70 Jahre nach der Gründung?

SOS-Kinderdorf Österreich begleitet heute Kinder und Jugendliche in professionellen Betreuungssettings mit qualifizierten Fachkräften, modernen pädagogischen Standards und verbindlichen Kinderschutz- und Compliance-Strukturen. Zugleich arbeitet SOS-Kinderdorf historische Fälle lückenlos auf und setzt den Neustart der Organisation konsequent um.

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