Fragen zu Kommissionsberichten
ISC (International) und ICC (Österreich)
Im Mai 2021 hat SOS-Kinderdorf Vorwürfe von schwerwiegenden Kinderschutzverletzungen, pädagogischem Fehlverhalten und auch Misswirtschaft in mehreren Länderorganisationen öffentlich gemacht und eine externe Kommission (ICC) rund um Waltraud Klasnic damit beauftragt, diese Vorwürfe genau zu untersuchen und Handlungsempfehlungen für die gesamte Organisation abzuleiten.
Zeitnah wurde von der Dachorganisation SOS-Kinderdorf International mit der Independent Special Commission (ISC) eine eigene Kommission beauftragt. Beide Kommissionen halten in ihren Abschlussberichten ihre Ergebnisse und Möglichkeiten zur Weiterentwicklung des Kinderschutzes bei SOS-Kinderdorf fest und sprechen dazu Empfehlungen aus.
Die Abschlussberichte sind hier veröffentlicht.
Eine mehr als 900 Seiten umfassende Langversion des ISC Abschlussberichts wurde nicht veröffentlicht. Die Geschäftsführung von SOS-Kinderdorf Österreich hat am 14. November ein formelles Ansuchen an SOS-Kinderdorf International gestellt und verfügt seit 18.11.25 über einen geregelten Lesezugang zur 991 Seiten umfassenden Langfassung des ISC Berichts. SOS-Kinderdorf International hat die Langfassung des Berichts am 19.11.25 der Staatsanwaltschaft Wien übermittelt.
Anlass und Auftraggeber:
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ISC: Eine föderale Untersuchungskommission auf internationaler Ebene, eingesetzt von SOS-Kinderdorf International.
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ICC: Eine von SOS-Kinderdorf Österreich (KDÖ) beauftragte unabhängige Kommission unter dem Vorsitz von Waltraud Klasnic.
Fokus und Schwerpunkte:
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ISC: Untersuchung der gesamten Föderation, ihrer Strukturen und internationalen Kontexte.
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ICC: Arbeit im Auftrag von KDÖ, Untersuchung internationaler Fälle, jedoch mit Schwerpunkt auf den Konsequenzen, Verantwortlichkeiten und Zuständigkeiten von SOS-Kinderdorf Österreich.
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ISC: Einsetzung durch den Internationalen Senat im Mai 2021; Tätigkeit von Oktober 2021 bis Juni 2023; Veröffentlichung des Abschlussberichts am 7. Juni 2023.
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ICC: Tätigkeit von Juni 2021 bis September 2022; laufende Vierteljahresberichte; Endbericht mit Empfehlungen und Veröffentlichung des Final Reports 2023.
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ISC: Föderale Untersuchung zu internationalen Kinderschutz- und Strukturthemen; formulierte Empfehlungen für weitere Prüfungen und notwendige Reformen innerhalb der Föderation.
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ICC: Untersuchung im Auftrag von SOS-Kinderdorf Österreich auf Basis der Berichte „A duty to act“ und des Independent Child Safeguarding Review Global Report (https://www.sos-childrensvillages.org/publications/icsr-global-report) sowie zusätzlicher direkt eingegangener Hinweise; Ergebnis waren konkrete Maßnahmenvorschläge und Empfehlungen für SOS-Kinderdorf Österreich.
Nein. SOS-Kinderdorf Österreich hat die Langfassung des ISC-Berichts mit 991 Seiten nicht vorliegen. Wir hatten lediglich zeitlich begrenzte Einsicht in ausgewählte, für den sogenannten Spenderfall relevante Auszüge.
Um die Verantwortung bestmöglich wahrnehmen zu können, hat die Geschäftsführung von SOS-Kinderdorf Österreich am Freitag, 14.11.2025 bei SOS Children’s Villages International ein formelles Ansuchen eingebracht, um Einsicht in die Langfassung des ISC-Berichts zu erhalten. Sofern uns die Langfassung zugänglich gemacht wird und dies rechtlich zulässig ist, werden wir eine rechtliche Prüfung vornehmen und mit den zuständigen Staatsanwaltschaften eng kooperieren.
Der ISC-Bericht in der Langfassung wurde 2023 dem damaligen International Senate von SOS-Kinderdorf International, heute International Board, zur Verfügung gestellt. In diesem Gremium hatte auch der österreichische Senator einen zeitlich befristeten Lesezugang. Am 14.11. hat die Geschäftsführung von SOS-Kinderdorf Österreich bei SOS Kinderdorf International ein formelles Ansuchen auf Einsicht in die vollständige Langfassung eingebracht; auf dieser Grundlage haben nun die Geschäftsführung und eine externe Rechtsvertretung seit 18.11.25 einen geregelten Lesezugang.
Unsere Rechtsvertretung wird den vollständigen Bericht auswerten, die rechtlichen Implikationen prüfen und sicherstellen, dass alle für Österreich relevanten Inhalte den zuständigen Staatsanwaltschaften zur Verfügung gestellt werden.
Die Entscheidung über den Umgang mit dem ISC-Bericht lag bei SOS-Kinderdorf International als Auftraggeberin der Untersuchung. SOS-Kinderdorf International hat die Langfassung des Berichts am 19.11.25 der Staatsanwaltschaft Wien übermittelt. SOS-Kinderdorf Österreich wird den vollständigen Bericht nun ebenfalls auswerten, die rechtlichen Implikationen prüfen und sicherstellen, dass alle für Österreich relevanten Inhalte den zuständigen Staatsanwaltschaften zur Verfügung gestellt werden. Bereits vorliegende Unterlagen, darunter der 262-seitige ISC-Bericht, wurden der Staatsanwaltschaft Innsbruck bereits übermittelt. Wir haben umfassende Kooperation zugesichert.
Die Aufarbeitung erfolgt auf zwei Ebenen: Die unabhängige Reformkommission untersucht, wer innerhalb von SOS-Kinderdorf welche Informationen wann hatte, welche Schritte gesetzt oder unterlassen wurden und ob institutionelle Pflichten verletzt wurden. Parallel dazu prüfen die zuständigen Staatsanwaltschaften die strafrechtliche Relevanz der vorliegenden Berichte und Unterlagen. Wir unterstützen beide Ebenen der Aufklärung uneingeschränkt.
Im ISC-Abschlussbericht wird der Begriff „human trafficking“ einmal genannt (Seite 229, Abschlussbericht der ISC | SOS-Kinderdörfer weltweit), verbunden mit der Empfehlung, Hinweise vertiefend zu prüfen. Im ICC-Abschlussbericht kommt der Begriff nicht vor.
KDÖ ist dem Hinweis aus dem ISC nachgegangen und hat 2024 eine vertiefte rechtliche Prüfung veranlasst. Aus den damals vorliegenden Informationen ergaben sich für KDÖ keine Verdachtsmomente für Menschenhandel oder Geldwäsche. Nur objektiv überprüfbare Tatsachen können strafrechtliche Relevanz begründen. Über das Vorliegen eines Anfangsverdachts entscheiden die Strafverfolgungsbehörden.