­SOS-Lebenswege

Ein bisschen Glück zurückgeben

Klaus Grimm ist im SOS-Kinderdorf in Moosburg aufgewachsen. Das hat ihn davor bewahrt, auf die schiefe Bahn zu geraten. Heute möchte er selbst jene unterstützen, die Hilfe brauchen.

 

Es ist ein sonniger, heißer Tag im SOS-Kinderdorf-Sommercamp in Caldonazzo. Kinder laufen vergnügt am Campingplatz umher, planschen im See oder gönnen sich eine kleine Pause in der Sonne am Strand. Klaus Grimm und seine Ehefrau Kristin sitzen im Schatten auf der Terrasse des Cafés vom SOS-Kinderdorf-Sommercamp. Gerade macht eine Gruppe von ukrainischen Kindern, die im SOS-Kinderdorf Imst untergebracht sind, hier Urlaub. Klaus Grimm und seine Frau Kristin sind als freiwillige Unterstützer*innen mitgefahren und bringen sich mit viel persönlichem Engagement in die Feriengestaltung ein.
 

Früher selbst im SOS-Kinderdorf aufgewachsen, möchte Klaus Grimm heute etwas Glück zurückgeben. 

 

„Gestern waren wir Pizza essen, das war phänomenal. Viele der Kinder haben zum ersten Mal in ihrem Leben in einem Restaurant gegessen. Ich denke immer an mich zurück, was wir früher gerne gemacht haben, das ist bei den Kindern heute auch nicht anders“, erzählt Klaus mit einem Lächeln in den Augen.

Aufwachsen im SOS-Kinderdorf

Klaus hat früher selbst jeden Sommer in Caldonazzo verbracht, neun Mal war er als Kind dort. „Es ist ein Paradies für Kinder, man lernt so viele Gleichaltrige aus unterschiedlichen Ländern kennen. Ich mochte am liebsten die Fußballmeisterschaften und natürlich die Mädchen“, Klaus grinst. Der heute 53-Jährige ist im SOS-Kinderdorf in Moosburg aufgewachsen. Er erinnert sich noch genau, wie er mit 6 Jahren vom Jugendamt aus seinem Hort in Linz abgeholt wurde. „Bis dahin bin ich bei meiner Mutter aufgewachsen. Sie war aber nie zuhause und hat uns sehr vernachlässigt. Ich musste mich häufig selbst um mein Essen kümmern und hab mich viel mit mir selber beschäftigt.“

Klaus als junger Bursche beim Kartenspielen. 

Klaus kommt damals in das SOS-Kinderdorf in Moosburg. Dort wächst er gemeinsam mit acht Kinderdorfgeschwistern bei seiner SOS-Kinderdorf-Mutter Anna auf. „Im ganzen Dorf lebten ungefähr 70 bis 80 Kinder im gleichen Alter zwischen 8 und 12 Jahren. Als Kind war das einmalig. Wir sind in die Schule gegangen und haben am Nachmittag Fußball gespielt. Man musste nur fünf bis zehn Meter nach rechts gehen und fragen, wer spielen möchte“, erzählt Klaus voller Begeisterung. „Ich bin auch heute noch mit vielen über Facebook in Kontakt. Wir schreiben uns regelmäßig und treffen uns ab und zu in Wien oder gehen mal wandern zusammen.“

„Ich wäre schnell auf die schiefe Bahn geraten“

Klaus geht in Moosburg zur Volkschule, wechselt dann auf das humanistische Gymnasium in Tanzenberg. Dort wohnt er im Internat, das Wochenende verbringt der damals 10-Jährige im SOS-Kinderdorf mit seinen Geschwistern. Im Alter von 16 bis 18 Jahren wohnt Klaus im Jugendhaus in Klagenfurt, arbeitet im Sommer fleißig in einer Molkerei und lernt für die Matura. „Dann hat das SOS-Kinderdorf mir geholfen meine erste Wohnung zu finden. Ich war im Bundesheer und habe im Jugendhaus trotzdem noch meine Wäsche waschen dürfen. Ich habe gewusst, egal wo ich bin, auf das Netzwerk vom SOS-Kinderdorf ist immer Verlass und ich bin nicht alleine“, erinnert sich Klaus zurück. „Nach meiner Matura hat das SOS-Kinderdorf mein Studium ‚Tourismusmanagement‘ in Krems ermöglicht und finanziert.“ Der heute 53-Jährige ist sich sicher, dass das SOS-Kinderdorf den Grundstein für sein Leben gelegt hat: „Eine Mitarbeiterin vom Jugendamt hat immer gesagt: ‚Klaus wird entweder ein Verbrecher oder ein intelligenter Geschäftsmann.‘ Ohne das SOS-Kinderdorf wäre ich bei meiner Mutter aufgewachsen. Ich wäre nicht in das Gymnasium gegangen und hätte nicht studiert. Ich wäre schnell auf die schiefe Bahn geraten. Ich bin sehr froh und dankbar, dort aufgewachsen zu sein.“

Von Moosburg in das Land der unbegrenzten Möglichkeiten

Statt auf die schiefe Bahn zu kommen, klettert Klaus Grimm die Karriereleiter schnurstracks nach oben. Seine Leistungen im Studium sind so gut, dass er nach Abschluss 1991 von einem Manager einer amerikanischen Hotelkette angeworben wird. Er beschließt mit 22 Jahren nach Idaho in den USA auszuwandern und arbeitet dort für ein Hotel. Es folgt eine lange Liste von Führungspositionen, unter anderem beim amerikanischen Telefonkonzern AT&T sowie dem Krankenversicherer Anthem. In die Selbstständigkeit zu gehen, war eine logische Konsequenz für den zielstrebigen Klaus. Heute besitzt er ein Franchise Unternehmen, zwei Marken und hat eine eigene Werbemittelagentur. Er lebt mit seiner Ehefrau Kristin und ihren beiden Söhnen, Matthew (24) und Owen (21), in Reno in Nevada.
 

Von Moosburg in die weite Welt. Heute lebt Klaus Grimm mit Frau Kristin und Familie in den USA.

 

Seiner Heimat und dem SOS-Kinderdorf ist der erfolgreiche Geschäftsmann aber noch immer verbunden. Mit der Familie reist er mindestens einmal im Jahr nach Österreich. „Ich verbinde mit dem SOS-Kinderdorf Kindheit - eine liebevolle Kindheit, die einen auf das Leben vorbereitet. Es hat mir das Werkzeug für eine positive Entwicklung gegeben, sodass ich als Erwachsener ein schönes Leben mit meiner Familie aufbauen konnte.“

„Ich will dem Leben etwas von meinem Glück zurückgeben, es war gut zu mir“

Über die Jahre hat Klaus Grimm das SOS-Kinderdorf immer wieder finanziell unterstützt. Seine Vergangenheit prägt ihn heute noch. „1975 war ich eines der Kinder, das auf die Hilfe von anderen angewiesen war. Heute haben wir alles was wir brauchen. Für Kristin und mich ist es selbstverständlich, dass wir jetzt etwas von unserem Glück zurückgeben wollen. Damit die Kinder eine Zukunftsperspektive haben, studieren können, Ärzt*innen werden können, wenn sie wollen. Durch unsere Unterstützung wollen wir den Kindern auch lernen, später selbst etwas zurückzugeben“, erzählt Klaus beim Kaffee in Caldonazzo. Insgesamt haben Klaus und Kristin Grimm rund 5000 Euro für die ukrainischen Kinder gespendet – davon wurden unter anderem Ausrüstung, Badekleidung und 35 Bücher zum Deutschlernen besorgt.

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