Nothilfe – 10.01.24

Über 50 Kinder ohne Eltern finden Zuflucht im SOS-Kinderdorf in Rafah

Die Eskalation des Konflikts in den palästinensischen Gebieten und Israel hat bereits zum Verlust unzähliger Leben geführt. Zahlreiche Kinder haben ihre Eltern verloren. Eine Partnerschaft mit UNICEF ermöglicht nun, dass bis zu 55 betroffene Kinder im SOS-Kinderdorf in Rafah Zuflucht finden.

SOS-Kinderdorf setzt sich weltweit, so auch in Israel und in palästinensischen Gebieten, für jedes Kind ein – unabhängig von Staatsangehörigkeit, Hautfarbe, Religion oder ethnischer Zugehörigkeit. Die Hilfsmaßnahmen von SOS-Kinderdorf gehen in der Region unvermindert weiter und werden weiter ausgebaut. Im SOS-Kinderdorf in Rafah (im südlichen Gazastreifen) werden derzeit 70 Kinder betreut. Durch eine Partnerschaft mit UNICEF werden nun zusätzlich über 50 Kinder, die ihre Eltern verloren haben, bis zu ein Jahr lang aufgenommen. „Wir erkennen unsere Verantwortung als Kinderrechtsorganisation an und werden unser Bestes tun, um Kinder, die ganz auf sich allein gestellt sind, zu unterstützen“, erklären Mitarbeitende von SOS-Kinderdorf in Rafah, die aus Sicherheitsgründen anonym bleiben möchten. „Erfahrene, ehemalige SOS-Kinderdorf-Mütter sowie zusätzlich notwendiges pädagogisches Personal werden für die neu aufgenommenen Kinder sorgen.“ Gerade in krisengeprägten Regionen sind Kinder, vor allem ohne elterliche Fürsorge, akut gefährdet. Laut einem Bericht von Euro-Med Human Rights Monitor wird die Zahl der Kinder, die einen oder beide Elternteile verloren haben, auf 24.000 bis 25.000 geschätzt. (Stand: Dezember 2023) 

 

Psychologische Hilfe für traumatisierte Kinder 

Die erste Gruppe von Kindern, die keine Eltern mehr haben, ist bereits eingetroffen. Einige der Kinder zeigen Anzeichen schwerwiegender emotionaler Traumata und erhalten psychologische Betreuung. Ein dreijähriges Mädchen wurde von UNICEF allein an einem Kontrollpunkt im Gazastreifen gefunden und ins SOS-Kinderdorf gebracht. "Eine erste Einschätzung deutet darauf hin, dass das Mädchen aufgrund ihrer Erlebnisse unter einem schweren psychologischen Trauma leidet, was in ihrem Fall 'selektiven Mutismus' zur Folge hat (Anmerkung: eine Angststörung, die sich auf das Sprechen auswirkt)", erklärt ein Psychologe des SOS-Kinderdorfes in Rafah. 

Ein neues Zuhause fand das Mädchen nun bei der SOS-Kinderdorf-Mutter Hanane*. Diese wurde gemeinsam mit ihren anderen betreuten Kindern gut auf die Ankunft vorbereitet, sodass sich alle in der neuen Situation wohl fühlen konnten.  

Traumatisierte Kinder erhalten im SOS-Kinderdorf in Rafah pädagogische und psychologische Betreuung. 

Trotz der schweren psychischen Belastung des Mädchens, begann sie bereits eine Woche nach ihrem Einzug mit ihrer Betreuerin Hanane und den anderen Kindern zu interagieren. Sie teilte ihr Spielzeug, und ging gemeinsam mit den anderen in den Hof, um zu spielen. Wir haben bemerkt, dass sie sich nun sicherer fühlt und schon besser mit den traumatischen Erlebnissen umgehen kann“, so die psychologische Fachkraft vor Ort. Die psychologische Unterstützung der Kinder ist stets auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt. 

 

Kritische Zustände: Hunger und Medikamentenmangel 

Das SOS-Kinderdorf liegt etwa 15 km von der Stadt Rafah entfernt in einem Dorf namens Deir Sultan im Süden des Gazastreifens. Kolleg*innen vor Ort tun aktuell alles, um Kinder, Jugendliche und Familien zu schützen. Die humanitäre Lage in der Region wird immer kritischer. Die Weltgesundheitsorganisation berichtet, dass 93 Prozent der Menschen in Gaza von einer Hungerkrise betroffen sind (Stand: Dezember 2023) - mit unzureichenden Nahrungsmitteln und einem hohen Maß an Unterernährung. Auch Wasser ist knapp. "Trinkwasser steht der Mehrheit nicht zur Verfügung. Viele sind auf Hilfe von Hilfsorganisationen angewiesen", so ein SOS-Kinderdorf-Mitarbeiter. Neben Nahrungsmittelknappheit gibt es auch Herausforderungen im Gesundheitswesen, da Medikamente fehlen und zahlreiche Gesundheitseinrichtungen nicht mehr funktionsfähig sind. „Große Krankenhäuser nehmen derzeit hauptsächlich verletzte Menschen auf. Manchmal wenden wir uns an eine Nachbarin – sie ist Krankenschwester –  wenn Kinder medizinische Behandlung benötigen.“  

Die Betreuer*innen versuchen in Zeiten der akuten Krise den Kindern ein Stück Normalität zurück zu geben.

Trotz der knappen Versorgung mit Lebensmitteln, Wasser, Medikamenten und Kochgasen nach fast drei Monaten Krieg konnte das SOS-Kinderdorf Mahlzeiten und Betreuung für die Kinder sicherstellen und Hunderten in der Gemeinschaft Unterstützung bieten. 

 

Nothilfe für Israel und palästinensische Gebiete geht weiter 

SOS-Kinderdorf ist in Israel und in den palästinensischen Gebieten seit Jahrzehnten tätig. Schon vor dem Ausbruch des Krieges unterstützen wir über 4.900 Kinder und deren Familien. Diese Hilfe wurde nun ausgebaut, damit in dieser furchtbaren Krise weitere Kinder und Familien unterstützt werden können. Zu den Nothilfe-Maßnahmen zählen: 

  • verstärkte Sicherheit und Grundversorgung 
  • psychologische Hilfe und Betreuung 
  • Advocacy für humanitären Zugang 
  • Bargeldhilfen 
  • Zugang zu Bildung 
  • Kinderschutz und Elternunterstützung sowie 
  • Maßnahmen zur Stärkung von Familien und zur Wiederherstellung von Lebensgrundlagen 

Weitere Informationen: Nothilfe Israel und palästinensische Gebiete

 

„Wir werden auch in der derzeitigen Situation unsere Arbeit fortsetzen und uns weiterhin um Kinder und Familien kümmern. Spenden aus Österreich sind nun dringend notwendig, um in Israel und in den palästinensischen Gebieten die erforderlichen humanitären Hilfen leisten zu können. Wir sind über jede Unterstützung dankbar.“
Christian Moser
Geschäftsführer SOS-Kinderdorf Österreich

 

 

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*Name wurde aus Sicherheitsgründen geändert.  

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