Nach 22 Jahren erfolgreicher Integrations- und Betreuungsarbeit für mehr als 1.000 Kinder und Jugendliche, die auf ihrer Flucht vor Krieg und Terror ohne Eltern in Österreich gestrandet sind, stand das SOS-Kinderdorf Clearing-house in Salzburg mit Ende Juni 2023 kurz vor der Schließung. Man konnte sich mit dem Land Salzburg nicht auf ein Finanzierungsmodell einigen, welches den hohen pädagogischen Standards von SOS-Kinderdorf Rechnung getragen hätte. SOS-Kinderdorf lässt die jungen Menschen aber nicht im Stich und entwickelt das österreichweite Leuchtturmprojekt nun ohne zusätzliche Finanzierung von Bund und Land weiter. Die Kinderrechtsorganisation spricht sich damit ein weiteres Mal entschieden gegen eine Ungleichbehandlung geflüchteter Kinder aus.
Ein Kind ist ein Kind, egal wo es geboren ist. Deshalb fordern wir, dass geflüchtete Kinder in Not ebenso kinderrechtskonform behandelt werden, wie österreichische Kinder.
„Die Situation des Clearing-house in Salzburg steht exemplarisch für die Gesamtsituation in der Betreuung unbegleiteter minderjähriger Flüchtlinge in Österreich“, sagt SOS-Kinderdorf Geschäftsführer Christian Moser. „Seit der Flüchtlingsbewegung 2015/16 hat es die Politik nicht geschafft, kinderrechtskonforme und kindgerechte Lösungen für junge Menschen zu schaffen, die vor Krieg, Terror und den Folgen der Klimakrise auf der Flucht sind.“ Konkret heißt das, dass geflüchtete Kinder und Jugendliche nach wie vor nicht im Rahmen der Kinder- und Jugendhilfe, sondern im Rahmen der Grundversorgung betreut werden und diese besonders schutzbedürftigen jungen Menschen in unterschiedlichen Bereichen benachteiligt sind. „Für die Betreuung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen steht im Rahmen der Tagsätze für Organisationen wie dem SOS-Kinderdorf nicht einmal halb so viel Geld zur Verfügung, wie für alle anderen fremdbetreuten Kinder in Österreich“, so Moser. „Diese Ungleichbehandlung ist eine Schande für Österreich. Alle Kinder sind gleich viel wert!“
In zahlreichen Gesprächen mit der Landesregierung Salzburg wurde intensiv nach einer Lösung gesucht, doch die zusätzlichen Mittel, die für eine angemessene Betreuung der Jugendlichen notwendig wäre, wurde nicht gewährt. „Nun haben wir dem Land ein Konzept vorgeschlagen, bei dem wir sicherstellen können, dass das Kindeswohl im Mittelpunkt steht und eine gute und kindgerechte Betreuung der Kinder und Jugendlichen gewährleistet ist. Den dafür benötigten Betrag, welcher über die Grundversorgung hinausgeht, finanzieren wir aus eigenen Mitteln. Der neue Vertrag mit der Salzburger Landesregierung ist fixiert und ab dem 1. Juli 2023 gültig.“
Ein Ort zum Ankommen und sich Entwickeln
„Im Unterschied zu den großen anonymen Erstaufnahmezentren, in denen mittlerweile auch unter 14-jährige stecken, finden im neu konzipierten SOS-Kinderdorf Clearing-house junge Geflüchtete ein sicheres Zuhause auf Zeit“, freut sich Salzburg SOS-Kinderdorfleiter Wolfgang Arming. Statt der bislang 30 Plätze für Buben wird es zukünftig 14 Plätze geben und für die besonders vulnerable Gruppe der unbegleiteten Mädchen bleibt ein eigener Wohnbereich für bis zu vier Mädchen bestehen. Ergänzt wird das Angebot um zwei Notfällplätze für junge Frauen bis zum 21. Lebensjahr. Das multiprofessionelle Team klärt individuell, was die traumatisierten jungen Menschen benötigen. Neben therapeutischer Unterstützung, Bildung und einem geregelten Tagesablauf finden die Jugendlichen Freunde, sie lernen Deutsch, kochen gemeinsam für alle Bewohner*innen, finden Hobbies und Freizeitbeschäftigungen und können so die Erlebnisse der Flucht besser verarbeiten. „Im neuen Clearing-house bekommen die jungen Menschen die Zeit, die sie tatsächlich brauchen, um Schritt für Schritt in eine selbstständige und sichere Zukunft gehen zu können. Dazu werden zukünftig vier Trainingswohnungen im Gebäude zur Verfügung stehen, in denen die Jugendlichen lernen, einen eigenen Haushalt zu führen, sich selbst zu verpflegen und zu kochen. Erst wenn sie sich damit gut und sicher fühlen übersiedeln sie in das Betreute Wohnen und werden nicht mehr rund um die Uhr, sondern ambulant betreut. Auch über die Volljährigkeit hinaus. So können wir ihnen passgenau die Anzahl an Betreuungsstunden anbieten, die sie individuell benötigen.“
Ein Kind ist ein Kind
„Ein Kind ist ein Kind, egal wo es geboren ist. Deshalb fordern wir, dass geflüchtete Kinder in Not ebenso kinderrechtskonform behandelt werden, wie österreichische Kinder“, sagt SOS-Kinderdorf Geschäftsführer Christian Moser. „Die meist hochtraumatisierten jungen Menschen brauchen Zeit, um Schritt für Schritt in eine selbstbestimmte Zukunft zu gehen. Einige schaffen das ganz schnell, andere brauchen länger. Wir wollen niemanden zurücklassen, auch wenn die öffentliche Hand die schwierige Lage der Jugendlichen ignoriert und Bund und Länder mit der Verantwortung weiter Ping-Pong spielen. Mit dem reformierten Konzept des Clearing-houses in Salzburg können wir Mädchen und Buben bei der Integration unterstützen und in eine unabhängige Selbstständigkeit begleiten. Dazu suchen wir Menschen, die uns finanziell unterstützen wollen oder auch Unternehmen die etwa als Kooperationspartner in Sachen Ausbildung bereitstehen. Ein Einsatz, der sich für alle lohnt“, ist Moser überzeugt. „Denn gerade in Zeiten des Arbeitskräftemangels ist es fatal, junge Menschen auf Halde liegen zu lassen.“
Clearing-house NEU
- Burschen-Wohngruppe für 14 Jugendliche (statt bisher 30 Jugendliche) mit 24-Stunden-Betreuung durch ein multiprofessionelles sozialpädagogisches Teams.
- Eigener, sicherer Mädchenwohnbereich mit 6 Plätzen, davon 2 Notfallplätze für junge Frauen bis zum 21. Lebensjahr. Eigenes Betreuer*innen-Team, das rund um die Uhr zur Verfügung steht.
- 4 Trainingswohnungen im 2. Stock des Clearing-house für die Schritt-für-Schritt-Selbstständigkeit.
- 8-11 Plätze in Betreuten Wohnungen mit ambulanter Betreuung, bei Bedarf auch über die Volljährigkeit hinaus und mit passgenauen Betreuungsschlüssel.
- Tageszentrum für geflüchtete Kinder und Jugendliche mit Beratung, Bildungsmöglichkeiten und Freizeitaktivitäten.
Bitte helfen Sie jetzt mit und ermöglichen jungen Menschen eine Zukunftsperspektive
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