Jubiläum – 01.11.19

15 Jahre BIWAK in Hall

Am 1. November 2004 startete SOS-Kinderdorf mit dem Biwak sein erstes Projekt für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge in Tirol. Über 200 junge Menschen aus 21 Nationen hatten dort ein Zuhause auf Zeit, wurden altersgerecht betreut und bei ihrer Integration unterstützt. 

15 Jahre BIWAK ist ein Anlass, Danke zu sagen an das Land Tirol und die Stadt Hall, die als Partner damals die Gründung ermöglicht und die Arbeit im Biwak über all die Jahre mitgetragen und unterstützt haben. "Ich möchte dem Land und der Stadt als öffentliche Partner herzlich danken, und auch den vielen privaten Förderern und Unterstützern, die sich für die jungen Menschen aus aller Welt immer wieder tatkräftig einsetzen", sagt Biwak Leiter Efendi Onay.

Aktuell leben im Biwak und den angeschlossenen Wohngruppen 23 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Alter von 14 bis 18 Jahren: 14 männliche Jugendliche im Biwak Stammhaus in der Bruckergasse und drei Mädchen in einer eigenen Wohngruppe für Mädchen im Haus daneben sowie 6 männliche Jugendliche im Betreuten Wohnen in der Münzergasse. Sie alle kommen aus Afghanistan, Syrien, Nigeria und dem Iran.

 

Efendi Onay (Mitte) mit Jugendlichen in der Küche des Biwak. (Foto: Kirsten Images)



Fast alle bringen einen Rucksack traumatischer Erfahrungen mit und finden nach langer, oft gefährlicher Flucht hier zum ersten Mal Schutz und Sicherheit, Ruhe und Halt. Das BIWAK bietet den jungen Menschen viel mehr als nur ein Dach über dem Kopf und Grundversorgung. Die Betreuung ist gänzlich anders als in Großquartieren: Kleine Einheiten statt Massenunterkünfte, gut ausgebildete Pädagoginnen und Pädagogen statt Securitypersonal, individuelle Betreuung und Förderung statt bloßes Verwahren.

 

Ein Film-Projekt von und mit Jugendlichen aus dem BIWAK. Buch, Regie und Schnitt: Leyla Pirouzi. Produktion: Carola Vogl. Kamera: Harry Putz. Nezam, Ali. Gesang: Noor Isqui © 2014 FREILUFTDOKU

 

Lernwillig und trotzdem zum Nichtstun verdammt.

Die politischen Entwicklungen der letzten Jahre haben ein Problem massiv verstärkt: das Thema Bildung bzw. Ausbildung. Von den 23 jungen Flüchtlingen machen derzeit sechs eine Lehre, drei gehen zur Schule. Sie haben einen positiven Status (Asyl oder subsidiären Schutz). Alle anderen befinden sich im laufenden Verfahren, das teilweise schon ein bis zwei Jahre dauert. "Sie würden gerne arbeiten oder eine Ausbildung machen, dürfen aber nicht!" erklärt Efendi Onay. "Das ist für die Jugendlichen sehr belastend!"

"Zum Nichtstun gezwungen sein, Monate oder Jahre lang nur warten zermürbt die jungen Seelen", spricht Onay aus leidvoller Erfahrung im Biwak. "Daher tun wir alles, um das zu verhindern: Wir bieten regelmäßige Deutschkurse und andere Lernangebote, therapeutische Hilfen sowie Sport- und Freizeitaktivitäten. Das können wir nur dank der Unterstützung vieler Privatpersonen und Unternehmen," so Onay dankbar.

"Wenn unsere Jugendlichen eine Perspektive haben, wenn Ungewissheit, Angst und Hoffnungslosigkeit wegfallen (durch positiven Status) oder sie die Möglichkeit haben, eine Ausbildung abzuschließen, schöpfen sie daraus Kraft und Sinnerfüllung – das allein kann psychische Wunden und Krankheiten heilen!" weiß Onay. "Daher wünsche ich mir so sehr, dass es ein Umdenken gibt und Lösungen wie etwa in Deutschland (3+2 Regelung) auch bei uns möglich sind!" hofft Onay und appelliert an die Politik im Land und Bund.

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