(c) Foto mit freundlicher Genehmigung von Kurier, Gilbert Novy

Valerie Bartonik über Hürden, Ziele und ihr Debüt als Regisseurin

"Le Morio – Der Trauermantel (ein Schmetterling)" ist der erste Film von Valerie Bartonik. Als Jugendliche lebte sie im "Betreuten Wohnen" von SOS-Kinderdorf. Valerie ist Jungregisseurin, wohnt heute in Wien und Paris und hat mit dem Kurzfilm "Le Morio"  ihr Regiestudium besiegelt. Wir haben sie zum Interview getroffen.

Valerie, du feierst bald die Premiere für deinen ersten Film als Regisseurin. Warum wolltest du diesen Film unbedingt machen?
Das Drehbuch zum Film habe ich für eine Aufnahmeprüfung zu einem Master-Studium in Regie auf einer Uni in Paris geschrieben. Ich habe einfach angefangen zu schreiben und da ist mir dieses Thema sofort in den Kopf geschossen. Dann habe ich nach und nach daran weitergearbeitet. Das waren ganz einfach starke Erinnerungen aus meiner Kindheit, teilweise sehr poetische Sachen, sehr starke und einschneidende Erlebnisse, die mir als erstes in den Kopf geschossen sind für mein erstes Kurzfilm-Drehbuch.

War es dir wichtig das Thema filmisch umzusetzen, weil es dich persönlich betroffen hat?
Der Hauptstrang ist sehr autobiografisch beeinflusst, aber natürlich sind einige der Szene teilweise erfunden oder gemischt mit Dingen, die tatsächlich so vorgekommen sind. Ich wollte es künstlerisch umsetzen, weil es etwas ist, das sehr von Innen kommt. Und es für mich etwas ist, das ich gut kenne und deswegen auch vielleicht spontaner und natürlicher war mit einem starken persönlichen Erlebnis aus meinem eigenen Leben zu beginnen.

Du hast einen Teil deiner Jugend in einem Betreuten Wohnen von SOS-Kinderdorf verbracht. Wie lange war das ungefähr?
Zwei Jahre, von 16 bis 18. Davor war ich zwei Jahre in einem Schülerinnenheim, das von Nonnen geführt wurde. Erst dann bin ich ins SOS-Kinderdorf ins BEWO gekommen. Ich habe dort in eigenen kleinen Wohnung gelebt.

Wie war die Betreuung durch SOS-Kinderdorf?
Einmal in der Woche hatte ich einen fixen Termin mit meiner Betreuerin. Sie hat mir in eigentlich allen Belangen geholfen. Egal ob es finanzielle Beratung, Zukunftsplanung war - sie hat mich immer aufgebaut, dass ich alles erreichen kann, wenn ich nur will. Ansonsten haben wir über viel Organisatorisches gesprochen, über persönliche Dinge, familiäres oder schulisches. Es war auf jeden Fall eine sehr vertraute Beziehung. Auch jetzt bin ich noch immer mit meiner Betreuerin in Kontakt.

Das klingt nach einer tollen, stabilen Beziehung. Trotzdem bist du relativ früh von deiner Familie weg. Wie war das damals für dich?
Ich habe auf jeden Fall sehr früh eine Selbstständigkeit entwickelt und natürlich war ich ab und zu auch sehr einsam. Das ist schon ein Weg, den man sehr viel alleine gehen muss - vor allem auch als Jugendliche, als ich in einer sehr rebellischen Position gegenüber meiner Mutter war und später auch gegenüber meinem Vater – das konnte schon auch schwierig und einsam sein. Aber für mich war es der richtige Weg.

Wie hat deine Familie reagiert, als du in das betreute Wohnen gezogen bist?
Ich glaube, für meine Mutter ist das heute auch noch ziemlich schwer. Sie hat mit meinen zwei jüngeren Schwestern am Land in der Steiermark gelebt - nach der Trennung von meinem Vater sind wir dorthin gezogen. Ich wollte dort nicht leben und vermisste meine Heimatstadt. Meiner Mutter bereitet das bis heute einen Schmerz. Mein Vater hat es zwar befürwortet, als ich in die Stadt zurückging, aber der Kontakt mit ihm war eher schwer. Bei ihm hätte ich einfach nicht wohnen können, weil er einfach zu viele persönliche Probleme hatte. Das wäre nicht in Frage gekommen. Für mich war das betreute Wohnen im SOS-Kinderdorf jedenfalls eine super Lösung.

Wie hat dich deine Vergangenheit in deiner künstlerischen Arbeit beeinflusst? War es eine Hürde, oder eher eine Chance?
Es hilft in dem Sinn, dass man lernt sehr selbstständig zu sein, die Dinge in die Hand zu nehmen und auch für die eigenen Ideen und Wünsche zu kämpfen. Ich hatte relativ viele Hürden zu meistern – das hat mir einen Willen und Drive gegeben weiterzukommen und die Sachen wirklich in die Hand zu nehmen. Zu sehen, dass ich die Kraft habe, auch schwierige Zeiten zu überstehen und neue Kraft daraus zu schöpfen – das war definitiv eine Chance.

Hast du einen Tipp für andere SOS-Kinder, die einen Traum haben, den sie sich gerne erfüllen würden?
Das ist eine sehr schwierige Frage, denn es kommt stark auf die Person an und welche Probleme bewältigt werden müssen. Das Beste, wenn man aus schwierigen Verhältnissen kommt, ist darüber zu reden und auf jeden Fall eine Therapie zu machen. Das ist der Anfang. Das hilft dabei eine klare Schiene zurückzubekommen. Wenn man sich dann Schritt für Schritt auf das zubewegt, was man wirklich möchte, insofern man das weiß, dann wird man auch dort ankommen. Nur nie das Ziel aus den Augen verlieren.

 

Österreich-Premiere am Mittwoch, 10. April, 18.30 Uhr, im Schikaneder Kino, Margaretenstraße 22-24, 1040 Wien.