SOS-Kinderdörfer in Estland
Die Arbeit von SOS-Kinderdorf begann in Estland im Jahr 1992, kurz nachdem das Land seine Unabhängigkeit von der früheren Sowjetunion im Jahr 1991 erklärt hatte. Aufgrund der schlechten Situation des bestehenden Sozialsystems und der Pflegeheime bot SOS-Kinderdorf rasch Hilfe und Unterstützung für hilfsbedürftige Familien. SOS-Kinderdorf hat seither mehr und mehr Familien erreicht und ihnen in den letzten Jahrzehnten des gesellschaftlichen Transformationsprozesses Hilfe und Unterstützung geboten.
Viel wichtige Veränderungen in den letzten Jahrzehnten
Estland gehört zu den baltischen Staaten und grenzt im Osten an Russland sowie im Süden an Lettland. Im Westen liegen die Ostsee und der Golf von Riga. Finnland liegt nicht weit entfernt, hinter dem Finnischen Meerbusen. In Estland leben 1,3 Millionen Menschen, davon sind 20 Prozent Kinder unter 18 Jahren. Tallinn, die Hauptstadt des Landes, liegt im Norden und hat ca. 400 000 Einwohner.
Die Mehrheit der Bevölkerung Estlands sind Esten, die Russen machen aber ein Drittel der Bevölkerung aus. Diese große russische Minderheit stammt aus der Vergangenheit Estlands, als das Land zur Sowjetunion gehörte. Estland erlangte 1991 seine Unabhängigkeit wieder, trat 2004 der Europäischen Union bei und führte im Januar 2011 den Euro als nationale Währung ein.
Soziale Herausforderungen trotz raschem Wirtschaftswachstum
In den vergangenen zwei Jahrzehnten fanden in Estland wichtige politische, wirtschaftliche und soziale Veränderungen statt. Obwohl es in Estland ein rasches Wirtschaftswachstum gab, das dem Land den Beinamen des "Baltischen Tigers" verlieh, gibt es dennoch weiter ungelöste Probleme. Die Arbeitslosenquote ist in jüngster Zeit gestiegen und liegt jetzt bei 17 Prozent (2011, Schätzung). Die Armut ist ebenfalls besorgniserregend; fast ein Fünftel der Bevölkerung leben unterhalb der Armutsgrenze (2008, Schätzung). Darüber hinaus gibt es große regionale Ungleichgewichte, was Wohlstand, Beschäftigung und den Zugang zur Gesundheitsfürsorge betrifft.
Die Integration der russischen Minderheit in den Arbeitsmarkt ist bisher erfolglos geblieben. Es gibt Berichte über die Diskriminierung der russischsprachigen Bevölkerung in Estland auf sprachlicher, beschäftigungs- und bildungspolitischer Ebene. Laut einer Studie haben 17 Prozent der russischen Immigranten in Estland aufgrund ihrer ethnischen Abstammung verschiedene Formen von Diskriminierung erlebt.
Die meisten Menschen arbeiten im Dienstleistungssektor, vor allem in der Tourismusbranche, die 15 Prozent des estnischen Bruttoinlandsproduktes erwirtschaftet. Ungefähr ein Drittel der Bevölkerung sind in der Industrie beschäftigt, weniger als drei Prozent in der Landwirtschaft.
Aufgrund seiner geographischen Lage pflegt Estland enge Beziehungen zu Finnland und Schweden - diese Länder haben stark in Estland investiert und sind die Hauptexportpartner Estlands.
Estland ist vor gravierende gesundheitspolitische Probleme gestellt. Das Land hat eine der niedrigsten Lebenserwartungen in Europa. Das Gesundheitssystem verfügt nicht über ausreichende Finanzmittel, und der Zugang zur Gesundheitsfürsorge ist je nach geographischer Lage und wirtschaftlichem Status sehr unterschiedlich.
Überaus beunruhigend ist die Tatsache, dass Estland eine der höchsten HIV-Infektionsraten in Europa hat, das belegen ca. 9900 gemeldete Fälle. Die Zahl der Neuinfektionen pro Jahr ist zwar in den letzten zehn Jahren gesunken, aber sie ist dennoch hoch für solch ein kleines Land. In der Vergangenheit waren meist injizierende Drogenkonsumenten von HIV betroffen, aber es tauchen vermehrt neue Fälle in anderen gesellschaftlichen Gruppen auf.
Kinder, die die elterliche Fürsorge verloren haben, brauchen ein liebevolles Zuhause
Ungefähr neun Prozent der estnischen Kinder leben unterhalb der absoluten Armutsgrenze. Von 2000 bis 2007 wurde die Zahl der Kinder, die in Armut leben, durch staatliche Finanzhilfen um fast ein Drittel gesenkt. Bedauerlicherweise ist diese positive Entwicklung in den letzten Jahren verlangsamt worden.
Es gibt bedeutende Unterschiede zwischen der Qualität und der Reichweite gemeindebasierter Unterstützungsmaßnahmen für hilfsbedürftige Familien. In den meisten Gebieten erhalten Familien mit Problemen wie z.B. Alkoholismus oder Armut jedoch keine Unterstützung, um diese Schwierigkeiten zu überwinden, damit sie ihre Kinder weiter zuhause versorgen können. Stattdessen werden die Kinder aus den Familien herausgenommen und in Institutionen untergebracht.
Staatliche geführte Institutionen sind unterfinanziert, was negative Auswirkungen auf die Qualität der Betreuung der Kinder hat. Das Personal beispielsweise, das in diesen Institutionen arbeitet, verfügt selten über angemessene Fachkenntnisse und Fertigkeiten, die für die Arbeit mit den Kindern in ihrer Obhut notwendig sind. Die Lage der Kinder mit Behinderungen und speziellem Förderbedarf ist besonders prekär.
SOS-Kinderdorf in Estland
Familienstärkung: Wir unterstützen Familien, die wegen häuslicher Gewalt, wirtschaftlicher Probleme oder Krankheit vom Auseinanderbrechen bedroht sind. Wir arbeiten direkt mit Familien und Gemeinden zusammen, damit sie ihre Kinder schützen können.
Betreuung in Familien: Kinder ohne elterliche Betreuung, finden in einer der zehn SOS-Kinderdörfer ein liebevolles Zuhause. Brüder und Schwestern wachsen zusammen in SOS-Familien auf.
Unterstützung für junge Menschen: Durch die hohe Arbeitslosigkeit finden die junge Leute schwer Arbeit. Die SOS-Jugendprogramme ermöglichen jungen Menschen Weiterbildung und unterstützten sie während ihrer Arbeitsuche bis sie selbständig leben können.
Betreuung für unbegleitete Flüchtlingskinder: Wir bieten Betreuung, Unterkunft und rechtliche Unterstützung für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.
Website von SOS-Kinderdorf Estland
(verfügbar auf Estnisch)