SOS-Kinderdorf Hatyai
Das SOS-Kinderdorf Hatyai setzt sich für die Stärkung von Familien ein und hilft ihnen bei der Bewältigung der Probleme, die in Thailand durch die politischen Spannungen zwischen Nord und Süd entstanden sind. Da immer mehr Familien finanziell auf zwei Einkommen angewiesen sind, unterstützt SOS-Kinderdorf die lokale Bevölkerung durch eine professionelle Tagesbetreuung im SOS-Kindergarten. Darüber hinaus können bis zu 120 Kinder in zwölf SOS-Familien ein liebevolles Zuhause finden.
Spannungen zwischen Buddhisten im Norden und Moslems im Süden
Hatyai ist die wichtigste Stadt im Süden Thailands und ein bedeutendes Wirtschaftszentrum. Der grenzüberschreitende Handel mit Malaysia belebt die Region. Die größte Universität des südlichen Landesteils ist am Stadtrand von Hatyai angesiedelt. Im Jahr 2004 brachen nach einer relativ ruhigen Phase von mehr als zwei Jahrzehnten in den südlichen Provinzen schwere Unruhen aus. Die Angriffe auf Polizeistationen, Schulen und militärische Einrichtungen führten zu einer Welle von Gewalt, die zahlreichen Menschen das Leben kostete. Der Konflikt liegt in den komplexen historischen Beziehungen zwischen der Mehrheit der Buddhisten und dem vorwiegend muslimisch geprägten Süden begründet. Das große wirtschaftliche Gefälle zwischen Nord und Süd verstärkt die Spannungen noch zusätzlich. Erschwerend kommt hinzu, dass sich die Menschen im Süden des Landes aufgrund ihrer Religion benachteiligt fühlen.
Hass und Gewalt haben dazu geführt, dass viele Kinder ihren Vater und Familien ihren Ernährer verloren haben. Zahlreiche Kinder konnten aufgrund der Angriffe auf das Lehrpersonal in den Schulen nicht mehr am Unterricht teilnehmen. Ende des Jahres 2004 wurden alle Schulen im Grenzland aufgrund der vorherrschenden Gewalt geschlossen. Lehrer und Ärzte wollten nicht mehr im Süden arbeiten, wodurch der Zugang zu Bildung und Gesundheitsversorgung für die Menschen vor Ort noch schwieriger wurde. Das harte Durchgreifen der Regierung im Süden hat vor allem junge Muslime dazu gebracht, sich den oppositionellen Gruppen anzuschließen.
Die südlichen Provinzen wurden besonders hart von der Wirtschaftskrise getroffen. Die Arbeitslosen- und Armutsraten stiegen auf Rekordhöhe. Während in der Vergangenheit viele Menschen im Süden vom Fischfang gelebt hatten, die Männer zur See gingen und die Frauen den Fang zuhause verarbeitet hatten, müssen heute viele Frauen in Fabriken arbeiten, um ihren Lebensunterhalt zu bestreiten. Dadurch bleiben viele Kinder tagsüber sich selbst überlassen.
Familien versuchen, sich auf die veränderten Lebensbedingungen einzustellen
Der Konflikt im Süden hat die ohnehin schwierige Situation weiter verschärft. Familien leiden darunter, dass beide Eltern außer Haus arbeiten. Unterernährung und mangelnde Hygiene behindern das Wachstum und die Entwicklung der Kinder. Die Kindersterblichkeit ist im Süden höher als im Norden. Wenn Kinder zu Jugendlichen heranwachsen, tauchen neue Probleme auf. Manche Eltern sind nicht in der Lage, ihre Kinder über Drogen und Sexualität aufzuklären. Kulturelle Tabus erschweren den offenen Umgang mit diesen Themen.
Die noch geöffneten Schulen sind schlecht ausgestattet, das Bildungsniveau daher niedrig. Die schulischen Leistungen liegen im Süden weit unter dem Landesdurchschnitt. Viele Jugendliche brechen die Schule ab, weil sie nicht daran glauben, dass Bildung ihnen später zu einer besseren Arbeit verhilft. Muslimische Familien ziehen religiöse Schulen den staatlichen Bildungseinrichtungen vor, während buddhistische Familien im Süden ihre Kinder häufig in anderen Landesteilen zur Schule schicken, wodurch zahlreiche Familien getrennt worden sind.
Unsere Arbeit in Hatyai
Unsere Organisation unterstützt die Familien der Gemeinde unter anderem durch die Tagesbetreuung im SOS-Kindergarten. Für berufstätige und alleinerziehende Eltern ist das Angebot einer sicheren und zuverlässigen Tagesbetreuung von großer Bedeutung. So bleiben ihre Kinder nicht unbeaufsichtigt zurück.
Kinder, die nicht länger von ihren Familien versorgt werden können, finden in zwölf SOS-Familien ein liebevolles Zuhause, in dem sie gemeinsam mit ihren Geschwistern von SOS-Müttern fürsorglich betreut werden. Die Kinder aus den SOS-Familien besuchen den SOS-Kindergarten und die nahegelegenen Schulen gemeinsam mit Kindern aus der Gemeinde und sind daher gut in ihre Umgebung integriert. Das ist für ihre spätere Eingliederung in die Gesellschaft als Erwachsene von Bedeutung. SOS-Kinderdorf bietet darüber hinaus eigene Jugendprogramme. Die Heranwachsenden können in einem Jugendhaus leben, während sie eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren. Mit der Unterstützung ausgebildeter Fachkräfte entwickeln sie Perspektiven für ihre Zukunft, lernen Verantwortung zu tragen und zunehmend eigene Entscheidungen zu treffen.