SOS-Kinderdorf Oruro
Die landesweiten Sozialprogramme erreichen immer mehr Menschen in Bolivien, auch wenn der Fortschritt nur langsam vorangeht. Die nachhaltige Verbesserung der Lebensbedingungen, ohne dass die Landesbewohner ihre Kultur und Traditionen aufgeben müssen, stellt eine große Herausforderung dar.
Da die Silber- und Zinnreserven weitgehend erschöpft sind, ist Oruro für viele Menschen zur Durchgangsstation geworden
Oruro liegt auf dem bolivianischen Andenplateau auf einer Höhe von 3700 Metern über dem Meeresspiegel und hat etwa 235 000 Einwohner. Einst gab es hier zahlreiche Silberminen, die mittlerweile stillgelegt worden sind. Während des Zinn-Booms von 1800 bis etwa 1960 war Oruro ein bedeutendes Wirtschaftszentrum. Aber auch die Zinnvorkommen waren irgendwann erschöpft, und in den Folgejahren wurden zahlreiche Minen geschlossen. Heute hat Oruro kaum noch Bedeutung für die bolivianische Wirtschaft.
Schon in der Vergangenheit waren die Bevölkerungszahlen von Oruro großen Schwankungen unterlegen. Viele Familien verlassen ihre ländliche Heimat auf der Suche nach einem besseren Leben in Oruro – das sie nur meist nicht finden. Dann ziehen sie weiter in die nächste Stadt. Der ständige Wohnortwechsel stellt für die Stabilität der Familien eine große Belastung dar. Viele von ihnen enden in Armut. Die Kinderarbeit ist in den Stadtgebieten weiter im Ansteigen begriffen.
Die extreme Armut – sie betrifft Menschen, die mit weniger als einem US-Dollar pro Tag auskommen müssen und daher nicht einmal ihre Grundbedürfnisse erfüllen können - ist in Oruro weit verbreitet. Betroffen sind etwa 46 Prozent der Bevölkerung - das sind knapp 200 000 Einwohner. Infolgedessen müssen viele Eltern extrem lange arbeiten und haben wenig Zeit, für ihre Kinder zu sorgen. Ca. ein Drittel der Kinder unter fünf Jahren leidet in Oruro an Mangelernährung, da ihre Eltern nicht genügend Geld für Nahrungsmittel haben. In den schlimmsten Fällen müssen Kinder zum Familieneinkommen beitragen und können daher keine Schule besuchen. Viele Kinder indigener Familien aus den ländlichen Gebieten müssen sich alleine ohne ihre Eltern durchschlagen, wodurch sie in höchstem Maße Ausbeutung und Gewalt ausgesetzt sind. Ohne Bildung sind ihre Chancen auf eine geregelte Arbeit als Erwachsene äußerst gering.
Für die Kinder von heute kommt der Fortschritt zu langsam und spät
Die Regierungsprogramme der letzten Jahre haben die Lebensbedingungen vieler Bolivianer verbessert. Oruro wurde beispielsweise kürzlich als landesweit erstes Departement ausgezeichnet, in dem es keine Analphabeten mehr gibt. Das war sehr bedeutend für die überwiegend indigene Bevölkerung, die häufig nur Aymara und Quechua gesprochen hatte. Mit Spanisch-Kenntnissen können sie am wirtschaftlichen und politischen Fortschritt des Landes teilhaben. Dennoch bleiben noch viele Probleme zu lösen. Dazu gehören die Schärfung des Bewusstseins für Kinderrechte und Geschlechtergleichstellung sowie die Abschaffung der Kinderarbeit.
Unsere Arbeit in Oruro
SOS-Kinderdorf begann seine Tätigkeit in Oruro im Jahr 1988, um die Not der lokalen Bevölkerung zu lindern. Das ganzheitliche und nachhaltige Familienstärkungsprogramm der Sozialzentren wird von Mitgliedern der Gemeinde selbst organisiert, während SOS-Kinderdorf mit Unterstützung und Schulungsangeboten zur Seite steht.
Unsere Leistungen umfassen eine Kindertagesstätte und ein medizinisches Zentrum für die Mitglieder der Gemeinde. Ein Tagesmütterprogramm ermöglicht erwerbstätigen Eltern und alleinerziehenden Müttern, ihre Kinder in sicherer Obhut betreuen zu lassen, während sie ihren Lebensunterhalt verdienen. Ein weiterer Schwerpunkt der Familienstärkung liegt auf der besonderen Unterstützung und Förderung von Frauen.
Bis zu 135 Kinder, die in Oruro nicht länger bei ihren Eltern leben können, finden in 14 SOS-Familien ein liebevolles Zuhause. Hier werden sie gemeinsam mit ihren Geschwistern von SOS-Müttern fürsorglich betreut.
Jungen Menschen, die ihren Familien entwachsen und eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren möchten, bietet unser SOS-Jugendprogramm die Möglichkeit betreuter Wohngemeinschaften. Hier können Heranwachsende ihre Zukunft planen, zunehmend Verantwortung übernehmen und sich auf ein Leben in Selbständigkeit vorbereiten, während sie dabei von qualifizierten JugendberaterInnen unterstützt werden.