"Am liebsten hätten wir natürlich schon vorgestern mit der Betreuung von Kindern aus dem neuen Camp Kara Tepe II gestartet, denn die Zustände sind verheerend", sagt unsere Geschäftsführerin Elisabeth Hauser. "Wir arbeiten bereits seit September an diesem Projekt und haben in den letzten Wochen und über Weihnachten keinen Tag geruht, um alles uns Mögliche zu unternehmen. Wir möchten den Kindern in Kara Tepe helfen, so schnell, wie nur irgendwie möglich, dafür tun wir alles in unserer Macht Stehende."
Dennoch hat sich der Start der neuen Betreuungsstätte bisher noch verzögert. "Wir müssen damit umgehen, dass wir aktuell mit einer Reihe von besonderen Herausforderungen konfrontiert sind", sagt Hauser. Der jüngste Corona-Ausbruch auf Lesbos bzw. im Hauptort Mytilini, macht Reisetätigkeiten von ExpertInnen von SOS-Kinderdorf Griechenland zum Teil unmöglich und hat einen wichtigen Termin mit Behörden, Entscheidungsträgern und Partnern verhindert.
"Für die betroffenen Menschen ist es essenziell, dass unsere Arbeit professionell aufgestellt wird und nachhaltig wirkt und nicht nur eine Aktion für wenige Wochen ist", sagt Hauser. "Dafür ist es unbedingt notwendig, uns mit anderen vor Ort tätigen Organisationen wie UNHCR und UNICEF gut abzustimmen, zu erheben, welche die dringendsten Anliegen der Kinder und Familien sind, welche Angebote es bereits gibt und welche Ergänzungen von SOS-Kinderdorf am notwendigsten und sinnvollsten sind."
Intensive Vorbereitungen
Diesen Austausch treiben SOS-Kinderdorf MitarbeiterInnen in Griechenland gerade intensiv voran. Ein großer Schritt gelang letzte Woche, als die griechischen Behörden uns die Erlaubnis erteilten, das Camp Kara Tepe II zu betreten. "Das bedeutet, dass unsere Kolleginnen und Kollegen auf Lesbos nun ihre Arbeit direkt im Camp aufnehmen können, um im ersten Schritt mit den Familien und Kindern in Kontakt zu treten und um die dortige Situation und die dringendsten Bedürfnisse noch besser einschätzen zu können." Dieser Schritt ist für SOS-Kinderdorf ein sehr wichtiger, da der Organisation bisher, sowie fast allen NGOs, der Zutritt zum Camp verwehrt war.
"Wir arbeiten und prüfen nun die unterschiedlichen Optionen, wie wir möglichst schnell und trotzdem nachhaltig unsere Arbeit für Kinder und Familien aus Kara Tepe II aufnehmen können. Eine Möglichkeit wäre die vorrübergehende Betreuung in unserer bestehenden Tagesbetreuungsstätte im Container-Camp Kara Tepe I, das nur fünf Minuten vom neuen Camp Kara Tepe II entfernt ist und sehr rasch umsetzbar wäre", erklärt Hauser. "Langfristig gesehen braucht es einen eigenen Ort, an dem die Tagesbetreuung in oder vor dem Camp stattfinden kann, das können Container sein, wie im Camp Kara Tepe I oder auch angemietete Gebäude in der Umgebung. Davon ist auch abhängig, wann genau die Betreuung starten kann."
Über die Tagesbetreuungsstätte Kara Tepe I
SOS-Kinderdorf hat jahrelange Erfahrung mit Kinderbetreuungsstätten in Krisenregionen. Die Tagesbetreuung direkt auf Lesbos im Container-Camp Kara Tepe I besteht bereits seit 2015. Täglich werden hier über 200 Kinder im Alter von 3 – 16 Jahren und ihre Familien betreut.
"Aus diesem Projekt, das Vorbild für die neue Tagesbetreuungsstätte ist, wissen wir, wie dringend notwendig es ist, den Kindern ganz einfach einen sicheren Ort zu geben, an dem sie Kind sein können, spielen, lernen und lachen können. Wir geben den Kindern eine ganz wichtige Tagesstruktur und Routinen, wie andere Kinder sie in der Schule oder im Kindergarten bekommen."
Die Betreuung findet in nach Alter eingeteilten Gruppen statt. Jede Gruppe hat über den Tag verteilt bis am Nachmittag fixe Lern- und Freizeiteinheiten. Während es in den Freizeiteinheiten neben dem Spielen sehr viele kreative und künstlerische Aktivitäten, sowie Bewegung, Tanz und Sport gibt, wird in den Unterrichtseinheiten viel Wert auf sprachliche Aspekte gelegt. Psychosoziale Therapieformen helfen den Kindern, mit dem Erlebten umzugehen.
Für das Wohl der Kinder und ihrer Entwicklung ist es unerlässlich, die Eltern in die Betreuung miteinzubeziehen. Sie werden beispielsweise in Elterngesprächen beraten.