Wie im Film...
Pflegefamilie, Wohngruppe, Kinderpsychiatrie – nirgends kann Benni bleiben. Die Neunjährige bringt mit ihrer überschäumenden Energie, ihren Wutausbrüchen und ihrem unberechenbaren, aggressiven Verhalten selbst die nervenstärksten PädagogInnen an den Rand der Verzweiflung. Benni ist wild, überfordernd, manchmal angsteinflößend. Und Benni ist schlau, lustig und wahnsinnig liebenswert. Benni ist die fiktive Hauptfigur im aktuellen Kinofilm „Systemsprenger“ der deutschen Filmemacherin Nora Fingscheidt.
Auch in unseren Betreuungsangeboten und Häusern gibt es Kinder wie Benni.
Systemsprenger – was heißt das eigentlich?
Als „Systemsprenger“ oder auch „Grenzgänger“ werden Kinder und Jugendliche bezeichnet, für die es auf Grund ihres auffälligen Verhaltens nur wenig bis gar keine adäquaten Unterstützungs- oder Betreuungsmöglichkeiten gibt. "Systemsprenger" ist ein faszinierendes Wort, unglaublich kraftvoll und radikal. Dabei handelt sich nicht um Hacker oder Anti-Atomkraft-Demonstranten. Selbst in der Fachwelt ist dieses Wort umstritten.
Diese Kinder und Jugendlichen zerstören kein funktionierendes System. Es sind eher gescheiterte Systemprozesse, die dazu führen, dass diese Personen nirgendwo ausgehalten werden.
Kinder und Jugendliche, die durch ihr Verhalten (ständige Regelbrüche, Aggression, Gewalt) in kein Betreuungsangebot passen, sind nur schwer vermittelbar. Für ihre speziellen Bedürfnisse fehlen im System der Kinder- und Jugendhilfe maßgeschneiderte Angebote. Einer „Notlösung“ folgt meist rasch die nächste Entlassung. Die Folgen können weitreichend sein: Obdachlosigkeit, Drogenproblematik, Kriminalität – und der Kreislauf beginnt von vorne.
Wo die Pädagogik an ihre Grenzen stößt
- Ein 14-jähriger bleibt 3 Monate in U-Haft, weil es keinen geeigneten Platz für ihn zu geben scheint.
- Eine Jugendliche bleibt ohne Notwendigkeit über Monate in der Kinder- und Jugend-Psychiatrie, weil es keinen geeigneten Platz für sie gibt.
- Trotz erforderlicher Fremdunterbringung wird wegen fehlender Plätze weiter ambulant betreut.
- Nach dem Auslaufen der Kinder- und Jugendhilfe mit der Volljährigkeit, fühlt sich niemand mehr für die/den Jugendliche/n zuständig.
Wir haben mit unseren Experten und Expertinnen über das Sprengen von Systemen gesprochen und darüber, wie SOS-Kinderdorf mit Kindern umgeht, die scheinbar nirgendwo hinpassen.