Kinder- und Jugendhilfe
– 05.08.21
Immer noch zu viele Kinder in Fremdunterbringung!
Wir analysieren die aktuelle Kinder- und Jugendhilfestatistik und fordern mehr Mittel für die Prävention.
"Fast 13.000 Kinder und Jugendliche in Österreich konnten im letzten Jahr nicht bei ihren leiblichen Eltern aufwachsen. Das sind eindeutig zu viele!", kommentiert unser Geschäftsführer Christian Moser die kürzlich veröffentlichte Statistik der Kinder- und Jugendhilfe 2020.
Zwar sei die Zahl der Kinder, die in sozialpädagogischen Einrichtungen oder bei Pflegefamilien aufwachsen, seit 2015 um 3,4 Prozent gesunken, doch das sei noch nicht genug: "Der Trend geht in die richtige Richtung, aber wir sind noch lange nicht dort, wo wir sein sollten", so Moser. "Der Ausbau von präventiven Unterstützungsangeboten, die verhindern, dass Familien überhaupt erst auseinanderbrechen, muss unbedingt weiter vorangetrieben werden."
Kinder gehören prinzipiell zu ihren Eltern.
Im Jahr 2020 konnten bereits knapp 40.000 Kinder und Jugendliche von solchen Maßnahmen profitieren, rund fünf Prozent mehr, als im Jahr davor. "Es ist uns bewusst, dass ein weiterer Ausbau unterstützender Maßnahmen, wie mobiler Betreuung, sozialpädagogischer Nachmittagsbetreuung oder Elternarbeit erstmal mit Kosten verbunden ist", erklärt Moser. "Doch langfristig kann sehr viel Geld in der sehr kostenintensiven Fremdunterbringung eingespart werden." Außerdem sei klar: "Kinder gehören prinzipiell zu ihren Eltern. Die Möglichkeit, Kindern Leid durch die Trennung von den Eltern zu ersparen, dürfe niemals unversucht bleiben."
Kindeswohlgefährdungen durch Pandemie schwerer zu entdecken
Besorgt stellt Moser auch fest, dass die Zahl der Abklärungen von Kindeswohlgefährdungen im Pandemiejahr um rund 7 Prozent gesunken ist. Im Vergleich zum Vorjahr gab es 2020 um fast 3.000 weniger Gefährdungsabklärungen durch die Kinder- und Jugendhilfe. "Durch die langen Schließungen von Kindergärten, Schulen, Jugendzentren und Vereinen, aber auch durch den eingeschränkten Kontakt zur erweiterten Familie fehlten im vergangenen Jahr viele wichtige Bezugspunkte für Kinder und Jugendliche. Dadurch wurden Kindeswohlgefährdungen weniger oft erkannt und gemeldet." Umso wichtiger sei es daher, weitere Schulschließungen zu vermeiden und Maßnahmen zu setzen, um langfristigen Folgeschäden entgegenzuwirken.
Bundesweites Monitoring-Instrument fehlt
"Um langfristig gezielt Reformen in der Kinder- und Jugendhilfe zu setzen und die Zahl der Fremdunterbringungen weiter zu senken, ist es erforderlich, die jährliche Kinder- und Jugendhilfe Statistik um einen erläuternden Bericht zu ergänzen. Prinzipiell sei es höchst an der Zeit eine mit ausreichend finanziellen Mitteln ausgestattete Kinderschutzforschung zu etablieren, wie sie etwa in Deutschland schon lange gegeben ist", fordert Moser.
Im Moment ist es unmöglich einen sinnvollen Vergleich der Zahlen der einzelnen Bundesländer zu ziehen und davon Rückschlüsse abzuleiten.
Aktuell sei die Kinder- und Jugendhilfestatistik ein reines Tabellarium. Eine Kommentierung der Zahlen sowie ein erläuternder Bericht über die Hintergründe fehlen. "Gerade seit die gesetzgeberischen Kompetenzen in der Kinder- und Jugendhilfe in die Verantwortung der Länder gefallen ist, ist es wichtig, ein objektives bundesweites Monitoring-Instrument zu haben", erklärt Moser. "Im Moment ist es unmöglich einen sinnvollen Vergleich der Zahlen der einzelnen Bundesländer zu ziehen und davon Rückschlüsse abzuleiten."