SOS-Kinderdorf Karlino
Das SOS-Kinderdorf Karlino wurde 2005 als viertes polnisches Kinderdorf für die Unterstützung notleidender Kinder eröffnet. Seither sind unsere Angebote weiter ausgebaut und an die veränderte soziale und wirtschaftliche Situation in Polen angepasst worden, die zu einer steigenden Zahl von Kindern ohne elterliche Fürsorge geführt hat.
Zunehmende soziale Ungleichheit
Karlino liegt im Nordwesten Polens etwa 30 km von der Ostsee entfernt und hat circa 9400 Einwohner. Die Region wurde von den politischen, wirtschaftlichen und sozialen Veränderungen der 1990er Jahre schwer in Mitleidenschaft gezogen. Die Arbeitslosenrate stieg, zahlreiche Menschen gerieten in Armut. Die Gegend ist überwiegend landwirtschaftlich geprägt, obwohl sich auch einige Industriezweige angesiedelt haben. Im Jahr 2008 wurde die Sonderwirtschaftszone Kostrzyn-Slubice mit dem Ziel gegründet, vorteilhafte Standortbedingungen zu schaffen, die wirtschaftliche Entwicklung der Region voranzutreiben, ausländische Investoren anzulocken und neue Arbeitsplätze zu schaffen.
Trotz der jüngsten Initiativen zählt die Gegend weiter zu den ärmsten Regionen Polens. Vor allem die Menschen in den Kleinstädten und auf dem Land leben in großer Armut. Frauen, Kinder und Arbeitslose geraten besonders häufig in Not. Kinder aus kinderreichen Familien und aus alleinerziehenden Haushalten sind am stärksten gefährdet. Viele leiden an Mangelernährung und haben vor allem auf dem Land nur selten Zugang zu Bildung und medizinischer Versorgung. Die meisten Kinder verlieren aufgrund der schwierigen Lage ihrer Familien die elterliche Fürsorge. Zu den Gründen zählen Arbeitslosigkeit, Drogenabhängigkeit und der Mangel an Sozialleistungen.
Unterstützung für Familien, um sie vor der Zerrüttung zu bewahren
Die polnische Regierung hat gefährdeten Familien offizielle Unterstützung zugesagt, damit Kinder weiter bei ihren Eltern aufwachsen können. Dennoch fehlt es nach wie vor an Sozialleistungen und Hilfsangeboten für betroffene Familien. Vor diesem Hintergrund leistet die Arbeit von SOS-Kinderdorf einen wesentlichen Beitrag zum Schutz der Kinderrechte. Angesichts der Vielzahl notleidender Kinder beschloss unsere Organisation, in der Region tätig zu werden. Die Behörden haben unsere Entscheidung sehr begrüßt und das Grundstück kostenlos zur Verfügung gestellt, auf dem das Kinderdorf errichtet werden konnte.
Unsere Arbeit in Karlino
SOS-Kinderdorf arbeitet eng mit der lokalen Bevölkerung zusammen. Um gefährdeten Familien zu helfen, leiten wir in Abstimmung mit den örtlichen Behörden Familienstärkungsprogramme, damit Kinder ausreichend Nahrung, Bildung und medizinische Versorgung erhalten. Familien können Beratungen und psychologischen Beistand, Unterstützung beim Ausbau der elterlichen Kompetenzen und Hilfe bei der Suche nach Arbeit in Anspruch nehmen. Während Eltern arbeiten oder eine Ausbildung absolvieren, können sie ihre Kinder in die Obhut unserer Kindertagesstätten geben. Einige Kindergärten sind in den ländlichen Schulen der Region untergebracht.
Kinder, die nicht länger bei ihren Familien bleiben können, finden in 12 SOS-Familien ein liebevolles Zuhause und werden von SOS-Müttern in einem stabilen und fürsorglichen Umfeld betreut. Die Kinder besuchen gemeinsam mit den Kindern aus der Nachbarschaft die nahegelegenen Schulen und sind daher vollständig in ihr Umfeld integriert. Die Kinder in unserer Obhut erhalten bedarfsgerechte Unterstützung, sei es Nachhilfeunterricht oder eine therapeutische Behandlung. In der Gemeinde werden Freizeitaktivitäten organisiert, und viele Kinder aus der Nachbarschaft besuchen unsere Veranstaltungen im Kinderdorf.
Junge Menschen, die ihren SOS-Familien entwachsen und eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren möchten, können in die betreuten Wohngemeinschaften des SOS-Jugendprogramms nach Koszalin ziehen. Die Stadt ist etwa 30 km von Karlino entfernt und bietet bessere Bildungs- und Beschäftigungsmöglichkeiten. Aufgrund der wirtschaftlichen Not in der Region haben es viele junge Menschen schwer, eine Wohnung und Arbeit zu finden. Unser SOS-Programm hilft ihnen beim Übergang ins Erwachsenenleben. Mit der Unterstützung qualifizierter Fachkräfte lernen sie Verantwortung zu übernehmen und eigene Entscheidungen zu treffen.