SOS-Kinderdorf Ida-Virumaa

SOS-Kinderdorf Ida-Virumaa (vormals SOS-Kinderdorf Narva-Jõesuu) begann seine Tätigkeit in Narva-Jõesuu im Jahr 2008. Anfänglich wurden gefährdete Familien durch unser Familienstärkungsprogramm unterstützt. Seit 2012 bieten wir darüber hinaus Kindern ohne elterliche Fürsorge eine familiennahe Betreuung.

Eine Region mit hohen Armuts- und Arbeitslosenraten

Kinder spielen im SOS-Kinderdorf an der frischen Luft (Foto: SOS-Archiv)

Narva-Jõesuu ist eine Kleinstadt im Nordosten von Estland unmittelbar an der Grenze zu Russland. In den Wintermonaten leben hier rund 2600 Menschen. In den Sommermonaten steigen die Einwohnerzahlen jedoch stark an, da Tausende von Besuchern von den weißen Sandstränden der Stadt angelockt werden.

Die Gegend weist eine der höchsten Armuts- und Arbeitslosenraten von Estland auf. In der Vergangenheit lebten die Bewohner der Region von der Industrie und dem Tourismus. Beide Wirtschaftszweige hatten jedoch nach der Abspaltung Estlands von der Sowjetunion große Einbrüche zu verzeichnen. Obwohl sich der Tourismussektor langsam erholt, haben die Besucherzahlen noch nicht das Niveau vor der Unabhängigkeit erreicht. In Folge der zunehmend schlechten wirtschaftlichen und sozialen Lage sind die Einwohnerzahlen rückläufig: viele Menschen ziehen auf der Suche nach Arbeit in andere Landesteile oder ins Ausland.

Die hohe HIV/AIDS-Rate der Region stellt ein zunehmendes Problem dar. Im Jahr 2010 wurde knapp die Hälfte aller landesweiten Neuinfektionen von HIV/AIDS in Narva erfasst. Viele Betroffene sind injizierende Drogenkonsumenten - die Gegend ist ein wichtiger Drogenumschlagplatz zwischen Russland und Europa. Zahlreiche Kinder, die wir in der Region im Rahmen des Familienstärkungsprogramms oder der familiennahen Betreuung unterstützen, haben drogensüchtige Eltern.

Viele Kinder leiden darüber hinaus an den Folgen der jüngsten Preisanstiege für Grundgüter (darunter Nahrungsmittel und Strom). Besonders alleinerziehende Eltern oder Familien mit Drogen- oder Gesundheitsproblemen können häufig nur schwer die körperlichen und seelischen Bedürfnisse ihrer Kinder erfüllen. Die Kinder sind häufig unternährt, und obwohl in der Region Lebensmittelbanken tätig sind, bedarf es weiterer Unterstützung, um die langfristige Entwicklung der zukünftigen Generation zu sichern. Aus diesem Grund ist unser Familienstärkungsprogramm von besonderer Bedeutung, da es die Selbstversorgung von Familien fördert.

Ausbau unserer Programme in Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden

In jüngster Zeit hat Estland diverse Schritte unternommen, um das Betreuungsangebot für Kinder zu verbessern, die nicht länger bei ihren Herkunftsfamilien leben können. Während nach wie vor die meisten Kinder ohne elterliche Fürsorge in staatlichen Heimen untergebracht werden, steigt auch die Zahl der Kinder in familiennaher Betreuung.

SOS-Kinderdorf leitet seit 2008 ein Familienstärkungsprogramm in der Region. Im Jahr 2011 traten die lokalen Behörden mit einem einzigartigen Angebot an uns heran, mit dem sich die Möglichkeit eröffnete, notleidenden Kindern das Aufwachsen in einem familiennahen Umfeld zu ermöglichen: die estnische Regierung erklärte sich bereit, einige Häuser für die Gründung von SOS-Familien zu bauen und sie an unsere Organisation zu übertragen.
 

Unsere Arbeit in Ida-Virumaa

Spielendes Kind mit seiner SOS-Mutter (Foto: SOS-Archiv)

Familien stärken: Unser Familienstärkungsprogramm in Narva unterstützt gefährdete Familien, damit ihre Kinder in einem liebevollen, sicheren und stabilen Umfeld aufwachsen können. In enger Zusammenarbeit mit den lokalen Behörden stellen wir sicher, dass Kinder Zugang zu Nahrung, Bildung und medizinischer Versorgung erhalten und helfen Familien bei der Einkommensförderung und dem Ausbau der elterlichen Kompetenzen. Darüber hinaus stärken wir die lokale Gemeinde, damit Familien in Not eine Anlaufstelle vor Ort haben.

Betreuung in SOS-Familien: Kinder, die nicht länger bei ihren Eltern leben können, finden in einer der SOS-Familien ein neues Zuhause. Für jedes Kind wird unter aktiver Einbeziehung des Kindes selbst ein maßgeschneiderter „Entwicklungsplan“ erstellt, der regelmäßig überprüft und an die veränderten Bedürfnisse des Kindes angepasst wird. In Narva-Jõesuu können Kinder in sechs Familienhäusern betreut werden. Eins der Familienhäuser ist behindertengerecht ausgestattet. Die

Kinder aus den SOS-Familien besuchen gemeinsam mit den Kindern aus der Umgebung die nahegelegenen Schulen und sind dadurch gut in ihre Gemeinde integriert. Wenn es in Narva-Jõesuu selbst keine passenden Bildungsangebote oder medizinischen Einrichtungen gibt, ist die rund zehn Kilometer entfernte nächstgrößere Stadt Narva leicht zu erreichen.