SOS-Kinderdorf Ratanakiri
SOS-Kinderdorf nahm 1999 erste Verhandlungen mit der Regierung von Kambodscha auf, und im Jahr 2000 wurde der kambodschanische SOS-Kinderdorf-Verein gegründet. In Ratanakiri, einer der ärmsten Regionen Kambodschas, wurde 2011 das vierte SOS-Kinderdorf des Landes errichtet.
Frauen und Kinder führen im Nordosten Kambodschas ein hartes Leben
Das SOS-Kinderdorf Ratanakiri liegt in Banlung, der Hauptstadt der gleichnamigen Provinz im Nordosten des Landes. Die Region zählt etwa 150 000 Einwohner, die verschiedenen ethnischen Volksgruppen angehören und unterschiedliche Sprachen sprechen. Die meisten Menschen in den ländlichen Gebieten leben vom Ackerbau.
Trotz der jüngsten Modernisierung der Infrastruktur sind weite Teile der Region weiterhin von der Zivilisation abgeschnitten. Die Lebensbedingungen in Ratanakiri zählen zu den härtesten in ganz Kambodscha. Die Mehrheit der Bevölkerung kann weder lesen noch schreiben, jedes Jahr kommt es zu saisonaler Nahrungsmittelknappheit, und die Gesundheitsindikatoren der Region sind besorgniserregend. Hier sind die landesweit höchsten Kinder- und Müttersterblichkeitsraten zu verzeichnen, und die HIV/AIDS-Prävalenzrate ist im Anstieg begriffen. Viele Menschen haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung. Manchmal sind sprachliche oder kulturelle Barrieren die Ursache; in anderen Fällen sind die Krankenhäuser so weit entfernt, dass die Anreise und eine Behandlung schlichtweg unerschwinglich sind.
Junge Menschen unter 19 Jahren machen mehr als die Hälfte der Bevölkerung aus. Kinder sind die größten Opfer der sozialen und wirtschaftlichen Not. Ratanakiri hat eine extrem hohe Rate schwerer Mangelernährung von Kindern zu verzeichnen. Mehr als ein Fünftel aller Kinder sterben vor Erreichen des fünften Lebensjahres. Zahlreiche Familien, vor allem Migranten und Angehörige indigener Volksgruppen, können ihre Kinder nicht ausreichend versorgen. Kinder in frauen- oder kindergeführten Haushalten und Kinder, die bei älteren Familienangehörigen aufwachsen, sind in besonderem Ausmaß gefährdet. Häufig müssen sie arbeiten und zum Familieneinkommen beitragen. Die Schulabbruchsrate ist sehr hoch: auf dem Land können weniger als neun Prozent der Mädchen lesen und schreiben.
Kindern einen guten Start ins Leben ermöglichen
Bei einem offiziellen Treffen wurde SOS-Kinderdorf von der kambodschanischen Regierung gebeten, auch in Ratanakiri tätig zu werden. Wir erhielten ein kostenloses Grundstück für den Bau eines Kinderdorfes. Die jahrelangen Konflikte hatten verheerende Folgen für die soziale und wirtschaftliche Situation des Landes. Viele Familien zerbrechen an der Not, ihre Kinder bleiben ohne elterliche Fürsorge zurück. Unsere familiennahe Betreuung bietet Kindern die Möglichkeit, gemeinsam mit ihren Geschwistern in der Obhut einer liebevollen SOS-Mutter aufzuwachsen.
Unsere Arbeit in Ratanakiri
SOS-Kinderdorf leitet in Ratanakiri eine Reihe von Unterstützungsmaßnahmen. Alle Programme sind auf die Bedürfnisse der Familien in der Region ausgerichtet. Unsere Kindertagesstätten beispielsweise werden von der lokalen Bevölkerung sehr geschätzt. Kinder aus armen Familien erhalten Stipendien, damit sie zur Schule gehen können.
Kinder aus der Region, die nicht länger bei ihren Eltern leben können, finden in zehn SOS-Familien ein liebevolles Zuhause. Hier werden sie gemeinsam mit ihren Geschwistern von SOS-Müttern fürsorglich betreut. Kinder, die nie oder nur kurze Zeit eine Schule besucht haben, werden auf ihre Eingliederung in das öffentliche Bildungssystem vorbereitet.
Zahlreiche Kinder aus der lokalen Bevölkerung, die an Mangelernährung leiden, werden im Ernährungsprogramm des SOS-Sozialzentrums fachgerecht betreut. Die Kinder werden für die Zeit der Behandlung in zwei Familienhäusern untergebracht.
Die Kinder aus den SOS-Familien besuchen den SOS-Kindergarten zusammen mit den Kindern aus der Nachbarschaft. Das Angebot der Tagesbetreuung wird besonders von erwerbstätigen Eltern geschätzt - sie müssen ihre Kinder nicht unbeaufsichtigt zurücklassen, während sie ihren Lebensunterhalt verdienen. Ältere Kinder werden in den nahegelegenen Schulen unterrichtet.