SOS-Kinderdorf Rajpura
SOS-Kinderdorf ist seit 1963 in Indien tätig. Unsere Angebote wurden bald auf das ganze Land ausgedehnt und die Arbeit 1996 auch in Rajpura aufgenommen. Neben der familiennahen Betreuung unterstützen wir gefährdete Familien, um sie vor der Zerrüttung zu bewahren.
Zahlreiche Familien kämpfen in den informellen Siedlungen ums Überleben
Die Stadt Rajpura liegt im Bundesstaat Punjab und hat etwa 96 660 Einwohner. Die meisten Bewohner von Punjab arbeiten in der Landwirtschaft; zwei Drittel der Bevölkerung leben in den ländlichen Gebieten. Punjab hat jedoch auch ein beachtliches Wirtschaftswachstum zu verzeichnen. Zahlreiche Zuwanderer aus anderen Bundesstaaten kommen auf der Suche nach Arbeit in die Region. Zwischen 2001 und 2011 ist die Einwohnerzahl um 17 Prozent gestiegen. Das ungeplante Städtewachstum hat zur Entstehung zahlreicher informeller Siedlungen geführt. Die Slumbewohner haben keine ausreichende Abwasserentsorgung und sind aufgrund der prekären Verhältnisse anfällig für hygienebedingte Krankheiten. In den Armenvierteln findet meist kein öffentliches Leben statt - es gibt keine Veranstaltungssäle, keine Parks, keine Sportplätze und keine Spielplätze für Kinder.
Arme Familien kämpfen mit zahlreichen Schwierigkeiten. Aufgrund ihres niedrigen Bildungsniveaus finden sie nur selten eine formelle Arbeit und müssen zu Niedriglöhnen arbeiten. Zahlreiche Eltern können die grundlegenden materiellen und emotionalen Bedürfnisse ihrer Kinder nicht erfüllen. Viele Kinder gehen nicht zur Schule, weil sie zum Haushaltseinkommen beitragen müssen. Mädchen werden noch häufiger als Jungen aus der Schule genommen. Die Geschlechterungleichheit macht sich auch in der Alphabetisierungsrate bemerkbar: während 82 Prozent der Männer lesen und schreiben können, sind es bei den Frauen nur 76 Prozent.
Zusammenarbeit und Stärkung der schwächsten Mitglieder der Gemeinde
In den 1980er und 1990er Jahren war Punjab Schauplatz von Kämpfen verschiedener politischer Gruppierungen, die viele Jahre lang für ihre Unabhängigkeit gekämpft hatten. Unzählige Akte der Gewalt brachten großes Elend über die Bevölkerung. Tausende Menschen wurden zur Flucht gezwungen, zahlreiche Kinder verloren die elterliche Fürsorge. Vor diesem Hintergrund begann SOS-Kinderdorf seine Unterstützung in Rajpura. Trotz der jüngsten politischen und wirtschaftlichen Fortschritte in der Region ist unsere Arbeit heute noch genauso wichtig wie zu Beginn unserer Tätigkeit.
Das SOS-Kinderdorf Rajpura liegt in einem Vorort der Stadt. Das Grundstück wurde unserer Organisation kostenlos zur Verfügung gestellt. Schulen, Krankenhäuser und andere wichtige Einrichtungen befinden sich in unmittelbarer Nähe. Wir arbeiten eng mit den lokalen Behörden und gemeindebasierten Organisationen zusammen, um Kinder ohne elterliche Fürsorge und notleidende Familien zu identifizieren und in unser Familienstärkungsprogramm aufzunehmen.
Unsere Arbeit in Rajpura
Ein zentraler Bestandteil der Arbeit von SOS-Kinderdorf in Rajpura ist die Unterstützung von Kindern und Familien aus der Region. Unser Familienstärkungsprogramm bietet ein umfassendes Leistungsangebot, damit Familien vor der Zerrüttung bewahrt werden. Neben der Tagesbetreuung im SOS-Kindergarten leisten wir Aufklärung über Hygiene und Kinderrechte und fördern den Ausbau der elterlichen Kompetenzen. Familien aus dem Kinderdorf und der Gemeinde erhalten regelmäßig medizinische Beratungen und Behandlungen. Zur Einkommensförderung der Eltern bieten wir Berufsbildungskurse, Berufsberatung und Hilfe bei der Suche nach Arbeit. Wenn es keine Selbsthilfegruppen gibt, tragen wir zu ihrer Gründung bei.
Kinder aus der Region, die nicht länger bei ihren Eltern leben können, finden in 14 SOS-Familien mit ihren Geschwistern ein liebevolles Zuhause. Für jedes Kind wird gemeinsam mit der SOS-Mutter und dem Kind selbst ein „persönlicher Entwicklungsplan“ ausgearbeitet. Kleine Kinder besuchen den SOS-Kindergarten zusammen mit den Kindern aus der Nachbarschaft, schließen Freundschaften und sind gut in ihre Umgebung integriert. Ältere Kinder werden in den nahegelegenen Schulen unterrichtet.
Junge Menschen, die ihren SOS-Familien entwachsen, können in das SOS-Jugendprogramm wechseln und werden von qualifizierten Fachkräften durch diese neue Lebensphase begleitet, in der sie eine Berufsausbildung beginnen, ein Studium aufnehmen oder nach Arbeit suchen. Sie werden ermutigt, Zukunftsperspektiven zu entwickeln, Verantwortung zu tragen und zunehmend eigene Entscheidungen zu treffen. Junge Erwachsene aus unseren Programmen sind unter anderem zu Krankenschwestern, Hoteldirektoren, Tourismusanbietern oder Architekten ausgebildet worden.