SOS-Kinderdorf Bawana
SOS-Kinderdorf ist seit 1963 in Indien tätig. In Bawana wurde 1976 das zweite Kinderdorf des Landes eröffnet. Seit dem Jahr 2003 leiten wir in der Region auch ein Familienstärkungsprogramm, um gefährdete Familien vor der Zerrüttung zu bewahren.
Der schwere Neubeginn nach der Vertreibung
Das SOS-Kinderdorf Bawana liegt in einem Vorort von Bawana nördlich der indischen Hauptstadt Neu-Delhi. Die Bevölkerung der Nordwestprovinz ist von 2001 bis 2011 um knapp 30 Prozent gewachsen. Laut Volkszählung hatte die Provinz im Jahr 2011 etwa 3,6 Millionen Einwohner. Trotz der guten Wirtschaftslage leben nach wie vor zahlreiche Menschen in Armut.
In ganz Indien ziehen Menschen auf der Suche nach einem besseren Leben aus den ländlichen Gebieten in die Städte. Auch Bawana bekommt die Landflucht zu spüren und zieht besonders durch seine Nähe zur Hauptstadt zahlreiche Migranten an. Weitere tausende Menschen haben nach den jüngsten Säuberungsaktionen in den Elendsvierteln von Neu-Dheli in Bawana eine neue Heimat gesucht.
Diese Zwangsvertriebenen gehören zu den am stärksten gefährdeten Familien in Bawana. Sie haben nicht nur ihr Zuhause, sondern meist auch ihre Lebensgrundlage verloren. Bawana war mit diesem erneuten Zustrom völlig überfordert: es gab nicht genügend Wohnraum, und die Basisinfrastruktur und Dienstleistungen waren bei weitem nicht ausreichend. Infolgedessen sind neue Slums entstanden, und die Lage ist nach wie vor sehr angespannt. Zahlreiche Menschen leben in Lehmhütten und haben meist keinen Zugang zu Trinkwasser, sanitären Einrichtungen, medizinischer Versorgung und Bildung. Aufgrund von Mangelernährung und schlechten hygienischen Verhältnissen leiden Kinder an zahlreichen Krankheiten. Die Sterblichkeitsraten sind deutlich höher als in den wohlhabenderen Regionen des Landes.
Auch die Arbeitslosigkeit bereitet große Probleme. Viele Eltern können sich und ihre Kinder nicht ausreichend ernähren. Kinder aus notleidenden Familien gehen häufig nur selten oder gar nicht zur Schule, weil sie arbeiten und zum Haushaltseinkommen beitragen müssen.
Enge Zusammenarbeit mit der Gemeinde, um eine Selbstversorgung zu ermöglichen
Die Gemeindeverwaltung hat unsere Bemühungen seit Beginn unserer Tätigkeit in der Region unterstützt. Wir arbeiten eng mit lokalen Behörden und gemeindebasierten Organisationen zusammen, um notleidende Familien zu identifizieren und in unser Familienstärkungsprogramm aufzunehmen.
Im Jahr 1997 wurde das SOS-Kinderdorf Bawana vom Sozialministerium in Dheli als beste Kinderhilfsorganisation des Landes ausgezeichnet.
Unsere Arbeit in Bawana
Ein zentraler Bestandteil der Arbeit von SOS-Kinderdorf in Bawana ist die Unterstützung von Kindern und Familien aus der Region. Unsere Sozialzentren bieten im Rahmen des Familienstärkungsprogramms ein umfassendes Leistungsangebot, damit Familien vor der Zerrüttung bewahrt werden und gut für ihre Kinder sorgen können. Wir leisten Aufklärung über Hygiene und Kinderrechte und fördern den Ausbau der elterlichen Kompetenzen. Familien erhalten Nahrungsmittel, Bildungshilfen, medizinische Beratungen, Impfungen und Behandlungen. Zur Einkommensförderung der Eltern bieten wir Berufsbildungskurse, Berufsberatung und Hilfe bei der Suche nach Arbeit. Wenn es keine Selbsthilfegruppen gibt, tragen wir zu ihrer Gründung bei. Einige Familien können jetzt dank unserer Unterstützung eigene Einkünfte erwirtschaften, in dem sie Tiere halten oder Erdnüsse und Kleidungsstücke verkaufen.
Kinder aus der Region, die nicht länger bei ihren Eltern leben können, finden in 20 SOS-Familien ein liebevolles Zuhause. Hier werden sie gemeinsam mit ihren Geschwistern von SOS-Müttern fürsorglich betreut. Im Kinderdorf gibt es große überdachte Anlagen, auf denen die Kinder in der Regenzeit spielen und nach traditionellem Brauch an heißen Sommertagen auch schlafen können. Wenn nötig, kann der SOS-Kindergarten Tagesbetreuung für Kleinkinder anbieten, während die älteren Kinder zusammen mit den Kindern aus der Nachbarschaft zu den örtlichen Schulen gehen und dadurch bereits in jungen Jahren gut in ihre Umgebung integriert sind.
Junge Menschen können für die Zeit ihrer Ausbildung oder ihres Studiums in die SOS-Jugendprogramme nach Sonipat wechseln. Die Stadt ist etwa 12 km von Bawana entfernt. Mit der Unterstützung qualifizierter Fachkräfte werden sie ermutigt, Verantwortung zu tragen und zunehmend eigene Entscheidungen zu treffen. In jüngster Zeit sind junge Erwachsene aus unseren Programmen unter anderem zu Krankenschwestern, FriseurInnen und LehrerInnen ausgebildet worden.