SOS-Kinderdorf Aboisso
Obwohl das gesetzliche Heiratsalter in Côte d’Ivoire für Mädchen bei 18 und für Jungen bei 20 Jahren liegt, sind Frühehen weit verbreitet. Häufig brechen Mädchen die Schule ab, um eine Familie zu gründen, und können daher dem Armutszyklus nicht entkommen.
Kinderrechte nicht ausreichend geschützt
Aboisso liegt in der Region Sud-Comoé im Südosten von Côte d’Ivoire nahe der Grenze zu Ghana und hat rund 43 000 Einwohner. Die weit verbreitete Überzeugung, dass jedes zehnte Kind einer Familie Unglück bringt, war einer der Gründe für die Eröffnung des SOS-Kinderdorfs im Jahr 1983 - diese Kinder wurden besonders häufig von ihren Eltern verlassen.
Heute liegt die Geburtenrate in Côte d’Ivoire bei durchschnittlich 4,4 Kindern pro Frau. Auf dem Land ist die Rate etwas höher. Nach Angaben von UNICEF benutzen nur 13 Prozent der Familien Verhütungsmittel, und nur 18 Prozent sind ausreichend über HIV/AIDS aufgeklärt.
20 Prozent der Mädchen sind vor Erreichen des 18. Lebensjahres verheiratet, knapp 30 Prozent bereits Mutter. Vielen Mädchen erscheint eine frühe Heirat die einzige Möglichkeit zur Sicherung ihrer Lebensgrundlage.
Vor allem in den ländlichen Gebieten brechen Mädchen häufig die Schule ab und gründen mit einem älteren Mann, der sie finanziell versorgen kann, eine Familie. Dadurch sind diese Mädchen in hohem Maße von ihren Männern oder den Vätern ihrer Kinder abhängig. In dem Versuch, der Armut zu entkommen, geraten viele junge Mädchen in äußerst prekäre Umstände, vor allem wenn sich der Mann als unzuverlässig erweist. Durch die politische Instabilität des vergangenen Jahrzehnts hat sich die Lage weiter verschlimmert. Viele Schulen wurden geschlossen und nur langsam kehren die SchülerInnen in die Klassenzimmer zurück.
Aufgrund der im Vergleich zu anderen westafrikanischen Staaten etwas besseren wirtschaftlichen Situation ist Côte d’Ivoire nicht nur das Ziel von Wanderarbeitern, auch viele Kinder werden hierher verschleppt. Aboisso liegt an einer der größten Menschenhandelsrouten.
Viele Kinder aus Burkina Faso, Mali, Togo, Benin, Niger und Ghana werden hierher verschleppt. Eltern werden häufig mit falschen Versprechungen über Bildung und gutbezahlte Arbeit für ihre Kinder getäuscht. Stattdessen werden die Kinder beispielsweise als Hausangestellte oder bei der Feldarbeit ausgebeutet. Selbst wenn ihnen die Flucht gelingt, haben sie nicht die Mittel, um in ihre Heimat und zu ihren Herkunftsfamilien zurückzukehren.
Ganzheitliche und nachhaltige Unterstützung für eine bessere Zukunft
Armut bedeutet den Mangel an finanziellen Mitteln zur Sicherung der Grundversorgung, an Zugang zu elementaren Gütern und Sozialleistungen wie Gesundheitsfürsorge, Bildung oder Beschäftigung, hat aber auch psychosoziale Auswirkungen und führt zu Unsicherheit, sozialer Ausgrenzung, Gefährdung und Hilflosigkeit. Daher ist die Unterstützung von Familien in Aboisso bei der Einkommensförderung und der nachhaltigen Förderung von Kindern, damit sie selbständige Erwachsene werden können, ein wichtiger Teil unserer Arbeit in der Region.
In jüngster Zeit gab es aufgrund der steigenden Armutsraten immer mehr Bedarf an Unterstützung in der Gemeinde. Das SOS-Familienstärkungsprogramm unserer Sozialzentren umfasst Aufklärungskampagnen über HIV/AIDS und Hilfe für erkrankte Familien.
Das Familienstärkungsprogramm verteilt monatlich Nahrungsmittelpakete und Medikamente, vergibt Schulstipendien und Schenkungen und leistet Unterstützung bei der Gründung von Selbsthilfeprojekten. Darüber hinaus sorgen wir für ärztliche Betreuung, führen Impfungen gegen Meningitis und Typhus durch und bieten Workshops über persönliche Hygiene und Umweltschutz.
Unsere Arbeit in Aboisso
Bis zu 100 Kinder aus der Region, die nicht länger bei ihren Eltern aufwachsen können, finden in zehn SOS-Familien ein liebevolles Zuhause. Hier werden sie gemeinsam mit ihren Geschwistern von SOS-Müttern fürsorglich betreut.
Die Kinder besuchen den SOS-Kindergarten zusammen mit den Kindern aus der Gemeinde, schließen Freundschaften und sind daher bereits in jungen Jahren gut in ihre Umgebung integriert. In der SOS-Hermann-Gmeiner-Grundschule werden über 200 SchülerInnen unterrichtet.
Junge Menschen, die ihren SOS-Familien entwachsen und eine Ausbildung oder ein Studium absolvieren möchten, können in die betreuten Wohngemeinschaften des SOS-Jugendprogramms ziehen. Begleitet durch qualifizierte Fachkräfte können sie sich auf ein Leben in Selbständigkeit vorbereiten und erhalten Unterstützung bei der Suche nach Arbeit oder einem Ausbildungsplatz.