Bildung und Chancengleichheit im Kontext der Kinder- und Jugendhilfe – Was hat sich heuer dazu getan?

Kinder und Jugendliche, die AdressatInnen der Kinder- und Jugendhilfe sind, sind meist auch mit Benachteiligungen oder auch Stigmatisierungen in der Schule konfrontiert. Oftmals kommt es im Rahmen der Fremdunterbringung auch zu Schulwechseln, die den Ausbildungsweg der Kinder und Jugendlichen noch zusätzlich erschweren.

Im heurigen Jahr wurden zwei Forschungsprojekte abgeschlossen, die sich mit dem Thema Ausbildung und Fremdunterbringung beschäftigten: zum einen die Studie zu Bildungschancen und Einfluss sozialer Kontextbedingungen auf Bildungsbiografien von Care Leavern. Dieses Forschungsprojekt wurde durchgeführt von der Uni Klagenfurt in Kooperation mit SOS-Kinderdorf und Pro Juventute.

Die Studie belegt international bekannte Befunde wie etwa, dass Care Leaver bildungsmäßig benachteiligt sind. Sie kommen eher aus bildungsarmen Herkunftsmilieus, erreichen aber durchaus höhere Abschlüsse als ihre Eltern. Zwei zentrale Befunde aus der umfangreichen Studie sind zum ersten die Wichtigkeit von Peers für gelingende Bildungsverläufe und zum zweiten die Notwendigkeit einer Neuorientierungsphase nach einem Bildungsabschluss. Dies basiert auf dem Befund, dass Care Leaver oftmals später höhere Bildungsabschlüsse erreichen, dafür aber auch mehr Unterstützung benötigen. Den wissenschaftlichen Endbericht können sie hier downloaden.

Ein weiteres Forschungsprojekt, das sich – nicht nur, aber auch – mit Bildung und Ausbildung auseinandersetzt, ist die Studie zu Lebenswelten, Perspektiven, Bedarfen und Bedürfnissen von unbegleiteten Minderjährigen mit Fluchtgeschichte bei SOS-Kinderdorf. Das Projekt wurde von der Abteilung Forschung & Entwicklung von SOS-Kinderdorf in Kooperation mit der Uni Graz durchgeführt. Ergebnisse sind beispielsweise, dass der Schulbesuch und die Ausbildung für die Jugendlichen eine große Herausforderung darstellt, aber viele trotzdem die Schule gerne besuchen. Die Problematik liegt hier vor allem in der Gruppe der über 15-Jährigen, die kein Recht auf einen Schulplatz haben und seit kurzem nun auch keine Lehre mehr beginnen dürfen, wenn ihr Asylverfahren noch nicht positiv abgeschlossen ist. Mehr Informationen zum Forschungsprojekt finden Sie hier.

Neben diesen zwei Forschungsprojekten beschäftigten sich heuer auch zwei Tagung mit dem Bildungsthema. Zum einen die JuQuest-Konferenz 2018, die sich unter anderem  Kinder- und Jugendhilfe-relevanten Entwicklungen im Bereich Bildung, Ausbildung und Beruf widmete. Zentrale Ableitungen für Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe sind zum Beispiel, dass es noch viel mehr Kooperationen zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Schulen braucht und dass sich das Fehlen von niederschwelligen Berufsvorbereitungsprojekten nachteilig auf die Ausbildungswege der AdressatInnen der Kinder- und Jugendhilfe auswirkt. Mehr dazu finden sie hier.

Auch ein Blick über die Grenzen lohnt sich. Bei der Tagung „Bildungschancen eröffnen – Was kann die Heimerziehung tun?“, veranstaltet vom SOS-Kinderdorf e.V. in Berlin, stand vor allem eine Frage im Raum: Sollten sich Fachkräfte in den Einrichtung der Kinder- und Jugendhilfe zuerst auf die Entwicklungsaufgaben, die die Kinder und Jugendlichen zu bewältigen haben, fokussieren und dann erst auf das Thema Ausbildung? Oder sollte und kann das auch gleichzeitig passieren? Eine Antwort lieferte der Vortrag von Benjamin Strahl von der Uni Hildesheim. Er ist der Meinung, dass diese Prozesse parallel ablaufen sollten, da sich Erfahrungen in der Schule und das Bewältigen von Entwicklungsaufgaben wechselseitig positiv beeinflussen können. Zur Dokumentation der Tagung geht es hier.

Soweit der fachliche Diskurs, den wir heuer zum Thema Bildung verfolgt haben. Daneben haben wir im Fachbereich Pädagogik ein Positionspapier zum Thema Bildung verfasst. Darin finden sich die fachlichen Voraussetzungen und davon abgeleitet Forderungen an politisch Verantwortliche, die die Bildungschancen von AdressatInnen der Kinder- und Jugendhilfe erhöhen sollten. Das Positionspapier finden Sie hier.

 

Kontakt und Information:

Mag. Thomas Buchner | Forschung & Entwicklung
SOS Kinderdorf | Stafflerstraße 10a | 6020 Innsbruck
Tel.: +43 (0)512 5918 420