SOS-Kinderdorf zu Ausbildungspflicht: Konkrete Angebote für Jugendliche fehlen!

Umsetzung der Ausbildungspflicht erfordert aktive Beteiligung der Arbeitgeberseite – minderjährige Flüchtlinge dürfen nicht ausgeschlossen werden.

Wien (6.3. 2016) –  SOS-Kinderdorf begrüßt grundsätzlich die Pläne, für Jugendliche bis 18 zusätzliche Ausbildungsmöglichkeiten zu schaffen, wie sie der aktuelle Gesetzesentwurf zur Ausbildungspflicht des Sozialministeriums vorsieht. „Wir fordern allerdings eine stärkere Einbeziehung der Arbeitgeberseite, damit auch tatsächlich ausreichend qualitativ hochwertige Bildungs- und Ausbildungsplätze zur Verfügung stehen“, erklärt Christian Moser, Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf Österreich. „Im Moment sind die Rahmenbedingungen dafür nicht gegeben.“ Besonders kritisch sieht SOS-Kinderdorf, dass minderjährige Flüchtlinge von der neuen gesetzlichen Regelung ausgenommen sind.
 
Eine über den Pflichtschulabschluss hinausgehende Ausbildung abzuschließen, sei ein wichtiger Schritt für Jugendliche in Österreich, sagt Moser. „Genauso wichtig sind erweiterte Berufsberatungsangebote und die Schaffung ausreichender niederschwelliger Ausbildungsangebote.“ Ob diese Ziele durch die Normierung einer Ausbildungspflicht verwirklicht werden kann, bleibe aber abzuwarten: „Aus unserer Sicht fehlen konkrete Pläne zur Umsetzung dieser Angebote und jungen Menschen werden nur wenige Anreize gesetzt, eine Ausbildung zu beginnen“, kritisiert Moser.
 
Alleine die Androhung von Strafe sei ganz sicher nicht ausreichend, um Jugendliche zu einer Bildungsberatung zu motivieren. Es brauche konkrete Angebote für Jugendliche, die Ausbildungsstellen suchen, aber keine finden. „Es geht hier nicht nur um eine Pflicht, Kinder und Jugendliche haben vor allem auch ein Recht auf Bildung“, betont Moser. „Außerdem haben junge Menschen auch ein Recht darauf, dass ihre Meinungen, Interessen und Begabungen bei der Erstellung von Perspektiven- und Betreuungsplänen wesentlich berücksichtigt werden.“ Dieses Recht auf Beteiligung werde im aktuellen Gesetzesentwurf nicht berücksichtigt. Eine wichtige Rolle komme vor allem den Sozialpartnern speziell den Arbeitgebervertretern zu. „Es braucht auf jeden Fall ein klares Bekenntnis der Unternehmen, an diesem Gesetzesvorhaben mitzuarbeiten und sich somit dafür einzusetzen, nachhaltige Lösungen, sprich qualitativ hochwertige Ausbildungsplätze, zu schaffen und diese auch langfristig zu sichern“, so Moser.
 

Flüchtlinge zum Nichtstun verdonnert

SOS-Kinderdorf  kritisiert außerdem, dass durch die neue gesetzliche Bestimmung jugendliche Asylwerber bzw. subsidiär Schutzberechtigte vom Zugang zu Bildung ausgeschlossen werden. „In Anbetracht der derzeitigen Länge der Asylverfahren muss man leider davon ausgehen, dass junge Flüchtlinge gezwungen sind, wertvolle Lebenszeit zu verschwenden“, erklärt Moser die Situation. „Sie sind regelrecht zum Nichtstun verdonnert.“ Ohne die so wichtigen Faktoren Schule und Ausbildung würde die Integration in die österreichische Gesellschaft zusätzlich erschwert. Es sei unbedingt notwendig klarzustellen, dass die Ausbildungspflicht, genauso wie die Schulpflicht, für alle unter 18 Jährigen gelte. „In den Kinderrechten ist ganz klar festgehalten, dass  jedes Kind das Recht auf eine bestmögliche Entwicklung und Entfaltung hat“, betont Moser.
Aus diesen Gründen fordert SOS-Kinderdorf in einer Stellungnahme an das Sozialministerium eine Überarbeitung der Gesetzesvorlage unter besonderer Berücksichtigung kinderrechtlicher Aspekte.

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