Schulbeginn – 27.08.18

Schultaschen packen ist teuer: Armutsspirale mit Bildung durchbrechen

390.000 Kinder und Jugendliche in Österreich sind armutsgefährdet. Bildung wäre ein zentraler Schlüssel für eine bessere Zukunft – doch der Kreislauf ist kaum zu durchbrechen.

Für viele Familien ist der Schulstart eine finanzielle Belastung. „Bei Kindern aus armutsgefährdeten Familien verschwindet die Freude auf den ersten Schultag oft hinter finanziellen Sorgen und Scham“, so Christian Moser, Geschäftsführer von SOS-Kinderdorf.

Soziale Ausgrenzung und Benachteiligung sind nicht nur belastend und demütigend für Kinder, sondern stellen oft auch die Weichen für eine karge Zukunft. In Österreich gelten rund 390.000 Kinder und Jugendliche als armuts- und ausgrenzungsgefährdet. Sie können nur eingeschränkt organisierten Freizeitaktivitäten nachgehen oder an Schulausflügen teilnehmen, manche vermeiden auch, Freunde zum Spielen oder Essen nach Hause einzuladen.

Bei SOS-Kinderdorf werden diesen Herbst 727 Schultaschen und ebenso viele Turnsackerl gepackt, mehr als 21.000 Stifte in Federpenale gesteckt und knapp 10.000 Hefte beschriftet. Im Schnitt kosten Schul- und Schreibmaterialien pro Kind 114 Euro zu Schulbeginn. Summiert man alle Ausflüge, Projekte, Materialien und Bücher, fallen im Laufe eines Schuljahres durchschnittlich 850 Euro pro Schüler und Schülerin an. Für viele Familien sind das sehr hohe Ausgaben.

Bildung gegen Armut

Wer in einer einkommensschwachen Familie aufwächst, befindet sich in einer Spirale, die nur schwer zu durchbrechen ist. Denn Einkommen und Bildungsniveau der Eltern bestimmen über die Bildung des Nachwuchses. Nur 15 von 100 Kindern aus bildungsfernen Schichten wechseln nach der Volksschule in ein Gymnasium, während es bei Kindern von AkademikerInnen 65 sind.

„Bei Bildung und Armut beißt sich die Katze in den Schwanz: Kinder aus einkommensschwachen Familien haben geringere Chancen auf Bildung und blicken damit meist selbst einer bescheidenen Zukunft entgegen. Dieser Kreislauf muss durchbrochen werden“, so Moser. Der Umkehrschluss funktioniert genauso: Mit steigendem Bildungsniveau sinkt die Armutsgefährdung. Während das Arbeitslosigkeitsrisiko mit einem Pflichtschulabschluss bei 22,7 % liegt, fällt es mit einem AHS-Abschluss auf 5,5 %.


Der Schulabschluss darf nicht mehr vom Bildungsstand und Gehaltszettel der Eltern abhängen.

Christian Moser
Geschäftsführer SOS-Kinderdorf

Moser und sieht hier das Schulsystem als Dreh- und Angelpunkt: Derzeit überwiegen halbtägige Schulformen. Für echte Chancengleichheit braucht es ganztägige Schulen, in denen ganzheitliche Bildung vermittelt wird. Auch der Ausbau einer gemeinsamen Schule aller 6- bis 14-Jährigen wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung.