Tag der Familie: Von "Bauch-Mamas" und "Jeden-Tag-Mamas"

Tag der Familie 2014

In immer mehr Patchwork-Familien haben die Kinder gleich zwei Mütter oder Väter, oder beides. SOS-Kinderdorf hat hier schon früh eine Vorreiterrolle übernommen.

Mutter, Vater und ein, zwei Kinder – das war lange das typische Bild der Familie in der Gesellschaft. Mittlerweile hat sich dieses Bild aber ganz schön verändert. Es gibt Familien in den verschiedensten Konstellationen – Stichwort Patchwork.

Auch Beate Schmitt lebt in einer besonderen Familienkonstellation. Sie ist SOS-Kinderdorf-Mutter und lebt mit ihren drei SOS-Kindern im Kinderdorf Seekirchen.  Zum „Tag der Familie“, den die  Vereinten Nationen 1993 ins Leben gerufen haben, um an die Bedeutung der Familie für die Gesellschaft zu erinnern, erzählt sie uns  von ihrem ganz speziellen Familienleben.  
 

Frau Schmitt, warum haben Sie sich dafür entschieden, SOS-Kinderdorf-Mutter zu werden?

Ich habe mich nicht wirklich für eine Kinderdorf-Familie entschieden, sondern ich habe mich dafür entschieden in einem sozialen Beruf zu arbeiten, und zwar mit Kindern. Von allen sozialen Berufen, in denen man mit Kindern arbeiten kann, hat mir die Kinderdorf-Familie am besten gefallen, weil ich mich hier mit meiner ganzen Person einbringen kann. Ich wollte diesen Beruf, bei dem ich eben im Haus mit den Kindern lebe, sie dann auch wachsen sehe und sie auch mehrere Jahre begleiten kann.
 

Gibt es denn große Unterschiede zu einer – in Anführungszeichen  – normalen Familie?

Ich würde sagen ich versuche so viel Normalität zu leben wie es geht. Auf der anderen Seite ist es so, dass die Kinder doch auch eigene Eltern, leibliche Eltern haben, die sie regelmäßig sehen, und dass die Kinder auch Erinnerungen haben an die Zeit bei ihren leiblichen Eltern haben, die bei manchen von ihnen zu Verhaltensauffälligkeiten führen. So haben bei SOS-Kinderdorf mehr Menschen mit den Kindern zu tun haben, ob das jetzt Therapeuten oder andere Pädagogen sind, als das  in einer Durchschnittsfamilie der Fall wäre.
 

Der Familienbegriff hat sich in den letzen Jahrzehnten sehr gewandelt. Bei  SOS-Kinderdorf ist die Familie von Beginn an  - also seit Hermann Gmeiner sie 1949 gegründet hat - anders aufgestellt. Und somit ja, wenn auch sicher nicht beabsichtigt, Vorreiter in Sachen Patchwork-Familie ...?


Hermann Gmeiners Idee war damals revolutionär und ist aus meiner Sicht auch richtig. Das Konzept funktioniert weltweit nach dem gleichen Prinzip. Die Mischung von Kindern in einer Familie und die Zusammenarbeit mit den leiblichen Eltern der Kinder  das ist ein Patchworksystem. Daher kann man schon sagen, dass SOS sehr früh diese Patchworksituation gelebt hat.


Sie haben gerade die leiblichen Eltern der Kinder angesprochen, zu denen die Kinder auch noch Kontakt haben. Ist das manchmal nicht ein großer Spagat für Sie als Kinderdorf-Mutter und vielleicht auch ein bisschen schwierig?

Es ist für mich nicht wirklich schwer, weil ich die Herkunftsfamilien achte – ich selbst habe auch eine Herkunftsfamilie und lebe in einer Kinderdorffamilie, insofern kenne ich persönlich auch zwei. Die Kinder spüren, wenn man die Herkunftsfamilien achtet als die Familie, in die sie geboren wurden. Ich denke sie haben dann eben zwei Mamas. Sie haben eine Bauch-Mama, die sie geboren hat, und eine Jeden-Tag-Mama, die sie jeden Tag durchs Leben begleitet.
 

Was denken Sie als "Jeden-Tag-Mama" ist denn mit das Wichtigste für die Kinder im Familienleben?

Es muss nichts perfekt sein. Es kommt auch nicht darauf an, riesige Ausflüge zu machen. Was ich ganz deutlich merke, ist, dass die Zeit, die man dem Kind zuwendet, für das Kind das Wichtigste ist.