Asylpolitik – 21.10.22

Kindeswohl darf nicht Opfer von Machtspielen zwischen Bund und Ländern werden

SOS-Kinderdorf übt scharfe Kritik an Plänen zur Unterbringung geflüchteter Kinder in Großquartieren wie Traiskirchen.

SOS-Kinderdorf hat von Plänen der für die Kinder- und Jugendhilfe zuständigen Landesrät*innen erfahren, wonach zukünftig unbegleitete geflüchtete Kinder auch in Großquartieren des Bundes, wie Traiskirchen untergebracht werden sollen, anstatt wie bisher in Kriseneinrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe der Bundesländer. „Ich kann verstehen, dass es aktuell eine schwierige Verhandlungssituation betreffend der Unterbringung von geflüchteten Menschen zwischen Bund und Ländern gibt“, sagt SOS-Kinderdorf Geschäftsführer Christian Moser. „Diesen Konflikt auf Kosten höchst gefährdeter und oft traumatisierter geflüchteter Kinder auszutragen ist aber absolut inakzeptabel. Was hier von den Ländern vorgeschlagen wird, ist ein beispielloser Skandal und riesiger Rückschritt für die Kinderrechte in Österreich.“

Betroffen davon wären in erster Linie Kinder zwischen 10 und 14 Jahren, die etwa auf der Flucht von ihrer Familie getrennt werden. „Sie brauchen einen besonderen Schutz und auch eine besondere Betreuung“, betont Moser. „Deshalb ist die Kinder- und Jugendhilfe die geeignete Behörde, um diese Kinder aufzunehmen.“ Diese unmündigen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge werden bisher nach ihrem Erstkontakt mit österreichischen Behörden in einer Kriseneinrichtung der Kinder- und Jugendhilfe untergebracht. Danach erfolgt in der Regel eine Betreuung in einer Standardeinrichtung der Kinder- und Jugendhilfe, wenn Kinder nicht wieder mit ihren Familien vereint werden können.
 

Unterbringung in Großquartieren ist Kindeswohlgefährdung

Diese Regelung soll nun bald Geschichte sein. Die Bundesländer sind nicht länger bereit, diese Kinder aufzunehmen. Stattdessen sollen sie in den Erstaufnahmezentren des Bundes, also Traiskirchen, Thalham etc. untergebracht werden. „Dieses Handeln ist absolut verantwortungslos“, kritisiert Moser die Pläne der Landesrät*innen scharf. Diese Lager seien in keiner Weise für Kinder und schon gar nicht für Kinder ohne elterliche Führsorge geeignet. Es gibt dort weder eine qualifizierte, pädagogische Betreuung noch sonstige Unterstützung. Gleichzeitig drohen den Kindern unzählige Gefahren, wie Missbrauch, Menschenhandel, etc.

„Ein solches Handeln aus politischem Kalkül stellt eine handfeste Kindeswohlgefährdung dar“, stellt Moser klar. „In diesem Hickhack um die Kosten für die Unterbringung, werden die Kinderrechte geopfert.“ Und das, obwohl es mit rund 180 alleine ankommenden Kindern im Jahr um eine überschaubare Anzahl von Personen und damit Kosten geht. Langfristig in der Betreuung der Kinder- und Jugendhilfe verbleiben schließlich noch viel weniger Kinder, da es zum Glück in vielen Fällen gelingt, die Kinder wieder mit ihren Familien zusammen zu führen.

 

Kindgerechte und kinderrechtskonforme Betreuung gefordert

Kinder haben das garantierte Verfassungsrecht auf bestmögliche Entwicklung. „Um Kindern dieses Recht zu garantieren, braucht es eine kindgerechte und kinderrechtskonforme Unterbringung, Pflege und Betreuung von Kindern auf der Flucht“, fordert Moser. „Die Obsorge durch die Kinder- und Jugendhilfe ab dem ersten Tag in Österreich ist ein Gebot der Menschlichkeit. Und nach der aktuellen Gesetzeslage kann diese Obsorge nun mal nur bei den Ländern liegen, weil diese die Kompetenzregelung auch so angestrebt haben. Daher muss auch an dieser Stelle Verantwortung übernommen und ausgeübt werden“, so Moser abschließend.

 

 

 

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