Auch für Ines Langstadlinger ist es ganz normal, zu Hause mit ihrem Vornamen angesprochen zu werden. Keines der Kinder, um die sie sich kümmert, nennt sie "Mama". Und das ist völlig in Ordnung für sie: "Die Kinder haben ja leibliche Mütter – und ich kann und will diese nicht ersetzen." Ines ist von Berufs wegen Mutter. SOS-Kinderdorf- Mutter, genauer gesagt.
Sie lebt mit fünf Kindern im Alter zwischen vier und acht Jahren im urbanen SOS-Kinderdorf im 21. Bezirk. Max, Elisa und Hannah (Namen geändert) wuseln im Garten herum, als SALTO zum Fotoshooting eintrifft.Die beiden anderen Kinder sind bei Freunden in der Nachbarschaft zu Besuch. Ines hat ihren Lebensmittelpunkt hier, in dieser Wohnung, bei den Kindern. Sind die sechs eine Familie?
"Wir sind sicher mehr als eine Wohngemeinschaft", sagt sie und wirft einen Blick auf die Zeichnung, die ihr Max vor die Nase hält. "Sehr schön, Max!", sagt sie, streichelt ihm über den Kopf und beginnt aufzuzählen, wer noch aller zur Familie gehört: die leiblichen Eltern und Verwandten der Kinder, die Pädagoginnen, die Ines bei der Betreuung der Kinder unterstützen, ihre eigenen Eltern. Da kann es schon mal eng werden im geräumigen Wohnzimmer.
"Wir sind eine große Patchworkfamilie", sagt Ines, "und können uns aufeinander verlassen." Der Alltag unterscheidet sich kaum vom Alltag anderer Familien. Und doch ist das Zusammenleben nicht ganz so unbelastet wie vielleicht bei anderen. Denn die Kinder haben sich nicht ausgesucht, von ihren leiblichen Eltern getrennt zu leben. Jugendamt und Gericht haben das so entschieden. Da spielen oft psychische Erkrankungen, Sucht, Verwahrlosung oder Gewalt eine Rolle.