Österreichische Helden: Alaba, Dragovic, Özcan & Co
Migranten prägen seit vielen Jahren den heimischen Profi-Fußball.
Die meisten entstammen der zweiten und dritten Generation, manche – wie Zlatko Junuzovic – haben aber auch selbst eine Flucht hinter sich. Zlatko Junuzovic kann problemlos darüber sprechen. Weil ich mich nicht daran erinnern kann." Viereinhalb Jahre alt ist der heute 28-Jährige gewesen, als er mit Papa, Mama und der älteren Schwester in Kärnten eingetroffen ist. Die genauen Umstände der Flucht vor dem Bosnienkrieg kennt er nicht. "Mein Papa hat ein bisserl was erzählt, sicher nicht alles, ich akzeptiere das. Es muss schrecklich gewesen sein."
Die Familie Junuzovic lebt in Graz, der Vater arbeitet in einem Lager. Der Sohn wohnt in Bremen, er kickt ja für Werder in der deutschen Bundesliga. Bis zum 15. Lebensjahr besaß Zlatko auch die bosnische Staatsbürgerschaft, er hat sie ohne sentimentale Gefühle zurückgelegt. "Ich kenne nur Österreich, ich fühle mich als Österreicher, wurde da sozialisiert, habe hier den Fußball erlernt."Er ist noch nie in der Heimat seiner Vorfahren gewesen, Sarajevo kennt er nur aus Erzählungen. Die Oma und die Tante sind in Bosnien geblieben, der Kontakt wird regelmäßig gepflegt. "Aber sie besuchen immer nur uns."
Junuzovic ist ein der Stützen der österreichischen Nationalmannschaft und am Aufschwung unmittelbar beteiligt. Seit Jahren. Trotzdem ist er eine Ausnahme. Denn andere Stützen wie Aleksandar Dragovic, Marko Arnautovic (beide serbischer Hintergrund), David Alaba (Vater aus Nigeria, Mutter von den Philippinen) oder auch Ramazan Özcan und Veli Kavlak (beide türkischer Hintergrund) wurden in Österreich geboren. In zweiter oder gar dritter Generation. Wienerischer als Alaba geht kaum. Zum Weltklassefußballer ist er bei Bayern München gereift.
"Als Fußballer hast du es leichter"
Dragovic hat als Bub bei der Austria gekickt. Ich bin dankbar, eine wunderbare Zeit.Momentan dient er Dynamo Kiew. Kommt er nach Wien, komme ich in meine Heimat und bestelle Schnitzel. Dragovic streitet nicht ab, dass es Parallelgesellschaften gibt. Als Fußballer hast du es sicher leichter. Da geht es um den gemeinsamen Erfolg. Bist du gut, ist egal, woher du stammst. Auch Arnautovic, Legionär bei Stoke City, sieht das ähnlich. Hast du Talent und machst etwas draus, schaffst du es, dann spielt die Herkunft eine untergeordnete Rolle.Tormann Özcan fühlt sich beiden Ländern zugetan. Ich mag die Türkei, ich mag Österreich. Ich kann mit beiden Kulturen etwas anfangen und sehe das als Bereicherung.
ÖFB-Präsident Leo Windtner betont zwar nicht dauernd, aber immer, wenn er danach gefragt wird, die integrative Kraft des Fußballs. Integration wird im Sport vorgelebt. Aber natürlich ist es einfacher als in anderen gesellschaftlichen Bereichen. Rupert Marko ist der Teamchef der österreichischen U19-Auswahl. Er geht davon aus, dass die Zahl der Fußballer mit Migrationshintergrund weiter steigt, speziell in den Ballungsräumen, vor allem in Wien. "Das ist gut so. Fußball bietet nach wie vor eine Chance auf ein besseres Leben, auf einen sozialen Aufstieg. Fußball ist und bleibt ein Sport für die kleinen Leute. Am Anfang brauchst du nur einen Ball und Schuhe." Teamkapitän Christian Fuchs schätzt die "Vielfältigkeit im Fußball. Hier gibt es ein Miteinander, jeder lernt von jedem. Rassismus hat hier nichts verloren, es geht um Respekt,ums Gemeinsame."
Teamstürmer Marc Janko spielt momentan in der Schweiz für den Serienmeister FC Basel. Davor war er in den Niederlanden, in Portugal, der Türkei und in Australien beschäftigt. "Man lernt andere Kulturen kennen, das erweitert deinen Horizont. Aber natürlich ist alles einfacher, wenn du in einer privilegierten Position bist. Trotzdem musst du als Fußballer ein Vorbild sein, für einen offenen, solidarischen Umgang eintreten. Wobei der Sport nicht die Probleme der Welt lösen kann."
Karriere im Ausland
Die österreichischen Klubs profitieren von den Talenten, egal ob mit oder ohne Migrationshintergrund, nur bedingt. Das hat aber mit der Liga zu tun. Die besten wechseln als Jugendliche ins Ausland, weil sie dort die größeren Perspektiven sehen. Sportlich wie finanziell.
Das Nationalteam wird von dieser Entwicklung eher profitieren, es besteht jetzt schon nahezu ausschließlich aus Legionären. Zlatko Junuzovic hat im Vorjahr, als die Flüchtlingswelle den Höhepunkt erreichte und die Grenzen noch offen waren, Klartext gesprochen: "Man darf nicht wegschauen. Es gehört sich für jedes Land, Menschlichkeit zu zeigen." Irgendwann wird sich Junuzovic Sarajevo anschauen: "Wenn ich Zeit habe."
Text: Christian Hackl