Aleppo im März 2011: Saida ist in nervöser Vorfreude - hochschwanger und glücklich. In drei Wochen ist der langersehnte Geburtstermin. Das Baby, von seinen Eltern erhofft und gewünscht, wird es gut haben im Leben. Der Vater, ein engagierter Chirurg, die Mutter eine moderne, junge Frau, die Familie gut situiert, ein schönes Haus am Stadtrand, Garten, Freunde, Großeltern die sehnlichst auf ihr erstes Enkelkind warten. Wird es ein Bub oder ein Mädchen? Völlig egal. Der Kinderwagen steht bereits im Flur. Jeden Tag wollen die jungen Eltern jetzt spazieren gehen, die Parks und Spielplätze ihrer Kindheit besuchen, in Straßen-Cafes mit Freunden Babygeschichtgen austauschen, ihr junges Familienglück genießen. Die besten Voraussetzungen, um ihrem Kind alles zu bieten was es benötigt für sein Erwachsenwerden.
Doch wenige Tage vor der Geburt bricht in Aleppo der Krieg aus. Saidas Tochter Ranja wurde im Krieg geboren, Ranja kennt nur den Krieg, der Krieg ist ihr Leben. All das Schreckliche, vor dem sie ihre Eltern bewahren wollten, ist über das Mädchen hereingebrochen. Die Erlebnisse haben ihre kleine Seele für immer verwundet und werden sie ein Leben lang verfolgen, auch wenn Ranja das heute noch nicht weiß. Eine geraubte Kindheit, - Schocks, Terror, Elend und Leid haben ihr junges Leben und das vieler Kinder in Syrien geprägt.
Und doch gibt es Hoffnung! In einem Child Friendly Space am Stadtrand von Aleppo hört man Ranja bei einem Zeichentrickfilm vor Freude quietschen oder beim Malen ein Lied von der Farbe Rosarot trällern. Ihr Lachen, ihre Fröhlichkeit, die dieser Hort für ein paar Stunden ermöglicht, ist das größte Geschenk für Mutter Saida und auch für die Mitarbeiterinnen von SOS-Kinderdorf. Auf die Frage, was sie in den letzten sechs Jahren in einem zerbombten Aleppo alles erreicht haben, neben all der Nothilfe mit Lebensmitteln, Trinkwasser, Medikamenten und warmen Decken, kommt vor allem auch diese Antwort: "Wir konnten der kleinen Ranja und weiteren 4.300 Kindern täglich ein Stück geraubter Kindheit zurückgeben, eine Hilfe, die leise ist, aber die lange in den Seelen dieser Kinder nachwirkt."