Interview – 25.04.18

Wie man Kinder bei Trennung der Eltern unterstützt

"Kinder leiden nicht unter einer Scheidung, sondern unter einer missglückten Scheidung", sagt Ulrike Bülow, Leiterin der Rainbows-Gruppen im Burgenland. Wir haben die Expertin nach Tipps gefragt, wie man Kinder bei Trennung der Eltern begleiten und helfen kann.

Kinder werden durch Konflikte belastet

Eine Trennung oder Scheidung ist für niemanden einfach. Die Eltern sind emotional oft stark unter Druck, haben ihren Kindern gegenüber Schuldgefühle und Kinder wollen, dass Mama und Papa zusammen sind. Trotzdem ist es wichtig zu wissen, Kinder können die Trennung der Eltern überwinden, wenn sie nicht zusätzlich mit den Konflikten der Eltern belastet werden. Wichtig ist es, dass sich die Eltern rechtzeitig Hilfe holen oder beraten lassen, wenn der Druck zu groß wird.
 

"Weiche Übergaben"

Kinder profitieren davon, wenn Eltern eine gute Regelung finden, wann sie jeweils bei Mama oder Papa sein können. Wichtig sind auch die Übergänge, der Wechsel vom einen Elternteil zum anderen. Zwischen Tür und Angel und vor den Kindern sollten keine Konflikte ausgetragen werden. Kommt etwa der eine Elternteil später als ausgemacht und sorgt das für Unmut, sollte das später telefonisch besprochen werden oder wenn die Kinder im Kindergarten oder Schule sind, nicht direkt vor den Kindern.
 

Sich mit Wertschätzung begegnen

In einer akuten Trennungssituation ist es nicht immer einfach, dem ehemaligen Partner oder der ehemaligen Partnerin mit Wertschätzung zu begegnen. Oftmals hilft es, die Paarebene ganz bewusst von der Elternebene zu trennen. "Wir sind kein Paar mehr, aber wir werden immer Eltern bleiben". Beide Elternteile sollten sich als wichtigen Teil im Leben ihres Kindes anerkennen. Man trägt immer noch die gemeinsame Verantwortung für das gemeinsame Kind. Als Eltern gibt es keine Scheidung.

 

Kinder brauchen beide Elternteile

Für Kinder ist es ganz essenziell, dass sie Mama und Papa lieb haben dürfen. Es sollte also nicht nur "ok" sein, dass das Kind Kontakt zum anderen Elternteil pflegt, sondern man sollte es seinem Kind von Herzen wünschen. Wenn man den anderen Elternteil ablehnt, spüren das auch die Kinder. Sie fragen sich dann: "Hat Papa mich noch lieb, wenn ich Mama auch lieb habe?" Kinder geraten in einen Loyalitätskonflikt und geben sich nicht selten selbst die Schuld. Konflikte der Eltern wirken sich so auf das Selbstwertgefühl der Kinder aus.
 

Nach vorne schauen

Wie kann es also gelingen, trotz gescheiterter Beziehung die gemeinsame Verantwortung für die Kinder zu leben? "Es bringt nichts zurückzuschauen, wichtig ist es sich nicht in Selbstvorwürfen oder Vorwürfen zu verlieren, sondern nach vorne zu schauen", so Ulrike Bülow. Das kann gelingen, indem man seinen "Leitstern" nicht aus den Augen verliert: Wie geht es meinem Kind? Was will ich für mein Kind? Man kämpft nicht gegeneinander, sondern ist miteinander für das gemeinsame Kind da.

Wenn es keine Möglichkeit gibt, die Konflikte untereinander zu regeln, dann sollte der erste Weg nie zum Anwalt sein, sondern zu einer Beratung. Rainbows bietet solche Beratungen an. Verheiratete Eltern haben sogar die gesetzliche Verpflichtung zu einer Beratung zu gehen, diese sollte so bald wie möglich in Anspruch genommen werden und nicht erst als letzter Ausweg.
 

Mit den Kindern offen sprechen

Die Zeit der Trennung ist für Kinder oft mit vielen Ängsten und Sorgen verbunden, weil sie einfach nicht wissen, was eine Trennung der Erwachsenen für sie bedeutet. Eltern sollten kindgerecht und in "Wir-Botschaften" den Kindern die wichtigsten Informationen geben, die sie brauchen, um sich sicher zu fühlen, sie jedoch nicht in Streitigkeiten hineinziehen.
 

SOS-Kinderdorf & Rainbows begleiten Kinder in stürmischen Zeiten

SOS-Kinderdorf bietet burgenlandweit durch die Rainbows-Gruppen professionelle Begleitung für Kinder und Jugendliche nach Trennung oder Scheidung der Eltern an. In den Rainbows-Gruppen für Kinder zwischen 4 und 17 Jahren lernen sie schwierige Gefühle besser zu verstehen und merken auch, dass sie damit nicht alleine sind. Die Kinder finden spielerisch heraus, was ihnen in schwierigen Situationen Kraft gibt und dass Mama und Papa immer die eigene Familie bleiben werden. Dabei werden sie professionell begleitet durch eine erfahrene Gruppenleiterin /einen erfahren Gruppenleiter mit Einfühlsamkeit, Neutralität und vielen kreativen und altersgerechten Methoden zur Bearbeitung der Themen, die für Kinder in diesen stürmischen Zeiten wichtig sind.


In Österreich gibt es Rainbows seit 1991. Von 1991 bis 2015 wurden insgesamt über 28.000 Kinder in Rainbows-Gruppen unterstützt.
 

  • Rainbows betreut Kinder und Jugendliche nach Trennung/ Scheidung oder Tod – in ganz Österreich.
  • Im Schnitt gibt es pro Jahr 260 Rainbows-Gruppen in Österreich, an denen 1.200 Kinder teilnehmen. 700 Kinder werden nach dem Tod eines nahestehenden Menschen begleitet.
  • www.rainbows.at

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