SOS-Lebenswege

Kickboxer mit großem Herzen

Vor fünf Jahren kam Amiri als unbegleiteter Minderjähriger Flüchtling nach Österreich. Heute kämpft er für das österreichische Kickbox-Nationalteam – und möchte der Gesellschaft etwas zurückgeben.

 

"Ich muss ja niemandem helfen", sagt Amiri und zuckt mit den Schultern, "aber ich kann es, deshalb tue ich es auch." Ein Gespräch mit Amiri, 19 Jahre, inspiriert zum Selbst-aktiv-werden. Was der junge Mann aus Afghanistan in den letzten fünf Jahren alles erlebt, erarbeitet und gemeistert hat, lässt einen staunend zurück. Schulabschluss, Führerschein, und Kickboxtraining bringt er mit scheinbarer Leichtigkeit unter einen Hut – und schafft es nebenbei noch, sich sozial zu engagieren. "Als ich ganz neu in Österreich war, war es schon schwierig mich zurechtzufinden. Aber heute geht es mir zum Glück gut."

Amiri, oben angekommen! 

Dinge, die das Leben leichter machen

Dass es Amiri heute so gut geht, ist zu einem großen Teil auch ihr Verdienst: Amiris Gastmama Sabine. SOS-Kinderdorf hat die beiden im Gastfamilien-Programm begleitet. Heute ist Amiri volljährig, lebt in einer kleinen Wohnung in Wien, die er liebevoll renoviert hat und steht auf eigenen Beinen. Seine Gastmama Sabine sieht er trotzdem fast jeden Tag. "Es gibt verschiedene Dinge, die das Leben leichter machen", sagt Amiri. „Für mich gehören dazu ganz klar die Eltern - die dir den Weg zeigen, die dich auch mal pushen… Ich habe das Glück, auch in Österreich eine Gastmama zu haben, die mir gezeigt hat, wie das Leben hier funktioniert", sagt Amiri und blickt dankbar zu Sabine.

Mehr als ein Sport

Unterstützt hat Sabine auch von Anfang an Amiris große Leidenschaft: das Kickboxen. "Vor fünf Jahren wusste sie nicht einmal, was das für ein Sport ist", lacht Amiri. "Heute begleitet sie mich zu jedem Turnier."

Seit etwa einem Jahr tritt Amiri offiziell für das Österreichische Nationalteam an – einer seiner schönsten Erfolge. "Es bedeutet mir sehr viel, für das Land antreten zu dürfen, in dem ich lebe. Mein Ziel ist es, noch viele Titel und Medaillen für Österreich zu holen und das Kickboxen hier noch größer zu machen."

Eine ganze Wand braucht Amiri um all seine Preise und Medaillen unterzubringen.

 

Für Amiri ist das Kickboxen dabei mehr als nur ein Sport. "Durch das Kickboxen habe ich gelernt, wie man im Leben weiterkommt, wie man Ziele erreicht. Im Sport muss man Charakter haben, sich benehmen können – Das hat mir auch im normalen Leben geholfen. Und ich habe auch gelernt, dass ich viel Kraft habe". Und diese Kraft möchte Amiri zum Positiven einsetzen.

Zurückgeben

"Jeder auf der Welt braucht mal Hilfe, wir müssen einfach alle zusammenhalten", erklärt Amiri wie selbstverständlich, wenn man nach seinem sozialen Engagement fragt. Als SOS-Kinderdorf zu Beginn der Corona-Krise für den Secondhand-Store Babäm! um Schutzmasken-Spenden bat, zögerte er nicht, setzte sich gemeinsam mit Gastmama Sabine an die Nähmaschinen und nähte drauf los.

Das Nähen hat übrigens Amiri seiner Gastmutter beigebracht. Er selbst hat nämlich bereits als 7-jähriger in Afghanistan als Näher arbeiten müssen. "Was ich in meinem Leben kann, gebe ich weiter", sagt Amiri. "Ich selbst habe schwierige Zeiten erlebt, wenn jetzt andere Leute Probleme haben, helfe ich natürlich – weil ich es kann".

Alles wird gut!

Neben seinen großen sportlichen Zielen, zeigt sich Amiri vergleichsweise bescheiden, wenn es um seine privaten Vorstellungen für die nächsten Jahre geht. "Ich möchte einfach, wie die normalen Leute leben: einen Job finden, arbeiten gehen – und vielleicht eine Familie gründen".

Leiten lässt sich Amiri dabei weiterhin von der Zuversicht seiner Gastmama Sabine, deren Lieblingsspruch sich wie ein Mantra bei ihm eingebrannt hat: "Alles wird gut!"

 

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