Pionierinnen im SOS-Kinderdorf

Schon in den Anfängen waren Frauen maßgeblich am Aufbau von SOS-Kinderdorf beteiligt. Und auch heute stehen Frauen an der Spitze von SOS-Kinderdorf.

1953: Hermann Gmeiner im Gespräch mit den Pionierinnen
2019: Die neue Geschäftsführung von SOS-Kinderdorf: Nora Deinhammer, Christian Moser, Elisabeth Hauser

"Der Gmeiner hat das nicht allein erfunden"

Mit diesen Worten fasst eine Weggefährtin Maria Hofers ein Gespräch mit ihr über die Anfänge von SOS-Kinderdorf zusammen. In den Gründungsjahren zwischen 1946 und 1949 waren die Fürsorgerin Maria Hofer, die Krankenschwester Hertha Troger und Helene Didl maßgeblich an der Vereinsgründung, am Aufbau der Organisation und des ersten SOS-Kinderdorfes in Imst beteiligt.

Maria Hofer und Hertha Troger, zwei "Powerfrauen" die sich durchzusetzen wussten, verbindet eine fachspezifische Ausbildung und einschlägige Berufserfahrung. Alle drei Frauen aus der Gruppe der GründerInnen waren älter als ihre Kollegen. 1949 war Maria Hofer 36, Hertha Troger 52 und Helene Didl 53 Jahre alt. Hermann Gmeiner als Ältester unter "den Studenten" war gerade 30 geworden.

Konflikte mit Hermann Gmeiner und die patriarchale Struktur der Organisation drängten Maria Hofer ab 1956 zu einer beruflichen Neuorientierung, die sie letztendlich in der pastoralen Arbeit fand. Hertha Troger hatte bereits 1949 die Konsequenzen ihrer Differenzen mit Gmeiner zu tragen. Ihr Einsatz für 1956 aus Ungarn flüchtende Kinder und Jugendliche ermöglichte eine erneute Kooperation zwischen Hertha Troger und SOS-Kinderdorf.

Jahrzehnte später erfuhren beide Frauen eine Würdigung als Mitbegründerinnen von SOS-Kinderdorf. Helene Didl wiederum steht am Beginn einer Reihe von Frauen, für die SOS-Kinderdorf zur Lebensaufgabe wurde.

Portraits

In der Gruppe der GründerInnen war Maria Hofer die einzige sozialarbeiterische Fachkraft. Die Verbindung von Sozialarbeit, Theologie und kaufmännischem Denken sowie von intellektueller Auseinandersetzung und handfestem Zupacken charakterisierten die 1913 in Innsbruck geborene Maria Hofer. Mit ihrem Erbteil trug sie wesentlich zur existentiellen Grundlage des Vereins bei. Konflikte mit Hermann Gmeiner und die patriarchale Struktur der Organisation drängten Maria Hofer ab 1956 zu einer beruflichen Neuorientierung, die sie letztendlich in der pastoralen Arbeit fand. 1989 würdigten SOS-Kinderdorf und das Land Tirol sie für ihr Engagement als Mitbegründerin. Maria Hofer verstarb 1997 mit 84 Jahren.

Die Verluste von Mann und Kindern dürften ausschlaggebend für ihr Engagement in den Anfängen von SOS-Kinderdorf gewesen sein. Die 1896 geborene Helene Didl fand dort für mehr als drei Jahrzehnte, bis zu ihrem Tod 1980, eine familiäre Gemeinschaft ebenso wie eine besondere und sinnstiftende Aufgabe. Sie spielte eine bedeutende Rolle in dem für die Spendenbeschaffung so wichtigen „Frauenring“, in der Versand- und Werbearbeit und als "Didl-Mami" im SOS-Kinderdorf wie im SOS-Feriendorf in Caldonazzo.

Die 1897 geborene Diplomkrankenschwester hatte bereits 30 Jahre Berufserfahrung in der Pflege und der Ausbildung von Krankenschwestern, als sie sich auf Anfrage Hermann Gmeiners bei der Konzeption und Umsetzung von SOS-Kinderdorf engagierte. Hertha Troger richtete ihre Motivation auf eines der ursprünglichen Vereinsziele aus, Kinder alleinstehender und berufstätiger Frauen in einer "Mutter-Kind-Einrichtung" zu betreuen.

Als berufstätige Mutter war sie selbst davon betroffen, ihre Kinder auf Pflegeplätzen unterbringen zu müssen. 1949 fragte Hertha Troger Tiroler Gemeinden nach einem Baugrund für SOS-Kinderdorf an. Gemeinsam mit Maria Hofer u.a. führte sie die ersten Verhandlungen mit der Gemeinde Imst. Zum Spatenstich für das erste SOS-Kinderdorf-Haus wurde sie nicht mehr eingeladen. Hertha Troger fand eine neue Aufgabe in der Begleitung von Kindern und Jugendlichen auf der Flucht und engagierte sich für die Betreuung von Menschen mit Psychiatrieerfahrung. Sie verstarb 1986 kurz vor ihrem 89. Geburtstag.

 

2019 - Frauen an der Spitze

Ich will speziell Frauen darin bestärken, Führungsverantwortung zu übernehmen, sich also der eigenen Potenziale sicher zu sein und das Wechselspiel von Scheitern und Lernen als Weg zum Erfolg zu betrachten. Ganz grundsätzlich sollen Frauen und Männer bei SOS-Kinderdorf gleichberechtigte berufliche Rahmenbedingungen dafür haben, Familienaufgaben zu übernehmen. Dies stärkt Frauen, die Mütter sind, und kommt auch den Vätern und Kindern zugute.

Elisabeth Hauser
Geschäftsführerin

 

Als Führungskraft ist es mir ein besonderes Anliegen, anderen zu ermöglichen, ihren eigenen Weg zu finden und zu realisieren. Das ist das Geheimrezept für den Erfolg

Nora Deinhammer
Geschäftsführerin

 

Welttag der Frau

Seit über 100 Jahren gehen Frauen am Internationalen Frauentag für eine gleichberechtigte Teilhabe an gesellschaftlichen Prozessen und Ressourcen auf die Straße. Wagemutig und ausdauernd, anpassungsfähig und widerständig setzten Frauen auch in der Geschichte von SOS-Kinderdorf Initiativen: beim Aufbau von SOS-Kinderdörfern, in der Mittelbeschaffung, in der Werbung, in der pädagogischen Ausrichtung und in der sozialpädagogischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen. Berufliche und persönliche Entwicklungen von 15 "Pionierinnen im SOS-Kinderdorf“ können Sie in dem von Bettina Hofer und Christina Lienhart verfassten Buch "idealistisch und wagemutig" nachlesen.