Krisenpflegeeltern – 30.09.21

Krisenprofi mit Herz

Gabi Grössing bietet als Krisenpflegemutter Kindern in Not ein vorübergehendes Zuhause - Ein Besuch im Lavanttal

Seit über elf Jahren ist Gabi Grössing als Krisenpflegemutter für das SOS-Kinderdorf tätig. Ihr Mann steht neben seinem Job hundertprozentig hinter ihr und ihren Schützlingen, ohne das wäre diese Arbeit auch nicht möglich, betont Gabi Grössing.

Gabi Grössing

„Wenn dich dann ein Kind anstrahlt, das sind ganz große Momente!“

Gabi Grössing

 

71 Kinder aufgenommen, begleitet und gehen lassen. Und noch immer nicht müde.

Ihre drei eigenen Kinder sind schon aus dem Haus und ein Enkelkind gibt’s seit neuestem auch schon. 71 Kinder standen schon vor Grössings Tür, mitten in der Krise, manchmal mitten in der Nacht, manchmal Sonntagnachmittag, manchmal in der Weihnachtszeit. Dieser beherzte Antrieb, da zu sein, bereit zu sein, rund um die Uhr. Was ist die Motivation?

„Die Kinder selbst. Es ist toll, zu sehen, wie sie sich oft schon innerhalb weniger Tage entwickeln, kleine Schritte machen, Beruhigung und Stabilität kommt. Dieser Unterschied, wie sie gekommen sind und wieder gehen. Ich hatte beispielsweise einen vierjährigen Buben, der nicht reden, nicht kommunizieren konnte. Als er gegangen ist, hat er so wunderbar gesprochen, sich so lebhaft mitteilen können. Das motiviert immer wieder aufs Neue.“

Gabi Grössing erinnert sich auch an einen fünfjährigen Jungen, der zu ihr kam, auf dem Niveau eines 18 Monate alten Kindes. Er konnte sich nicht ohne Hilfe die Hose anziehen. „Und eines Tages hatte er es geschafft, ganz alleine seine Jeans anzuziehen. Er strahlte übers ganze Gesicht! Das sind so Momente, die vergisst man nicht. Die geben ganz viel Kraft und Energie. Da vergisst man auch schnell wieder eine schlaflose Nacht.“

 

Weinen gehört dazu

Auch vier Kinder zeitgleich hatte die Krisenpflegemutter schon bei sich zu Hause im Lavanttal. Derzeit hütet sie ein kleines Mädchen, fünf Monate alt. Sie kam mit einer massiven Vorgeschichte, Unruhe und permanentem Schreien ins Haus. „Ja und es ist so schön zu erleben, wie sie sich so langsam beruhigt, stabilisiert, Struktur, Sicherheit und Wärme annehmen kann.“

Alle fünf, sechs Wochen hat Gabi Grössing Supervision. Das braucht man auch in diesem Job, sagt sie. Das Loslassen, gehen lassen, ist natürlich ein Thema. Denn eines Tages, heißt es wieder Abschied nehmen. Dann ist der Krisenhort beendet. „Da muss man sich vordergründig einfach selbst auch wieder als Profi wahrnehmen. Sonst würde das nicht funktionieren. Und natürlich, man weint auch, keine Frage“. Gabi Grössing ist Krisenprofi mit Herz. „In so einer Situation, wenn ein Kind dann wieder geht, ist es wichtig, die eigenen Gefühle hintenanzustellen, dem Kind zu signalisieren, es ist gut so, es ist okay, dass du jetzt gehst. Du kannst jetzt gehen!“ Wäre das nicht möglich, meint Grössing, würde sie dem Kind und auch sich selbst schaden. Und klar, Trauer gehört dazu: „Zugegebenermaßen gibt es Kinder, wenn sie gehen, da kann ich eine Woche lang nicht ins Zimmer gehen und die Bettwäsche abziehen. Aber ich gib mir dann einfach diese Zeit. Und dann hab ich auch wieder die volle Energie und Kraft für den nächsten Schützling, der vor der Tür steht.“

 

Krisenpflegeeltern gesucht

Im Vorjahr wurden 27 Kinder in Kärnten in Krisenpflegefamilien untergebracht. Mehr als die Hälfte konnte bereits wieder zur eigenen Familie zurückkehren. Das Angebot wird zur Gänze vom Land finanziert. Angestellt sind die Krisenpflegeltern beim Pflegeelterndienst des Hermann-Gmeiner-Zentrums im SOS-Kinderdorf. Um für den Job infrage zu kommen, gibt es einige Anforderungen. So sollten die Krisenpflegeeltern zwischen 30 und 50 Jahre alt sein. Die potenziellen Krisenpflegepersonen müssen ein Ausbildungscurriculum absolvieren. Das Land ist immer wieder auf der Suche nach Krisenpflegeeltern.

Nähere Informationen gibt es unter christoph.schneidergruber@sos-kinderdorf.at