Was wir aus Krisen lernen können

Irgendwas ist immer. Kaum ist eine Krise in der Familie überstanden, biegt die nächste schon um die Ecke. Es lohnt sich also, mit Krisen umgehen zu lernen.

Die Corona-Krise hat uns voll im Griff. Sie bringt Familien oft an die Belastungsgrenze. Doch auch für Corona gilt wie bei jeder anderen Krise: Es wird vorbeigehen! Und leider auch: Nach der Krise ist vor der Krise. Denn Krisen tauchen in verschiedenster Form immer wieder in Familien auf: Seien es große Krisen wie der Verlust eines Arbeitsplatzes oder der Tod eines nahen Verwandten, oder kleinere Krisen wie ein Schulwechsel.

Doch wie kann man Krisen als Familie gut meistern? Wie unterstützen wir Kinder in der schweren Zeit? Diese Tipps zum gemeinsamen Durchstehen können wir aus der Corona-Zeit mitnehmen:

 

#1 Die Erwachsenen tragen die Verantwortung – immer!

Jede Krise, ob groß oder klein, braucht VerantwortungsträgerInnen. Die gibt es in der Politik, bei der Feuerwehr, in der Schule oder auch im Job. Kindern sollte vermittelt werden, wer im Familiensystem die Verantwortung trägt und damit auch für eine Lösung zuständig ist. Als Eltern müssen wir diese Verantwortung übernehmen und dies auch den Kindern sagen. Kinder haben nie Schuld daran, dass Mama oder Papa die Arbeit verloren haben oder dass mit dem Umzug ein Schulwechsel ansteht – aber Kinder glauben beinahe immer, dass es mit ihnen zu tun hat. Schuldgefühle und daraus resultierende Selbstwertstörungen können die Entwicklung von Kindern massiv schädigen. Darum: Sprechen Sie mit Ihrem Kind! Erklären Sie die Situation kindergerecht und betonen Sie, dass Mama und Papa sich darum kümmern und eine Lösung finden werden. Nicht selten muss man dieses Vorgehen immer wieder wiederholen. Natürlich dürfen Kinder ihre Meinung äußern und diese sollte auch ernst genommen werden. Aber vermeiden Sie, dass das Kind krisenrelevante Dinge selbst entscheiden muss, sondern betonen Sie immer wieder, wer die Verantwortung trägt.

#2 Gefühle anerkennen und aktiv zuhören

Krisen bringen immer große Emotionalität mit sich. Geht es uns Erwachsenen oft schon nicht gut, wenn wir uns in einer Krise befinden, empfinden Kinder diese Zeit oft als noch herausfordernder. Denn Kinder leben mehr im Hier und Jetzt und können weniger abschätzen, wie lang eine Krise noch dauert und von welchen Umständen sie abhängt. Je jünger die Kinder sind, desto mehr spielt auch noch die Fantasie eine große Rolle – und damit kommen Ängste und Verzweiflung.
Es ist wichtig, Kinder nicht alleine mit ihren Gefühlen zu lassen. Sprechen Sie Ihren Nachwuchs aktiv an und fragen Sie nach seinen aktuellen Gefühlen und Gedanken. Hier hilft aktives Zuhören. Dabei darf das Kind frei äußern, wie es ihm geht. Es ist alles erlaubt. Die Erwachsenen hören nur zu und geben keine Antworten, keine Erklärungen und – ganz wichtig! – keine Verbesserungen („Da brauchst du jetzt aber nicht traurig sein!“). Sollten sich Gefühle nur in Handlungen des Kindes zeigen (zum Beispiel durch Wutausbrüche) können wir dem Kind beim Ausdrücken helfen: „Ich kann mir gut vorstellen, dass es dir Angst macht auf eine neue Schule zu gehen.“ oder „Ich sehe, es macht dich wohl sehr wütend, dass Tobias nicht mehr mit dir spielen möchte.“. Ob Sie damit richtigliegen oder nicht, ist unwichtig. Dem Kind fällt es leichter, mit ja oder nein zu antworten, als selbst Gefühle zu benennen, die es vielleicht das erste Mal empfindet.

#3 Intervention – Rat – Zuhören

Auch mit der „Intervention-Rat-Zuhören“-Methode kann man ein Kind gut unterstützen, wenn es sich in einer Krise befindet: Wenn Ihr Kind Ihnen aufgeregt etwas erzählt, über das es sich zum Beispiel sehr aufregt, können Sie direkt fragen: „Was möchtest du von mir: Soll ich einschreiten (intervenieren), brauchst du einen Rat oder soll ich dir zuhören?“. In vielen Fällen brauchen Kinder gar keine Hilfestellung der Eltern, sondern nur ein offenes Ohr für Sorgen oder Probleme. Diese Methode hilft nicht nur, dem Kind das zu geben, was es gerade braucht, sondern auch dem Elternteil, nicht immer direkt in Aktionismus zu verfallen und zu glauben, alle Probleme lösen zu müssen.

#4 Professionelle Hilfe ist kein Aufgeben!

Viele Menschen empfinden es als Versagen, wenn sie das erste Mal professionelle Hilfe aufsuchen. Krisen, die im Alltag regelmäßig vorkommen, müssen doch alleine bewältigt werden! Das stimmt aber nicht! Sich in schwierigen Situationen Rat und Unterstützung zu suchen ist ein verantwortungsvoller Schritt und dient dem Wohl der gesamten Familie. Die Gesundheit jedes einzelnen Familienmitglieds trägt zum Gesamtwohl der Familie bei und es gibt kein Problem, das zu klein für Unterstützung von Außen ist! Es empfiehlt sich, lieber zu früh als zu spät Hilfe zu suchen und gemeinsam mit Profis die Thematiken zu besprechen. Einerseits, weil es dann oft weniger Hilfe zur Selbsthilfe braucht, andererseits, weil auch die Besten nur die Scherben aufsammeln können, wenn etwas völlig zerbrochen ist. Oder auch: Bei einem Steinschlag auf der Fensterscheibe des Autos ist es wesentlich besser, bei den ersten Rissen zur Reparatur zu gehen, als später die ganze Scheibe austauschen zu müssen.

#5 Mitleid ist ein schlechter Begleiter.

Wenn wir Eltern eine Entscheidung treffen, die Nachteile für unsere Kinder mit sich bringt, fühlen wir uns oft nicht gut dabei. Selbst dann, wenn wir wissen, dass diese Entscheidung auf lange Sicht gut für das Kind ist. Wichtig ist, dass wir in unserer Verantwortung als Erwachsene und Eltern eine Entscheidung getroffen haben. Wir hören unserem Kind zu, begleiten es und besprechen die Verantwortung mit ihm. Dabei haben wir kein Mitleid, sondern wir haben Mitgefühl. Mitleid ist nicht nur sehr zehrend, sondern kann uns auch in unseren wichtigen Entscheidungen beeinflussen. Besser ist es, mit den Kindern mitzufühlen. Mitgefühl zeigt den Kindern, dass wir sie verstanden haben, dass wir ihre Gefühle anerkennen und sie ernst nehmen. Das steigert ihr Selbstbewusstsein und ihren Selbstwert und verdeutlicht ihnen gleichzeitig, dass Mama und Papa Verantwortung übernehmen und Sicherheit bieten.

 

 

 

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