Rat auf Draht – 03.10.22

35 Jahre: Über drei Millionen Beratungen

Im Schnitt führt Rat auf Draht 230 Beratungsgespräche täglich und trägt damit enorm zur psychosozialen Entlastung von jungen Menschen bei. Zum Jubiläum gibt es den Wunsch nach mehr finanzieller Unterstützung durch die Öffentliche Hand.

Heute vor genau 35 Jahren flimmerte die erste ORF TV-Sendung von Rat auf Draht über die Bildschirme. Seit damals hat sich viel getan: Anfangs als Ombudsstelle für Kinder gedacht und thematisch eher im öffentlichen Bereich angesiedelt, hat sich Rat auf Draht zur wichtigsten Anlaufstelle für Kinder und Jugendliche in Not sowie deren Bezugspersonen in Österreich entwickelt. „Aus der Servicetelefonnummer, unter der die Kinder und Jugendlichen damals der Redaktion ihre Anliegen mitteilen konnten, hat sich die einzige echte Notrufnummer für Kinder und Jugendliche in Österreich, die rund um die Uhr kostenlos und anonym erreichbar ist, entwickelt“, sagt Birgit Satke, Leiterin der Notrufnummer 147, selbst seit knapp 30 Jahren mit an Bord. 2014 findet Rat auf Draht bei SOS-Kinderdorf ein neues Dach. 
 

Im Schnitt 230 Beratungen täglich

Über drei Millionen Beratungsgespräche wurden seither telefonisch über die Notrufnummer 147 geführt, das sind durchschnittlich über 230 Beratungen pro Tag. Seit 2001 werden auch Online-Beratungen geboten (rund 58.000), seit 2014 ist Chat-Beratung möglich (rund 20.400). „Die Anzahl der Anfragen ist über die Jahre relativ stabil geblieben, allerdings ist in den letzten Jahren ein Trend in Richtung schriftliche Beratung zu beobachten“, so Satke. Die Themen, die Kinder und Jugendliche beschäftigen, seien im Großen und Ganzen gleichgeblieben. „Hinzugekommen sind verschiedene Anfragen rund um „Digitale Medien“, wie etwa Cybermobbing, Sexting, Grooming oder Sextortion. Auch die Art zu kommunizieren hat sich verändert. Der Stellenwert, den Smartphone und Internet für Jugendliche haben, ist stark gestiegen“, erklärt die Expertin. „Die meisten Beratungen in den 35 Jahren gab es zu Liebe bzw. Liebeskummer, gefolgt von Sexualität, Problemen innerhalb der Familie und Schule“, sagt Satke. Daneben gehe es um Gesundheit, Gewalt, Suizidalität, psychische Erkrankungen und selbstverletzendes Verhalten. „Die Anfragen zum Thema mentale Gesundheit, psychische Erkrankungen und Suizidalität sind durch die Corona Pandemie kontinuierlich gestiegen“, weiß Satke.
 

Auch Eltern wollen Beratung

Doch die genannten Themen beschäftigen nicht nur Kinder und Jugendliche selbst, sondern auch deren Eltern und Bezugspersonen. So gab es bei Rat auf Draht für einige Zeit ein eigenes Elterntelefon, auch zwei Ratgeber in Buchform wurden veröffentlicht. „Die Anfragen von Eltern haben stetig zugenommen, auch bei der Notrufnummer 147“, so Satke. Um die 147 allerdings für Kinder und Jugendliche freizuhalten, entschloss sich Rat auf Draht im Dezember 2020 zum Launch der Elternseite, einem Angebot speziell für Eltern und Bezugspersonen. Seither wurden dort über 1.100 Online-Video-Beratungen geführt. „Probleme im Erziehungsalltag, pubertäre Herausforderungen, schulische Leistungen sowie psychische Erkrankungen bei Kindern gehören zu den häufigsten Themen, die nachgefragt werden“, erklärt Corinna Harles, psychologische Leiterin der Elternseite.  
 

Präventionsarbeit seit 35 Jahren

„Wir leisten seit dreieinhalb Jahrzehnten einen wichtigen Beitrag zur psychosozialen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen und entwickeln uns stetig weiter. Aktuell wird gerade eine Peer2Peer-Chat-Beratung als neues Angebot etabliert“, sagt Satke. Konkret werden dabei Jugendliche und junge Erwachsene von jungen Menschen zwischen 16 und 21 Jahren beraten. „Sie kennen viele der Sorgen, Probleme und Fragen aus eigener Erfahrung. Oft fällt es Kindern und Jugendlichen leichter, sich Menschen aus ihrer Altersgruppe anzuvertrauen“, erläutert Satke die Beweggründe des neuen Zusatzservice.  Die 147-Leiterin wünscht sich generell, dass die Meinung von jungen Menschen mehr gehört wird: „Kinder und Jugendliche gehen oft unvoreingenommen an die Lösung diverser Aufgaben oder Probleme heran, finden durch das Experimentieren und Ausprobieren neue Wege und können uns Erwachsenen dadurch neue Blickwinkel und Perspektiven eröffnen“, sagt Satke.

Während Satke mehr Gehör für die Stimme der Kinder und Jugendlichen fordert, ist Nora Deinhammer, Geschäftsführerin von Rat auf Draht, auch die monetäre Situation ein Anliegen, denn das Angebot finanziert sich zu einem Großteil aus Spenden, lediglich ein Drittel kommt von der Öffentlichen Hand: Wir erfüllen 365 Tage im Jahr einen wichtigen gesellschaftlichen Auftrag und es ist eigentlich beschämend für einen Staat wie Österreich, dass so ein wichtiges Präventionsangebot nicht voll aus öffentlichen Mitteln finanziert wird.“

 

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