Das Magazin von SOS-Kinderdorf
Mobile Hilfe – 23.06.17

"Meine Wut ist weniger geworden"

Wenn Eltern an ihre Grenzen stoßen und Kinder dringend welche brauchen: Mobile Familienberaterinnen und -berater helfen dabei, Konflikte zu bewältigen und das Zusammenleben zu stärken. Auf Tour mit den sogenannten Mofas im Burgenland.

Kaum ist Martina Saurer zur Tür hereingekommen, schreit der achtjährige Michael schon: "Hallo Martina, schau, ich hab’ neue Schuhe". Die Familienberaterin ist seit über einem Jahr regelmäßig zu Gast. "Der Draht hat bei uns von Anfang an gestimmt", sagt Michaels Mutter Birgit N. (Name von der Redaktion geändert, Anm.). Und: "Man muss Hilfe annehmen können."

Denn die 28-Jährige wusste nicht mehr weiter: "Michael war sehr unruhig und ist sehr schnell sehr wütend geworden. Auch in der Schule gab es Probleme", sagt die Mutter zweier Burschen. Sie hatte bereits selbst beim Jugendamt um Hilfe gebeten. Als dann auch eine Meldung von der Schule kam, wurde die mobile Familienarbeit (Mofa) von SOS-Kinderdorf in Pinkafeld (Burgenland) beauftragt, der Familie professionell unter die Arme zu greifen.
 
Mobil für Familien da: Martina Saurer hat Familie N. zu einem ruhigeren Alltag verholfen.


"Es war ein schwerer Kampf, wir haben viel geredet und auch oft Gespräche ohne die Kinder geführt", sagt die 28-Jährige. "Jetzt gibt es Hausregeln und einen Zeitplan, das tut allen gut", sagt die Mutter. Sogar der Familienhund sei ruhiger geworden. Michael und sein Bruder freuen sich auf die Besuche von Martina Saurer. "Meine Wut ist immer weniger geworden, ich habe mehr Freunde gefunden und hab’ mich auch geändert", sagt der Achtjährige.


„Für Kinder ist es sehr wichtig, dass man Grenzen setzt und diese dann auch konsequent lebt, das musste ich lernen.“

Mutter von Michael


Die mobile Familienarbeit von SOS-Kinderdort unterstützt Familien seit acht Jahren bei erzieherischen Problemen, Überforderung oder Schulverweigerung. "Oft geht es um Konflikte in der Familie, um Trennungen der Eltern sowie Gewalt, Verwahrlosung oder Vernachlässigung", sagt Bernadette Kalcher, Pädagogische Leiterin der Mofa. "Es ist für Eltern und Kinder gleichermaßen wichtig zu erkennen, dass sie aktiv an der Lösung eines Konfliktes mitarbeiten können", sagt Kalcher. Das schaffe Selbstvertrauen.

Rund 320 Familien wurden seit der Gründung von Mofa betreut. Wichtig sei, dass die Familien mitarbeiten. "Die Veränderung muss von den Familien selbst kommen", sagt Martina Saurer. Bei Familie N. hat die Begleitung Wirkung gezeigt. "Mein Sohn hätte Tabletten nehmen sollen, dagegen habe ich mich immer gewehrt", sagt Birgit N. Durch Mofa habe sie die Stärke gefunden, so die Grenzen zu setzen, "dass wir die Tabletten nie gebraucht haben". Die Arbeit geht weiter, Martina Saurer kommt einmal in der Woche. Die Reaktionen seien nun anders, "ist die Situation einmal zum Hochkochen, gehen wir spazieren". Michael freut sich schon auf den nächsten Besuch von Martina. "Ich bin nicht mehr so schlimm – stimmt’s?", fragt der Achtjährige und gibt auch selbst die Antwort: "Nur ab und zu bin ich noch zum Haare ausreißen."

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